Es gibt Menschen, die jeden Tag auf einem anderen Weg zur Arbeit fahren. Einfach um mal etwas anderes zu sehen, neue Eindrücke zu sammeln, sich selbst zu überraschen. Andere denken sich ständig neue Kosenamen für ihre Liebsten aus oder bringen sie gerne zum Lachen. Das alles sind Merkmale, die einen verspielten Erwachsenen ausmachen.
Verspielte Menschen neigen seltener zu Depressionen
Gesellschaftlich gesehen mag „verspielt sein“ unter Erwachsenen nicht unbedingt eine Charaktereigenschaft sein, die positiv konnotiert ist. Psychologen der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg haben in den letzten Jahren jedoch wissenschaftlich belegt, dass Menschen, die gerne improvisieren und sich an Gedankenspielen erfreuen, weniger zu Depressionen neigen und sich insgesamt wohler fühlen.
Kann man Verspieltheit wissenschaftlich definieren?
Doch wie wirkt sich Verspieltheit auf das Liebesleben aus? Das hat das Forscherteam aus Halle zusammen mit der Pennsylvania-State-University nun in einer umfassenden Meta-Studie untersucht. Der Tenor lautet: Positiv.
„Unsere Literaturübersicht und Studien aus dem Labor zeigen, dass spielerisches Verhalten zum Liebesleben der meisten Menschen beiträgt“, fasst Hauptautor Kay Brauer in einer zur Studie veröffentlichen Mitteilung zusammen. Wie sich diese Verspieltheit wissenschaftlich definieren lässt, darüber war sich die Forschung jedoch bisher nicht ganz einig.
Das deutsch-amerikanische Forscherteam definiert sie als Unterscheidungsvariable, die es den entsprechenden Menschen erlaube, alltägliche Situationen so zu gestalten, dass sie sie als unterhaltsam, intellektuell anregend und/oder persönlich interessant erleben.
"Spielerische Verhaltensweisen wie das Überraschen des Partners, das Nacherzählen und Nachspielen von gemeinsamen Erlebnissen mit dem Partner oder das gemeinsame Gestalten von neuen Erfahrungen steuern oft zum Glück und zur Langlebigkeit von Beziehungen bei." Kay Brauer, Psychologe, Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg
Verspieltheit als wichtiges Kriterium für die Partnerwahl
Sowohl Frauen als auch Männer mögen ihre Partner gerne verspielt, das hat eine Umfrage des Koautors René Proyer ergeben, die bereits vor ein paar Jahren in Deutschland, der Schweiz und Österreich durchgeführt wurde. Das passt zur Theorie der Verspieltheit, die der US-Anthropologe und weitere Koautor Garry Chick entwickelt hat. Diese besagt, dass Verspieltheit eine erwünschte Charaktereigenschaft in der sexuellen Selektion ist: Bei Männern signalisiere sie Vitalität, bei Frauen geringe Aggressivität.
Positive Emotionen stärken die Beziehung
Auf der Grundlage ihrer Metaanalyse hat das Forscherteam ein Modell erstellt, an dem sich ablesen lässt, wie sich Verspieltheit sowohl auf das Individuum als auch auf die Beziehung auswirkt. So werden darin positive Emotionen als Faktor genannt: Wer gemeinsam gerne aus der Routine ausbricht und neugierig bleibt, vertieft die Bindung. Die Liebe bleibt frisch.
Und: Menschen, die sich selbst nicht zu ernst nehmen und auch mal bereit sind, über sich zu lachen, sind besser in der Lage, zwischenmenschliche Spannungen abzubauen, so die Experten. Das hilft wiederum, das Konfliktpotential innerhalb der Partnerschaft niedrig zu halten und das Vertrauen zu stärken.
Nicht alle Aspekte des Modells sind empirisch belegt
Die Autoren der Studie weisen jedoch darauf hin, dass nicht alle Aspekte des Modells ausreichend empirisch belegt sind. Es ist z. B. nicht erforscht, inwiefern Verspieltheit auch mit Eifersucht einhergehen kann. Oder ob besonders leichtherzige Menschen, die sich wenig Gedanken machen über die Folgen ihres Handelns, nicht doch öfter in Konflikte geraten.
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