Norbert Kleider im Tor
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Mit über 70 Jahren immer noch Torwart-Trainer in Schweinfurt

Norbert Kleider wird in wenigen Tagen 72 Jahre alt. Trotzdem trainiert er noch immer die Torhüter bei Regionalligist FC Schweinfurt 05 – und das schon seit fast 40 Jahren. Die Keeper profitieren von seiner großen Erfahrung.

Über dieses Thema berichtet: Frankenschau aktuell am .

Vereinstreue ist im Fußball kein allzu hohes Gut mehr. Das gilt schon lange für den hochbezahlten Profi-Bereich, aber es trifft auch auf die meisten Amateurklubs zu. Eine große Ausnahme ist Norbert Kleider: Er wird in wenigen Tagen 72 Jahre alt und trainiert noch immer die Torhüter der ersten Mannschaft bei Regionalligist FC Schweinfurt 05. Das macht er bereits seit 1985. In dieser langen Zeit kamen und gingen weit mehr als 20 Cheftrainer. Doch Kleider, der Torwart-Trainer, blieb immer.

Viele Cheftrainer gingen, Kleider blieb immer

Wie viele Torhüter hatte er in diesen vielen Jahren unter seinen Fittichen? "Schwierig zu sagen", blickt Kleider zurück, "aber 15 oder 16 sollten es schon gewesen sein." Allerdings hat sich sein Training bei den Nullfünfern über all die Jahre spürbar verändert. "Heute legt man viel Wert darauf, dass ein Torhüter auch den Ball mit dem Fuß spielen kann, so was kannte man früher überhaupt nicht", doziert der Trainer, "jetzt muss ein Torwart auch ein guter Feldspieler sein".

"Mache viel aus eigener Erfahrung"

Seine Schlussfolgerung aus dieser Entwicklung für seine Übungseinheiten: "Ich mache viel aus eigener Erfahrung, denke mir selbst Übungen aus und überlege, was für einen Torhüter wichtig ist", erläutert der Trainer-Oldie.

Welche Trainingsformen er wählt, hänge auch stark vom jeweiligen Torhüter ab. Der aktuelle Mann im Schweinfurter Tor, Lukas Wenzel, ist "nicht der größte, deshalb lege ich das Augenmerk auf hohe Bälle und auf Bälle an die Seite, damit er einen Zwischenschritt machen muss. Sonst reicht es für ihn nicht", so Norbert Kleider.

Kleider stand mit Weltstars auf dem Platz

Der gebürtige Schweinfurter spielte in den 1970er und frühen 80er Jahren selbst beim FC 05. Und er wurde von Trainer-Legende Udo Lattek in die deutsche U19-Nationalelf berufen, gemeinsam mit den späteren Welt- und Europameistern Paul Breitner, Uli Hoeneß und Rainer Bonhof. Auch in der Bundesliga stand Kleider im Tor, für den TSV 1860 München bestritt er gar ein Derby gegen den FC Bayern mit dessen Weltstars Paul Breitner und Karl-Heinz Rummenigge. Das Spiel im Münchner Olympiastadion im November 1979 sahen 78.000 Zuschauer – fraglos der Höhepunkt in seiner Karriere.

Viel mitnehmen konnte Kleider aus seiner aktiven Zeit für seinen Trainerjob nicht. "Damals hat sich doch niemand so richtig um die Torhüter gekümmert", erinnert er sich, "selbst in der ersten Bundesliga schickte dich der Co-Trainer in den Sandkasten und schoss so lange hin und her, bis du fix und fertig gewesen bist – das war das gesamte Torwarttraining." Erst später kam auf, dass jeder Verein einen Torwart-Trainer haben muss. "Und völlig zu Recht, weil er eine ganz andere Funktion ausübt", urteilt Norbert Kleider.

Mit über 70 Jahren noch in Bestform

Auch heute ist er noch in Bestform. Kurz vor seinem 72. Geburtstag geht Kleider regelmäßig ins Fitness-Studio, drei- bis viermal pro Woche. Und so lange er fit ist, will Kleider weiter auf dem Trainingsplatz stehen. Dies hänge jedoch nicht von ihm allein ab, gibt er zu bedenken, vielmehr müsse der Verein entscheiden, wie lange er ihn noch beschäftigen will. Wichtig für ihn: Er will Torhüter trainieren, die mitmachen und von ihm etwas lernen wollen. Dann mache es auch weiterhin Spaß, so Kleider gegenüber BR24.

Umgekehrt profitieren die Keeper nach wie vor von seiner großen Erfahrung. "Er ist keiner, der die Bälle so schießt, dass man immer hält", betont Lukas Wenzel, derzeit die Nummer eins im Schweinfurter Kasten, "der Trainer will auch Tore erzielen". Was heißt: "Er zwingt uns immer, ins Maximum zu gehen, bei hohen Bällen, bei flachen Bällen immer noch zwei Zentimeter mehr rauszuholen, noch ein Stück höher zu springen."

Trainer und Busfahrer

Kleiders Anspruch sei "das Maximum in jeder Übung", schiebt Wenzel noch einmal nach, wobei er auch die menschliche Seite an seinem Trainer schätzt: "Er bleibt nicht still, wenn einer von uns geil hält, sondern freut sich mit uns." Immer zu 100 Prozent engagiert und konzentriert ist Norbert Kleider auch am Steuer des Vereinsbusses. Früher wollte er Fahrlehrer werden, folgte stattdessen aber dem Angebot von 1860 München in den Profisport.

Nach seiner aktiven Karriere fuhr er hauptberuflich die Manager des Schweinfurter Autozulieferers ZF Sachs durchs Land. Und nun trainiert Kleider nicht nur die Torhüter beim FC 05 Schweinfurt, sondern bringt auch die gesamte Mannschaft sicher und zuverlässig zu ihren Auswärtsspielen.

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