Ein Stern aus Kerzen wird von Blumen umrahmt. (Symbolbild)
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Ein Stern aus Kerzen wird von Blumen umrahmt. (Symbolbild)

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"Bittere Erfahrung": Friedensgebet in München abgesagt

Das für Montagabend am Marienplatz geplante gemeinsame Friedensgebet von Muslimen, Juden und Christen ist nach Kritik abgesagt worden. Imam Idriz nannte die Absage eine "sehr bittere Erfahrung". In München fanden sich dennoch einige zum Gebet ein.

Über dieses Thema berichtet: BR24 Infoblock am .

Eigentlich hätte es ein gemeinsames Gebet von Juden, Muslimen und Christen für den Frieden im Nahen Osten werden sollen. Doch das für Montagabend geplante interreligiöse Friedensgebet auf dem Münchner Marienplatz ist nach Kritik kurzfristig abgesagt worden.

Menschen "entsetzt, schockiert und enttäuscht" über Absage

Doch trotz der offiziellen Absage haben sich am Abend auf dem Marienplatz Menschen zum Gebet versammelt. Laut Polizei waren es 70 Teilnehmer. Wie Imam Benjamin Idriz auf seinem Instagram-Account mitteilt, seien auch die Imame auf dem Platz erschienen, da sie zuvor vermutet hätten, dass einige Menschen die Absage der Veranstaltung nicht mitbekommen hätten.

"Wir wollten uns mit diesen Menschen austauschen und sie nicht alleine lassen", so Idriz auf Instagram. Die Menschen vor Ort seien über die Absage des Friedensgebets "entsetzt, schockiert und enttäuscht" gewesen.

OB Reiter: "Zeit offenbar nicht reif für gemeinsames Friedensgebet"

Die Schirmherrschaft hatte Oberbürgermeister Dieter Reiter übernommen. Er habe, so Reiter am Montagmittag, "gerade in dieser hochemotionalen Zeit, die auch in unserer Münchner Stadtgesellschaft deutlich zu spüren ist", die Idee eines interreligiösen Friedensgebets unterstützenswert gefunden. Allerdings sei Voraussetzung gewesen, sagte Reiter, "dass auch ein Vertreter der jüdischen Glaubensgemeinschaft ein Gebet spricht". Das sei nun leider nicht mehr der Fall.

Vorausgegangen war Kritik an der Veranstaltung durch den Grünen-Politiker und Präsidenten der Deutsch-Israelischen Gesellschaft Volker Beck und das Münchner "Linke Bündnis gegen Antisemitismus". Der Vorwurf: Unter dem Dach des Münchner Muslimrats seien auch Gruppierungen wie die türkischen Gruppierungen DITIB und Millî-Görüş sowie die Muslimbruderschaft, deren Haltung zum aktuellen Konflikt in Israel und Gaza nicht klar sei.

Die Zeit sei derzeit "offenbar nicht reif", um in und für München ein gemeinsames Friedensgebet zu ermöglichen, erklärte Reiter weiter. "Unabhängig davon appelliere ich an alle Münchnerinnen und Münchner, weiterhin friedlich zu bleiben und sich nicht dem Hass und der Hetze hinzugeben."

Muslimrat zeigt sich enttäuscht

Der Münchner Muslimrat als Veranstalter des Friedensgebets zeigte sich enttäuscht. Man habe "gehofft, dass alle verantwortlichen Kräfte in unserer Stadt die ausgestreckte Hand ergreifen und deutliche Zeichen für das Miteinander setzen wollten". Dass dies in München nicht möglich sein solle, bleibe "eine sehr bittere Erfahrung, nicht nur für Muslime", erklärte Imam Benjamin Idriz vom Münchner Forum für Islam (MFI) im Namen des Muslimrats.

Ursprünglich sollten am Montagabend Rabbiner Jan Guggenheim von der Israelitischen Kultusgemeinde (IKG) München und Oberbayern sowie der evangelische Landesbischof Christian Kopp und Dompfarrer Monsignore Klaus Peter Franzl für das Erzbistum München und Freising an dem Friedensgebet teilnehmen. Das Motto lautete: "Muslime, Juden und Christen beten für Frieden im Heiligen Land und für das Miteinander in München". Initiator waren der Muslimrat München sowie Münchner Musliminnen und Muslime in Zusammenarbeit mit der Landeshauptstadt München.

