Auch im Landkreis Cham in der Oberpfalz bereitet die Energiekrise den Menschen Sorgen
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Auch im Landkreis Cham in der Oberpfalz bereitet die Energiekrise den Menschen Sorgen

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Es geht um ihre Zukunft - Energiekrise verunsichert Unternehmen

Handwerker, Spediteure, Sozialeinrichtungen: Auch die Menschen in der Region Cham spüren die Energiekrise massiv. Erste schließen bereits Filialen, Spediteuren fehlt Diesel, und auch Pflegeheime fragen sich, wie es weiter gehen soll.

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Die steigenden Energiekosten bereiten nicht nur Privathaushalten zunehmend Sorgen, sondern auch Handwerksbetrieben, Unternehmen und sozialen Einrichtungen. Beispiele aus dem Landkreis Cham in der Oberpfalz zeigen, wie die steigenden Kosten Unternehmer belasten.

Energiekrise, Fachkräftemangel, Corona-Auflagen

Um 2.30 Uhr in der Früh beginnt für Bäcker- und Konditormeister Jarno Hutterer in Cham der Arbeitsalltag – sieben Tage die Woche. Sein Credo: keine Zusatzstoffe, keine Backtriebmittel. Nur Natur pur kommt bei ihm in den Laden.

"Ich mache das in dritter Generation. Mein Opa hat es gegründet, mein Papa hat es weitergeführt. Ich bin seit 1991 im Job und ich mache das mit Leidenschaft. Ich liebe den Job", Jarno Hutterer, Bäcker- und Konditormeister

Für seine Brote hat er schon jede Menge Auszeichnungen und Preise eingeheimst. Trotzdem steht er beruflich unter Druck. Fachkräfte für seine Bäckerei fehlen. Corona und die Auflagen setzten ihm zu, und nun kommt die Energiekrise dazu.

Bäckerei schließt Filialen in Nachbardörfern

Schweren Herzens entschied sich Hutterer, kleinere Brötchen zu backen. Er wird drei Filialen in den Nachbardörfern schließen und nur noch das Café in Cham behalten. So fallen Miet-, Fahrt- und Personal-Kosten weg. "Bei uns sind es ungefähr 60.000 Liter Heizöl, die wir im Durchschnitt brauchen – nur in der Backstube. Und wenn sich dann der Ölpreis um 120 Prozent erhöht, dann tut das gewaltig weh. In den Filialen wäre jetzt der Strom-Preis verdreifacht – und das kannst Du mit einer kleinen Dorf-Filiale mit ein paar Euro am Tag einfach nicht stemmen", berichtet Hutterer.

Wenige Kilometer weiter, in Chamerau, geht es Müllermeister Alfons Kolbeck ähnlich. Die Strompreise bereiten Sorgen.

"Jetzt zahle ich 19 oder 20 Cent und ab nächstes Jahr bekomme ich einen Vertrag von über 68 Cent. Das sind am Jahresende 60.000 Euro Mehrkosten für einen Kleinbetrieb oder Ein-Mann-Betrieb wie mich. Das dann umzulegen auf den Bäcker und der Bäcker muss das wieder umlegen und dann hat es wieder der Endverbraucher. Das ist das Problem, das ich sehe in nächster Zeit." Alfons Kolbeck, Müllermeister

Spediteure stehen unter Druck

Viele Unternehmer im Landkreis Cham haben massive Probleme – auch Spediteur Bernhard Groitl mit seinen 60 Mitarbeitern. Seit der Krise haben sich die Anschaffungskosten für Lastwagen verdoppelt. Obendrein sind die Spritpreise in die Höhe geschossen, und auch der Dieselzusatz AdBlue ist derzeit nur schwer zu bekommen. "Es hat schon Tage gegeben, wo der Lieferant nicht einmal mehr Diesel liefern hat können. Diese Problematik hatten wir dieses Jahr auch schon, dass man gar keinen Diesel mehr bekommen hat", berichtet Groitl.

Auswirkungen der Energiekrise auf Altenpflegeheime

Auch im Seniorenheim St. Michael im oberpfälzischen Roding wird versucht, den Alltag aufrechtzuerhalten, obwohl die Energiekrise voll zuschlägt. Geheizt wird hier mit Gas und die Kosten schießen nach oben. Angehörige machen sich große Sorgen: "Mein Vater hat 45 Jahre gearbeitet. Die Rente reicht hinten und vorne nicht aus. Ich weiß nicht, wie man es zukünftig machen soll" sagt der Angehörige Tilo Porsch. "Wie soll das alles weiter gehen?"

Gerne hätte die Heimleitung schon die Preise erhöht. Denn nicht nur Energie wird teurer, sondern auch Personal und Lebensmittel. Heimleiter Karl Gschwendner kann die Beiträge der Pflegebedürftigen jedoch nicht einfach erhöhen. Im Moment muss er alles ausgleichen und wünscht sich von der Politik einen Rettungsschirm.

Hoffen auf die Politik und den "Doppel-Wumms"

"Wir haben Heim-Preise, die werden immer wieder verhandelt mit dem Bezirk und der Krankenkasse – und die sind verhandelt worden im Januar", berichtet Gschwendner. Die Krise in der Ukraine und ihre wirtschaftlichen Folgen waren damals noch nicht in der Form absehbar. "Und es ist für uns momentan nicht möglich, das nachzuverhandeln. Das heißt, von den Energie-Preisen wird sich nichts ändern, was wir von der Kasse oder dem Bezirk bekommen."

Mehr als 100 Menschen leben in dem Heim. Spartipps, wie etwa weniger zu heizen, sind hier kaum umsetzbar. Denn vor allem Senioren brauchen es warm, weil sie sich weniger bewegen.

"Wir sensibilisieren unsere Pflegekräfte, dass die Fenster nicht gekippt sind, damit stoß-gelüftet wird. Aber natürlich muss es in den Bädern warm sein, in den Gängen. Es ist für uns eigentlich unmöglich, die Temperatur zu drosseln." Andreas Schmaderer, Seniorenheim St. Michael

Der stellvertretende Heimleiter Andreas Schmaderer fügt hinzu, es gehe nur über Rücklagen, über das Aussetzen von Instandsetzungen und Renovierungsarbeiten. Wie der Doppel-Wumms, wie es Olaf Scholz genannt habe, zu ihnen komme, das wisse noch keiner.

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