Hannes Orth vom 1. FCN beim Besuch der Schülerinnen und Schüler in Ansbach.
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Hannes Orth vom 1. FCN beim Besuch der Schülerinnen und Schüler in Ansbach.

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Jenö Konrad-Cup: 1. FCN bringt Geschichte ins Klassenzimmer

Zwei Jahre lang war der Jude Jenö Konrad Trainer des 1. FC Nürnberg, bevor er er Hals über Kopf vor den Nazis fliehen musste. Mit dem Projekt Jenö Konrad-Cup arbeitet der Verein zusammen mit Schulen dieses dunkle Kapitel der Geschichte auf.

Über dieses Thema berichtet: Frankenschau aktuell am .

Wenn Jugendliche stolz mit Fanschal und Trikot des 1. FCN in der ersten Stuhlreihe der Schule sitzen, dann beginnt eine ganz besondere Unterrichtsstunde: Bei den Schülerinnen und Schülern der Realschule Ansbach sind Bernd Siegler und Hannes Orth vom Club zu Gast. Die Ansbacher sind als eine von zehn Schulen Teil des Projekts "Jenö Konrad Cup". Seit 2018 geht der Club an Schulen, um das dunkle Kapitel um den Ausschluss von jüdischen Spielern und dem Trainer Jenö Konrad aufzuarbeiten.

Antisemitische Hetze im "Stürmer" war Auslöser

1930 fing Konrad als Trainer beim 1. FCN an. Doch schon zwei Jahre später, nach sportlichen Niederlagen, begann die Hetze gegen den jüdischen Trainer: "Der 1. Fußballklub Nürnberg geht am Juden zugrunde", hieß es im antisemitischen Hetzblatt "Der Stürmer" aus dem August 1932. Konrad reagierte sofort: Zusammen mit seiner Frau und der kleinen Tochter Evelyn verließ er Hals über Kopf Nürnberg – sechs Monate später erlangten die Nationalsozialisten die Macht.

Club schloss 1933 alle jüdischen Spieler aus

Für Jenö Konrad und seine Familie beginnt eine Odyssee quer durch Europa, die Jahre später in New York endet. Währenddessen, Ende April 1933, wurden in Nürnberg die übrigen jüdischen Club-Spieler wegen ihres Glaubens aus dem Verein ausgeschlossen. "Das ist, als würde man Jürgen Klopp heute aus dem FC Liverpool rausschmeißen, weil er Katholik ist", erklärt Bernd Siegler an die Ansbacher Schülerinnen und Schüler gewandt. Zusammen mit Hannes Orth erzählt er Jenö Konrads Geschichte in den Schulklassen.

Finale: Großes Fußballturnier auf Club-Gelände

Nach dem Auftakt zum Projekt Jenö Konrad-Cup arbeiten die Jugendlichen an ihren Projekten zum Thema Antisemitismus. Die Geschichte von Jenö Konrad dient der Schulklasse dabei als Anstoß. Die Projekte werden schließlich durch eine Jury beurteilt, außerdem fließt das Ergebnis des großen Fußballturniers mit ein: Denn Ende Juli treten die Schulen auf dem Club-Gelände auf dem Fußballplatz gegeneinander an.

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Jenö Konrad, hier durch einen roten Pfeil markiert, unterwegs mit seiner Mannschaft.

"Für uns ist es wichtig, dass wir länger mit den Schülern arbeiten und, dass wir das moderne jüdische Leben zeigen können", sagt Hannes Orth. Deshalb ist beim Projekt neben dem Club auch der jüdische Sportverein TSV Maccabi Nürnberg am Start. Die Ansbacher Schülerinnen und Schüler werden demnächst für einen Besuch bei der israelitischen Kultusgemeinde und der Synagoge in Nürnberg vorbeischauen. Nun müssen sie aber erst einmal an ihrer Projektidee feilen.

Jugendliche haben bereits konkrete Projektidee

"Ich denke, da kann man was Gutes draus machen, weil die Geschichte halt auch sehr interessant ist", sagt Neuntklässlerin Alexandra Glock. "Wir haben was Cooles vor", bestätigt der Ansbacher Club-Fan Lenny Kutka. Details wollen sie aber noch nicht verraten. "Es ist noch alles in der Planung, aber es wird super!", ergänzt Schülersprecher Peter Zechner. Im vergangenen Jahr hat das Nürnberger Melanchton Gymnasium den Cup gewonnen. Dafür entzifferten sie Akten, Zeugnisse und Grabsteine und durchforsteten Schul- und Stadtarchiv nach den Schicksalen ehemaliger jüdischer "Melanchthonianer". Deren Geschichten präsentierten sie dann in einem Film.

Kontakt zu Jenö Konrads Tochter in New York

Der 1. FCN hat viel Arbeit in die Aufarbeitung gesteckt: Über viele Wege suchte Club-Historiker Bernd Siegler nach Kontakt zu Konrads Nachfahren. Auf eine Anzeige in einer Emigrantenzeitung meldete sich im Mai 1996 dann tatsächlich dessen Tochter Evelyn. Ein Meilenstein, der schließlich sogar zu einem Treffen führte: 2013 besuchte die damals 84-jährige Evelyn Konrad den Club am Valznerweiher. Sichtlich gerührt erklärte sie damals, "der Club und die Stadt sind sehr sympathisch". Jenö Konrad wurde posthum Ehrenmitglied des Vereins. Mit dem Cup will der 1. FCN nun weiter an der Erinnerung arbeiten und ein Zeichen gegen Antisemitismus setzen.

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