"Keine Flaggen, keine Schilder, keine Parolen"

Die Initiative zu dem Friedensgebet entstand vor zwei Wochen bei einem Treffen zwischen Münchner Imamen und Oberbürgermeister Reiter. In der Einladung hieß es ausdrücklich: "Keine Flaggen, keine Schilder, keine Parolen". Die Imame hatte in ihren Gemeinden außerdem ausdrücklich von der Teilnahme von pro-palästinensischen Demonstrationen abgeraten und stattdessen das Gebet in München als gemeinsame Friedensaktion angekündigt.

Die Pressestelle der Erzdiözese erklärte auf Anfrage der Katholischen Nachrichtenagentur (KNA), die Stadt habe die Schirmherrschaft des Oberbürgermeisters für das Friedensgebet abgesagt, bevor das Erzbistum eine Entscheidung gefällt habe. Für dessen Mitwirken sei die Schirmherrschaft des Oberbürgermeisters wie auch die Beteiligung aller eingeladenen Religionsvertreter Voraussetzung gewesen. Weiterhin aber gelte: "Das Gebet für den Frieden an sich, ebenso wie der interreligiöse Dialog sind und bleiben zentrale Anliegen der katholischen Kirche, auch in der Erzdiözese München und Freising."

Grünen-Politiker Beck begrüßt Absage

"Wir begrüßen die Absage des sogenannten Friedensgebetes des Muslimrates", erklärte Volker Beck in einer Mitteilung. An sich sei es ein schöner Gedanke, wenn Muslime, Christen und Juden gemeinsam für Frieden beten. "Freilich ist nicht jede Friedensbotschaft per se unschuldig und tatsächlich friedlich", sagte der Präsident der Deutsch-Israelischen Gesellschaft.

So sei es beispielsweise kein Frieden, wenn Angegriffene und Angreifer auf eine Stufe gestellt würden. "Das wäre eine Rechtfertigung des Angriffs. Oder wenn man den Angegriffenen zum Niederlegen der Waffen auffordert, sobald er sich wehrt. Dass dieses Friedensgebet hier eine klare Haltung hat, konnte ich nicht erkennen." Der Muslimrat sei der falsche Partner für die Stadt gewesen, so Beck.

Friedensaktion in Würzburg findet statt

Anders als in der Landeshauptstadt München werden in Würzburg am Montag (06.11.2023) Menschen verschiedener Religionen im Zeichen des Friedens zusammenkommen. Der Schweigekreis für den Frieden in Israel und Gaza, zu dem der Interreligiöse Gesprächskreis Würzburg für den Abend auf den Würzburger Domvorplatz lädt, findet statt, wie Sprecher Michael Stolz dem BR bestätigte.

Spannungen und Kritik wie in München gibt es laut Sprecher Stolz beim Interreligiösen Gesprächskreis in Würzburg nicht. So seien bei der letzten Veranstaltung auch jüdische und muslimische Glaubensvertreter vor Ort gewesen – auch, wenn die Beteiligung der beiden Glaubensrichtungen durchaus noch größer sein könnte, so Stolz. Zum Schweigekreis in Würzburg eingeladen sind Mitglieder aller Religionen sowie auch Menschen, die keinen oder ihren eigenen Glauben pflegen. Mit der Veranstaltung will man laut Einladung den Betroffenen Anteilnahme zeigen, einen politischen Appell für Frieden senden und Vorurteilen, Hass, Trennung, Antisemitismus und Muslimfeindlichkeit entgegentreten.

Mit Informationen von dpa, epd und KNA

Im Video: Gemeinsames Friedensgebet auf Münchner Marienplatz wurde abgesagt

Mehrere Menschen halten ein Transparent mit der Aufschrift "Für Frieden n Israel und Gaza" hoch
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Ein gemeinsames Friedensgebet auf dem Münchner Marienplatz wurde abgesagt.

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