Pflanzen wachsen vereinzelt auf rissigem Ackerboden.
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Pflanzen wachsen vereinzelt auf rissigem Ackerboden. Bayern wird sich aufgrund des Klimawandels auf mehr Extremwetter einstellen müssen.

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IPCC-Weltklimabericht: Was der Klimawandel für Bayern bedeutet

Der IPCC-Report des Weltklimarats zeigt auf, dass die Klimakrise Wetter- und Klimaextreme noch weiter verstärken wird. Keine Region der Welt ist davon ausgenommen, auch Bayern nicht. Welche Folgen wird der Klimawandel hierzulande haben?

Der neue Sachstandsbericht des Weltklimarats IPCC, der heute erschienen ist, macht es überdeutlich: Die globale Erwärmung schreitet schneller voran als befürchtet. Die Welt ist seit dem 19. Jahrhundert um rund 1,1 Grad Celsius wärmer geworden. Werden die die Treibhausgasemissionen nicht sofort drastisch gesenkt, werden die Ziele des Pariser Klimaabkommens, das eine Begrenzung der Erderwärmung auf 1,5 Grad Celsius oder zumindest 2 Grad Celsius vorsieht, in unerreichbare Ferne rücken. Tatsächlich könnte sich bei der derzeitigen Entwicklung die Erde bereits in den 2030er-Jahren um 1,5 Grad Celsius im Vergleich zum vorindustriellen Zeitalter von 1850 bis 1900 erwärmen.

Der jetzige Weltklimabericht enthält zwar keine wirklichen Überraschungen, da die grundlegenden Zusammenhänge zum Klimawandel seit Jahrzehnten bekannt sind. Aber er liefert noch bessere Prognosen für die nahe Zukunft als der letzte Sachstandsbericht aus dem Jahr 2013. Der Klimawandel hat jetzt schon Einfluss auf Dürren, Hitzewellen, Brände, Unwetter und Überschwemmungen, von denen die ganze Welt in den letzten Monaten heimgesucht wurde.

Werden die Treibhausgasemissionen nicht zeitnah stark eingeschränkt, schreitet die Erderwärmung weiter fort, wären noch schlimmere Hitzewellen, Dürren und Überschwemmungen die Folge.

Keine Region der Welt bleibt vom Klimawandel verschont. Auch Bayern nicht.

  • Zum Artikel: "Alarmstufe Rot" - Reaktionen zum IPCC-Report zum Klimawandel

Globale Erderwärmung: Der Klimawandel in Bayern ist messbar

Der Anstieg der globalen Durchschnittstemperatur aufgrund des menschengemachten Klimawandels schreitet nicht überall gleichmäßig voran. So konnte der Weltklimabericht zeigen, dass er über Landmassen mit 1,6 Grad Celsius gegenüber den vorindustriellen Werten stärker ist als über den Ozeanen dieser Erde mit 0,9 Grad Celsius. Darüber hinaus erwärmen sich die Polarregionen dieser Erde fast doppelt so schnell wie Regionen in niedrigeren Breitengraden.

Für Dirk Notz vom Max-Planck-Institut für Meteorologie ist klar: "Die Polarregionen als Frühwarnsystem unseres Planeten schlagen eindeutig Alarm: Schon vor 2050 werden wir in der Arktis aller Voraussicht nach zum ersten Mal einen Sommer erleben, in dem das Nordpolarmeer weitestgehend frei von Meereis sein wird – und zwar in allen untersuchten Zukunftsszenarien."

Ein kürzlich erschienener #Faktenfuchs zum Klimawandel in Bayern zeigt die bisherigen Entwicklungen in Bayern auf: Basierend auf Beobachtungsdaten des Deutschen Wetterdienstes DWD ergibt sich eine Erhöhung der Temperaturen um durchschnittlich ein Grad in den vergangenen 60 Jahren. Auch wenn man dieses eine Grad nicht an jedem einzelnen Tag spüren mag, hat es bereits jetzt Auswirkungen, da es mehr heiße Tage und mehr Hitzetage gibt, an denen die Höchsttemperatur auf über 30 Grad steigt. In den letzten zwanzig Jahren gab es in Bayern durchschnittlich 5,5 Hitzetage mehr als im Zeitraum von 1961 bis 1990.

Nun gibt es in Bayern kein Nordpolarmeer, und auch von einem steigenden Meeresspiegel ist das Bundesland nicht direkt betroffen: Aber welche Auswirkungen wird eine weitere Erderwärmung hierzulande haben?

Klimawandel beeinflusst extreme Wetterereignisse weltweit

Der jetzige Weltklimabericht beschäftigt sich zum ersten Mal ausführlich mit den Auswirkungen des Klimawandels auf extreme Wetterereignisse wie Hitzewellen, Starkregenereignisse und tropische Stürme. Gabriele Hegerl, Klimaforscherin an der University of Edinburgh, sagt dazu: "Es bestätigt eindrucksvoll, in welchem Ausmaß wir bereits Veränderungen bei extremen Wetter- und Klimaverhältnissen erleben, von Hitzewellen über starke Regenfälle bis hin zu Dürren, auch in Deutschland, und im Westen der USA."

