Ein Schreiner bei der Arbeit
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Seit 1925 produziert Arco in Weidhausen bei Coburg Möbel, seit 2021 arbeite der Polstermöbelhersteller mit Verlust. (Symbolbild)

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Mehr als 100 Jobs weg: Möbelhersteller Arco stellt Betrieb ein

"Polstermöbel made in Germany" – damit wirbt Arco auf seiner Website. Nach rund hundert Jahren ist allerdings Schluss mit den Sofalandschaften aus dem Landkreis Coburg. Es ist die nächste Hiobsbotschaft für die Branche in Oberfranken.

Über dieses Thema berichtet: Regionalnachrichten Franken am .

Der Polstermöbelhersteller Arco aus Weidhausen im Landkreis Coburg wird in den kommenden Wochen den Betrieb einstellen. Das teilte das Unternehmen mit. Über die Einstellung des Betriebs seien die 137 Angestellten am Montag in einer Betriebsversammlung informiert worden. Die Mitarbeiter würden unter Berücksichtigung der gesetzlichen Kündigungsfristen freigestellt.

Unternehmen Arco: Verlustgeschäft, aber nicht zahlungsunfähig

Das Unternehmen produziert seit 1925 in Weidhausen bei Coburg Möbel. Arco sei nicht überschuldet und nicht zahlungsunfähig, heißt es in der Mitteilung weiter. Das Unternehmen sei eigenfinanziert und bankenunabhängig. Daher werde man auch keinen Insolvenzantrag stellen. Seit 2021 arbeite der Polstermöbelhersteller mit Verlust und habe seitdem auf finanzielle Rücklagen zurückgegriffen. Die Gesellschafter werden das Unternehmen ordnungsgemäß liquidieren und somit eine Insolvenz abwenden, heißt es weiter.

Die vorliegenden Aufträge sollen bis Weihnachten abgearbeitet sein, Arco werde die eingegangenen Verpflichtungen erfüllen. Weiter heißt es, der extrem aggressive Preiswettbewerb in der Branche lasse dem Unternehmen keine andere Wahl. Die über den Möbeleinzelhandel vertriebenen Polstermöbel von Arco seien in Deutschland nicht mehr zu einem wettbewerbsfähigen Preis herzustellen. Die Forderungen des Handels hätten dazu geführt, dass man unter den Herstellungskosten verkaufen musste, führt Arco weiter aus. Die Verluste könnten auf Dauer nicht mehr finanziert werden, die Betriebsbeendigung sei nach der Corona-Pandemie und aufgrund des inflationsbedingten veränderten Verbraucherverhaltens zwingend notwendig.

Landrat: "Schwerer Schlag für den Wirtschaftsstandort"

Coburgs Landrat Sebastian Straubel (CSU) bedauert die Entscheidung des Unternehmens. In einer Mitteilung heißt es, das Aus von Arco sei ein weiterer schwerer Schlag für den Wirtschaftsstandort Coburg Land. Seine Gedanken seien bei den betroffenen Mitarbeitern und deren Familien. Aus Sicht des Landkreises Coburg sei es wichtiger denn je, die Unternehmen zu unterstützen, um ihnen bestmögliche Standortbedingungen zu bieten. Die Arbeitsplätze der Bürgerinnen und Bürger seien die Basis für den Wohlstand in der Region.

Schwierige Zeiten für Möbelhersteller in Oberfranken

Der Fall Arco ist kein Einzelfall, zuletzt hatten einige Möbelhersteller in ganz Oberfranken große Probleme gemeldet. Der bereits insolvente Polstermöbelhersteller Willi Schillig aus Ebersdorf bei Coburg hat seinen Produktionsstandort in Frohnlach quasi komplett geschlossen. Von ursprünglich 230 Mitarbeitenden sind aktuell noch 100 Beschäftigte tätig, hauptsächlich in der Verwaltung, heißt es auf Nachfrage von BR24.

Auch in Kasendorf im Landkreis Kulmbach verkündete der Möbelhersteller Maja im August das Aus. Mit dem Beginn der Sommerferien wurde die Produktion von Mitnahmemöbeln vor allem für Großkunden wie XXXLutz, Höffner und Segmüller eingestellt. Vorbei sind die für die Branche zuletzt goldenen Zeiten, in denen sich die Menschen wegen der Corona-Pandemie das Zuhause verschönern oder ein Homeoffice einrichten wollten. Dazu haben hohe Energiepreise und Inflation die Kauflust der Menschen spürbar gesenkt.

Wärmepumpenhersteller will Personal übernehmen

Immerhin: Der in Kasendorf benachbarte Wärmepumpenhersteller "ait", dem das Maja-Gelände seit Ende Oktober gehört, hatte angekündigt, viele der 200 Mitarbeitenden von Maja, wenn möglich, zu übernehmen. Von einem Rechtsanwalt, der Maja vertritt, heißt es auf Nachfrage von BR24, inzwischen sei eine Einigungsstelle angerufen worden. Noch immer seien viele Beschäftigte auf der Suche nach einem neuen Job.

Die mögliche Übernahme der Möbel-Mitarbeiter in das Wärmepumpengeschäft mache nach Angaben von "ait" Sinn. Bürokaufleute, Logistiker und Lagerarbeiter würden schließlich nach Umbau der Produktionshallen von Möbel- auf Wärmepumpenfertigung dringend gesucht.

Auch Techniker werden gebraucht. Um sie zu Spezialisten für die Wärmewende zu machen, hat "ait" auf seinem Gelände eigens ein Schulungszentrum errichtet. In Anlehnung an das kalifornische Hightech-Mekka Silicon Valley spricht "ait" bereits von Kasendorf als dem neuen "Heat Pump Valley".

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