Ein Symbolbild für den Klimawandel: Ein Thermometer in der Sonne. Der Weltklimarat IPCC hat heute einen weiteren Teil seines sechsten Sachstandsberichts veröffentlicht.
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Ein Symbolbild für den Klimawandel: Ein Thermometer in der Sonne.

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Weltklimarat: Klimawandel bedroht Menschen und Erde

Viel Zeit bleibt nicht mehr. In seinem neuesten Bericht ruft der Weltklimarat IPCC eindringlich zum raschen Handeln auf: Unsere Lebensgrundlage wird vom Klimawandel bedroht. Wir müssen uns an unsere Welt im Klimawandel anpassen - jetzt.

Über dieses Thema berichtet: BR24 am .

"Der Klimawandel bedroht das menschliche Wohlergehen und die Gesundheit des Planeten."

Der Weltklimarate IPCC ("Intergovernmental Panel on Climate Change") spricht im zweiten Teil seines sechsten Sachstandsberichts zum Klimawandel deutliche Warnungen aus. Der Bericht, der heute veröffentlicht wurde, beschäftigt sich mit den Folgen und den Risiken des menschengemachten Klimawandels. Er zeigt darüber hinaus auch Möglichkeiten auf, wie wir uns an den Klimawandel anpassen können und müssen.

Die Weltklimaberichte des Weltklimarats IPCC dienen als Grundlage für weltweite Klimapolitik

Im August 2021 war der erste Teil des sechsten Sachstandberichts des Weltklimarats IPCC erschienen. Er beschäftigte sich mit den physikalischen Grundlagen des Klimawandels und zeigte unter anderem auf, dass menschenverursachte Treibhausgasemissionen seit den Jahren 1850 bis 1900 für rund 1,1 Grad Celsius an Erderwärmung gesorgt haben. Der Bericht beschrieb außerdem, dass eine Begrenzung der Erderwärmung auf 1,5 oder 2 Grad nur noch möglich sei, wenn Treibhausgasemissionen schnell, umfassend und nachhaltig verringert werden.

Im Gegensatz dazu beschäftigt sich der jetzige zweite Teil mit den Folgen des Klimawandels, die durch ihn entstehenden Verwundbarkeiten, die möglichen und nötigen Anpassung an das sich ändernde Klima und seine Folgen. Selbst wenn die Erderwärmung auf 1,5 Grad Celsius gegenüber dem vorindustriellen Zeitalter begrenzt würde, gibt es demnach mehrere Risiken und Gefahren, die sich nicht vermeiden lassen. Und, wenig überraschend: Wenn diese Grenze von 1,5 Grad Celsius überschritten würde, wird es weitere negative Auswirkungen geben.

Weltklimarat IPCC: Wir leben bereits jetzt in einer Welt im Klimawandel

Bereits jetzt leben wir in einer Welt, in der häufigere und stärkere Hitzewellen und Überflutungen die Lebensgrundlage vieler Menschen bedrohen. Auch unsere Ökosysteme, Tiere und Pflanzen, sind betroffen. Die zunehmenden Wetterextreme würden vor allem Menschen in Afrika, Asien, Zentral- und Südamerika, in der Arktis sowie in kleinen Inselstaaten betreffen. Der steigende Meeresspiegel stellt eine Gefahr für Küstenregionen und Inselstaaten dar. Unter anderem steigende Temperaturen mit Hitzewellen sind ein Risikofaktor für Menschen in Städten - und das sind immerhin mehr als die Hälfte der Menschheit.

Laut Weltklimabericht sind 3,3 bis 3,6 Milliarden Menschen auf der Welt "hochgradig gefährdet" gegenüber den Folgen und Risiken des Klimawandels: Diese Zahl beschreibt nicht nur unbedingt die Anzahl der Menschen, die den Folgen des Klimawandels direkt ausgesetzt sind, sondern auch derer, die aufgrund gesellschaftlicher Verwundbarkeiten dafür besonders anfällig sind - etwa weil es in ihren Staaten Armut, Konflikte oder nur erschwerten Zugang zu sauberem Trinkwasser gibt.

"Wie der vorliegende Bericht zeigt, ist derzeit weltweit mehr als jeder dritte Mensch aufgrund des Klimawandels und einer damit einhergehenden Bedrohung der Lebensgrundlage ausgesprochen verwundbar. Eine häufige Folge dieser Entwicklung ist die Abwanderung von Menschen in andere Regionen. Es sind vor allem Wetter- und Klimaextreme sowie der Meeresspiegelanstieg, die mit sehr hoher Sicherheit zur Vertreibung von Menschen beitragen", sagt Kathleen Hermans vom Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung in Leipzig.