Denn inzwischen stellt sich diese Frage fast zwangsläufig bei jedem Extremwetterereignis: Ist das noch Wetter - oder schon Klimawandel? Den Anteil des Klimawandels automatisch bei jedem einzelnen extremen Wetterereignis festzustellen, ist derzeit noch nicht möglich. Aber prinzipiell sind die Zusammenhänge schon lange klar: Steigt die Durchschnittstemperatur, erhöht sich das Risiko für Hitzewellen. Und in Bezug auf Starkregen ist ebenfalls schon lange bekannt, dass warme Luft mehr Wasserdampf aufnehmen kann, der anschließend wieder abregnet. Pro Grad Celsius kann man von rund sieben Prozent mehr Wasserdampf in der Luft ausgehen.

Weltklimabericht: Extremwetter in Mitteleuropa vom Klimawandel beeinflusst

So stellt der Weltklimabericht dank verbesserter Klimamodelle fest, dass der Anteil des Klimawandels an mitteleuropäischen Hitzewellen als "hoch" einzustufen ist. Starkregen und Dürre hingegen sind etwas schwieriger dem Klimawandel zuzuordnen. Hierzulande gelingt dies noch nicht, da die Ereignisse noch zu selten sind und Klimamodelle lange Zeitreihen von mehreren Jahrzehnten benötigen, um statistisch belastbare Aussagen treffen zu können. Allerdings: Die Datengrundlage des aktuellen IPCC-Reports reicht lediglich bis zum Jahr 2019 - die Hochwasserkatastrophe in Deutschland und in Belgien ist hier noch nicht eingeflossen.

Der Klimawandel macht auch hierzulande Extremwetter extremer. Somit verdeutlicht Matthias Garschagen von der Ludwig-Maximilians-Universität München das, was Bayern in Zukunft erwartet: "Auch in Bayern müssen wir uns auf zunehmende Extremereignisse einstellen, also Starkniederschläge, Hochwasser, extremere Hochwasser. Auch extreme Hitze- und Dürreperioden - länger anhaltend, intensiver, und auch häufiger."

Laut einem #Faktenfuchs, der sich mit den Folgen des Klimawandels in Bayern beschäftigt hat, besagen die Klimamodellierungen für die Region folgendes: Vor allem in den niedrig gelegenen Regionen Bayerns wird es mehr Hitzetage geben. Starkregen wird vor allem am Alpenrand zunehmen. Extremwetterereignisse allgemein werden zunehmen - überall in Bayern.

Hitzewellen, Dürren, Starkregen: Was die Wetterextreme für Bayern bedeuten

Aufgrund des Klimawandels steigt laut Matthias Garschagen die Wahrscheinlichkeit von lang anhaltenden Dürreperioden in Bayern: "Das ist ein massives Problem für zum Beispiel Grundwasserreservoirs, die sich nicht wieder auffrischen können. Und das ist natürlich ein riesiges Problem für die Grundwasserversorgung, auch für die Versorgung mit Nutzwasser für die Landwirtschaft. Das sind riesige Probleme, die wir da bekommen werden. Wir müssen sicherlich über großräumiges Wasserressourcenmanagement nachdenken. Auch über die Frage, wie wir innerhalb von Bayern auch mittel- und langfristig so managen können, dass wir übers Jahr hinweg umverteilen."

Zu viel Wasser in Form von Starkregen an der einen Stelle, zu wenig Wasser in Form von Dürren an der anderen Stelle sind zwei Probleme, die Bayern aufgrund des Klimawandels bekommen wird. Andererseits werden Hitzetage und Hitzewellen die Bevölkerung ganz konkret bedrohen. Tatsächlich sind Hitzewellen diejenigen Naturkatastrophen mit den meisten Todesopfern: Die Hitzewelle in Europa im Jahr 2003 hat Schätzungen zufolge bis zu 70.000 Todesopfer gefordert. Städte sind hiervon besonders betroffen, da es in ihnen meist noch um einige Grad Celsius wärmer ist als auf dem Land.

Deshalb sieht Garschagen für die Städte auch Handlungsbedarf: "Zum einen müssen wir sicherlich schauen, dass wir nicht noch weiter zubauen und verdichten. Und dann müssen wir auch sicherlich in den Bestand rein. Wir müssen uns sicherlich über die nächsten Jahrzehnte damit befassen, dass wir teilweise Städte rückbauen müssen, wieder mehr Grün in die Städte reinbringen und das Wasser in den Städten halten müssen. Dann müssen wir über Baumbepflanzungen nachdenken, wir müssen auch über Dachbegrünungen sicherlich nachdenken. Wir müssen über Versickerungsflächen nachdenken. Und wir müssen uns des Problems zügig bewusst werden, weil all das Vorlauf und Planungszeiten hat."

"Alarmstufe Rot": Der Weltklimabericht als deutliches Warnsignal

Der Weltklimarat IPCC und die 234 Klimafachleute aus 66 Ländern, die den jetzigen Sachstandsbericht angefertigt haben, haben selbst keine Entscheidungsbefugnisse. Ihr jetziger Report allerdings gilt als Leitlinie für die UN-Klimakonferenz in Glasgow, die im November stattfinden soll. Er zeigt als deutliches Warnsignal auf, was passieren wird, wenn die Treibhausgasemissionen nicht drastisch und schnell verringert werden. Ob die weltweite wie auch die regionale Klimapolitik auf dieses Warnsignal reagiert, wird sich ebenfalls drastisch und schnell zeigen müssen - denn es bleibt nicht mehr viel Zeit.

Aufziehendes Unwetter über einem Feld
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Der Weltklimarat IPCC hat heute den ersten Teil seines sechsten Berichtes veröffentlicht. Er verheißt nichts Gutes.

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