Kontrolle eines Getriebezahnrads bei der Firma Renk.
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Kontrolle eines Getriebezahnrads bei der Firma Renk.

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Börsengang von Rüstungszulieferer Renk kurzfristig gestoppt

In einem schwierigen Umfeld an den Finanzmärkten wollte der Getriebespezialist Renk an die Börse gehen. Doch das wurde nun kurz vorher auf unbestimmte Zeit verschoben. Das Augsburger Unternehmen ist ein wichtiger Zulieferer der Rüstungsindustrie.

Über dieses Thema berichtet: Regionalnachrichten aus Schwaben am .

Der Augsburger Panzergetriebe-Hersteller Renk kehrt doch nicht an die Börse zurück. Am Donnerstag sollten die Aktien erstmals an der Frankfurter Börse gehandelt werden, wenige Stunden vorher verschoben Renk und sein Eigentümer, der Finanzinvestor Triton, aber die Emission auf unbestimmte Zeit. "In den letzten Tagen hat sich das Marktumfeld spürbar eingetrübt", begründete Renk die kurzfristige Absage. Ob der Börsengang später nachgeholt wird, werde geprüft.

Zuvor hatte sich abgezeichnet, dass die 27,03 Millionen Aktien sich nur am unteren Ende der Preisspanne hätten verkaufen lassen. Die begleitenden Investmentbanken hatten Investoren am Mittwoch 15 Euro als voraussichtlichen Ausgabepreis genannt. Auf diesem Niveau sei die Emission "vielfach überzeichnet", hatte es geheißen. Die Spanne reichte bis zu 18 Euro. Das ehemals zu MAN gehörende Unternehmen wäre zum avisierten Preis mit 1,5 Milliarden Euro bewertet worden - das ist mehr als das Doppelte des Preises, den Triton Anfang 2020 gezahlt hatte, aber ein deutlicher Abschlag zur Bewertung anderer Rüstungszulieferer. Dem Finanzinvestor entgeht nun ein Erlös von 405 Millionen Euro.

Getriebe von Renk weltweit verbaut

Egal ob Leopard 2 oder Schützenpanzer Puma, ob Kampfpanzer aus den USA, Südkorea oder Israel: Sie alle haben gemeinsam, dass ein Getriebe von Renk verbaut ist. Das Unternehmen aus Augsburg gelte in diesem militärischen Spezialmarkt als weltweiter Technologieführer - so Firmenchefin Susanne Wiegand.

Sie stelle immer den Vergleich an, sagt Wiegand, dass ihre Getriebe so seien, "als würden Sie 1.500 Horsepower (PS) durch ein Schweizer Uhrwerk jagen." Es sei also eine sehr große Leistungsdichte auf engstem Raum. "Und die Robustheit ist ganz wesentlich für die Anwendungsfälle. Es geht ja nicht darum, dass sie mal liegen bleiben, sondern es kann um das Leben von Soldaten gehen."

Lange Randgeschäft und "Dornröschen-Dasein"

Panzer und andere sogenannte Landfahrzeuge, dazu Marineschiffe: 70 Prozent des Umsatzes macht Renk mit militärischen Kunden. Daneben gibt es aber auch ein wachsendes Geschäft mit ziviler Technik, etwa für Kompressoren in der Energieerzeugung.

In der breiten Öffentlichkeit ist Renk dagegen kaum bekannt. Das liegt auch daran, dass die Firma lange als Tochter von MAN und Volkswagen eine Art "Dornröschen-Dasein" führte. Für die damaligen Eigentümer seien die Spezialgetriebe aus Augsburg ein Randgeschäft gewesen, das mehr oder weniger nebenbei mitgelaufen sei, sagt Wiegand.

Der Verkauf an einen Finanzinvestor vor drei Jahren, der jetzt wieder einen Teil seiner Aktien an die Börse bringen wollte, habe da wie ein Befreiungsschlag und Weckruf gewirkt: "Das hat viele Impulse, viel Aufbruchsstimmung gegeben und sehr viel Stolz auch in die Belegschaft gebracht", so Wiegand. "Und es ist toll, ein 150 Jahre altes Traditionsunternehmen zu sehen, das plötzlich teilweise Züge wie ein Start-up zeigt."

"Zeitenwende" für Rüstungsaktien

Beobachter sehen für Renk wie auch für andere Unternehmen aus dem Verteidigungsbereich gute Wachstumschancen. Das hat sich in den vergangenen beiden Jahren auch in Börsenbewertungen niedergeschlagen. So haben Aktien wie das Papier des Panzer- und Munitionsherstellers "Rheinmetall" erheblich an Wert gewonnen.

Viele Staaten wollen seit dem Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine wieder mehr Geld in ihr Militär investieren. Geld, das zu großen Teilen in Rüstungsgüter fließt und zumindest zum Teil wohl auch bei Renk ankommen wird, erwarten Finanzexperten.

Würde der Staat nach einem Börsengang einsteigen?

Unklar ist, wer auf lange Sicht bei Renk in Augsburg das Sagen haben wird. Geplant war, dass in einem ersten Schritt der bisherige Inhaber, der Finanzinvestor "Triton", die Mehrheit an Renk behalten sollte. Triton wollte sich aber nach und nach zurückziehen. Für diese Zeit hat unter anderem die IG Metall schon den Einstieg des Staates als Ankeraktionär gefordert.

Als Blaupause für einen solchen möglichen Schritt gilt der ebenfalls als strategisch wichtig eingestufte Radar- und Sensorik-Spezialist Hensoldt aus Oberbayern, von dem sich der Bund kurz nach dem Börsengang gut ein Viertel der Anteile gesichert hatte. Aktionärsvertreterin Bergdolt hält das für durchaus sinnvoll: "Ich glaube, es wäre keine schlechte Idee, wenn sich der Staat an diesen systemrelevanten Rüstungszulieferern beteiligt. Die 25 Prozent wären eine gute Beteiligungsquote. Das ist nicht zu viel, aber es gibt eine gewisse Stabilität."

Standort Augsburg wird ausgebaut

Im vergangenen Jahr machte die Firma bei 850 Millionen Umsatz einen Betriebsgewinn von 144 Millionen, ist also hochrentabel. Für das erwartete Wachstum wird derzeit der Stammsitz Augsburg deutlich ausgebaut. Dafür sucht das Unternehmen noch zahlreiche Fachkräfte.

Im Gespräch mit dem Bayerischen Rundfunk lobte Konzernchefin Wiegand auch den hiesigen Standort des Unternehmens. Trotz aller Herausforderungen – wie Bürokratie oder hohe Energiepreise - sei Deutschland immer noch sehr stark, wenn es zum Beispiel um Innovation, die Qualität der beruflichen Ausbildung oder die Netzwerke von Zulieferern mit Spitzentechnologie gehe.

Mit Informationen von reuters.

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