Klimawandel bedroht Mensch und Natur
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Wissenschaftler haben den neuesten Weltklimabericht vorgelegt. Der Fokus liegt auf den Folgen des Klimawandels für Natur, Mensch und Umwelt.

Klimabericht mach deutlich: Risiken des Klimawandels sind größer als früher gedacht

"Ich kann aus dem Bericht nichts herauslesen, was in irgendeiner Form Optimismus entfacht im Sinne 'es wird moderater als gedacht'. Tatsächlich macht der Bericht einmal mehr deutlich, dass wir auf vielen Ebenen menschlichen Lebens mit drastischen Risiken werden leben müssen, wenn wir die Erderwärmung nicht begrenzen. Der Klimawandel bedroht den Menschen und die Gesundheit des Planeten in einem ungekannten Ausmaß", sagt Gerhard Reese, Professor für Umweltpsychologie an der Universität Koblenz-Landau.

Wer sich den Bericht durchliest und sich die Aussagen und Schlussfolgerungen der Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler anhört, wird feststellen: Ähnliche Warnungen aus der Wissenschaft kommen seit Jahren. Auch der fünfte Sachstandsbericht aus den Jahren 2013/2014 zeichnete ein eher düsteres Bild, was passieren würde, wenn wir Menschen in Sachen Klimawandel untätig bleiben. "Wir haben jetzt eine Verstärkung der Botschaften", sagt Hans-Otto Pörtner, Co-Vorsitzender der Arbeitsgruppe II für den 6. Sachstandsbericht des IPCC. Die Arbeitsgruppe II hat diesen Teil des Weltklimaberichts erstellt. "Tatsächlich sind die Risiken des Klimawandels größer als früher gedacht, weil die Risikoschwellen bei niedrigeren Erwärmungen erreicht werden als früher angenommen."

Bettina Stark-Watzinger, Bundesministerin für Bildung und Forschung
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Interview mit Bettina Stark-Watzinger, Bundesministerin für Bildung und Forschung

Dringender Handlungsbedarf bei der Anpassung an den Klimawandel

So verwundert es nicht, dass die Arbeitsgruppe II des Weltklimarates IPCC dringenden Handlungs- und Anpassungsbedarf sieht. Ein Beispiel dafür ist der Schutz von Ökosystemen. Gesunde Ökosysteme sind gegenüber dem Klimawandel widerstandsfähiger und versorgen Menschen mit Nahrung und Wasser. Pörtner geht davon aus, dass wir dreißig bis fünfzig Prozent aller Naturräume schützen sollten, was eine nachhaltige Nutzung nicht ausschließen würde. Allgemein geht dieser Bericht stärker als vorherige IPCC-Berichte auf die Zusammenhänge zwischen Klima- und Artenschutz ein.

Anpassungsstrategien beim Thema Hitze hingegen betrifft vor allem Menschen in Städten: "Hier geht es schon um den größeren Umbau der Städte, nicht um die Flucht des Einzelnen in klimatisierte Räume", sagt Pörtner. In der Landwirtschaft hingegen müsse man sich überlegen, was künftig wo und wie angebaut wird. In Europa beispielsweise werden Hitze und Dürre vor allem in südlichen Europa zunehmen: Bei einer Erderwärmung von 2 Grad Celsius würde mehr als ein Drittel der Bevölkerung von Südeuropa mit einem Wassermangel konfrontiert werden. Auch bei uns wird Wasser ein wichtiges Thema werden: Gerade für Bayern und Deutschland besteht die Gefahr von Wassermangel aufgrund von Dürren einerseits und von zu viel Wasser aufgrund von Starkregen und Überschwemmungen andererseits.

Der beste Zeitpunkt für all diese nötigen Anpassungen ist: jetzt. "Wir befinden uns im entscheidenden Jahrzehnt der Klimapolitik", sagt Pörtner. Denn das macht diese Zusammenfassung für Entscheidungsträger dieses Weltklimaberichts deutlich im letzten Satz deutlich: "Jegliche weitere Verzögerungen bei einem aufeinander abgestimmten, vorausschauenden und globalen Handeln, was die Anpassung und die Eindämmung des Klimawandels betrifft, werden ein kurzes und sich sehr schnell schließendes Zeitfenster verpassen: nämlich das Zeitfenster, um eine erträgliche und nachhaltige Zukunft für uns alle sicherzustellen."

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