Feuerfontänen über der Menschenmenge im Olympiastadion beim Rammstein-Konzert
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Rammstein-Konzert in München

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Rammstein-Konzert in München: Musik, Feuer und treue Fans

Im ausverkauften Olympiastadion ist das erste von vier geplanten Rammstein-Konzerten in München über die Bühne gegangen. Die Band lieferte ihre Show ab, die Fans waren begeistert. Die Vorwürfe gegen Sänger Till Lindemann spielten hier keine Rolle.

Über dieses Thema berichtet: BAYERN 3-Nachrichten am .

Riesige Feuerfontänen, den Himmel durchzuckende Lichtdome, grelle Schlaglichter zu epischen Metalriffs: Rammstein weiß, wie man den Adrenalinspiegel des Publikums nach oben jagt. In großen Gruppen pilgerten die Fans am Mittwochabend zum ersten von vier Konzerten in München - alle vier Shows sind ausverkauft, 240.000 Tickets insgesamt haben trotz der Vorwürfe gegen Sänger Till Lindemann ihre Abnehmer gefunden.

Rammstein-Konzert: Feuer-, Licht- und Pyroshow der Superlative

Und für die, die zum Auftakt gekommen waren, fühlte sich der Abend beinahe so an wie immer bei Rammstein: Musik, Feuer und eine Pyroshow der Superlative, für die die Band bekannt ist. Till Lindemann äußerte sich nicht zu den Vorwürfen, absolvierte seinen Auftritt wie gewohnt. Nur als er zum Schluss seinen Fans dankte, dass sie gekommen waren, ließ sich das dann doch im Kontext der Vorwürfe verstehen. Und das Publikum dankte es ihm mit viel Applaus, begeisterten La-Ola-Wellen durchs Stadion – und ungebrochener Solidarität. Man habe schon schmunzeln müssen, so ein Fan nach dem Konzert, als Lindemann fast habe lachen müssen beim Song "Ich will, dass ihr mir vertraut". Bei der Zugabe ließ sich die Band auf Schlauchbooten durchs Publikum tragen.

Eine im Vorfeld des Konzerts geplante demonstrative Solidaritätsaktion im Olympiastadion allerdings blieb aus. Am Ende von Rammstein-Konzerten gehen Mitglieder der Band regelmäßig in die Knie vor ihren Fans. Auf Instagram und in Facebook-Gruppen waren laut Medienberichten Aufrufe gepostet worden, das Publikum solle ebenfalls für die Musiker niederknien, um zu zeigen, dass es trotz der Vorwürfe zu Rammstein stehe. Wie berichtet wurde, wollten Fans dazu eine Version des Songs "Ohne dich" mit verändertem Text singen: "Ohne Euch können wir nicht sein". Dazu kam es nicht: Als "Ohne dich" gespielt wurde, waren am Mittwochabend wie bei anderen Konzerten auch nur die Lichter hochgehaltener Handys zu sehen.

Im Video: Stimmen von Fans nach dem Rammstein-Konzert

Eine Frau spricht lächelnd in ein Mikrifon
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Begeisterung für Rammstein nach dem Münchner Konzert

Schwerwiegende Vorwürfe gegen Till Lindemann

Das Münchner Konzert fand unter besonderen Vorzeichen statt – und unter besonderer Beobachtung. Es stehen Vorwürfe mehrerer Frauen im Raum, sie seien im Umfeld von Auftritten der Band durch Frontmann Till Lindemann sexuell bedrängt worden, einige auch zu gewaltvollem Sex mit Lindemann genötigt worden. Und: Hinter den Erfahrungen der Betroffenen könnte ein regelrechtes System des Machtmissbrauchs stehen, das junge weibliche Fans zunächst mit Plätzen in der sogenannten "Row Zero" unmittelbar vor der Bühne lockt, sie dann auf eine Aftershowparty einlädt und schließlich Lindemann "zuführt".

Vor Beginn des Konzerts hatte es vor dem Olympiastadion kleinere Proteste gegen den Auftritt der Band gegeben. "Till Täter" war auf einem Schild zu lesen, "Das System Einzelfall" hieß es auf einem Banner. Die Protestierenden riefen "Gewalt gegen Frauen ist kein Einzelfall" und "Schämt euch, dass ihr zu diesem Vergewaltiger-Konzert geht". Vereinzelt kam es zu Wortgefechten mit Rammstein-Fans, eine größere Konfrontation jedoch blieb aus.

Der laut Rammstein eigens auf Druck der Münchner Stadtratsfraktionen eingerichtete Safe Space im Stadion für Fans, die sich unsicher fühlen, war an diesem Abend nicht als solcher erkennbar und Ordnungs- und Sicherheitskräften des Olympiastadions unbekannt. Vor dem Konzert hatte das Management von Rammstein betont, als zweite Maßnahme auch ein sechsköpfiges Awareness-Team für mehr Sicherheit in die Arena zu schicken. Sechs Menschen unter 60.000 – auch die sind am Mittwochabend nicht erkennbar. Und die umstrittene "Row Zero"? Als Teil der sogenannten Feuerzone blieb sie frei von Fans, dafür stand in der Feuerzone umso mehr Publikum.

Also alles wie immer?

Auch wenn die Fans der Band die Treue halten – die Debatte über das System von sexualisiertem Machtmissbrauch zwischen Stars und Fans ist in vollem Gange. Und sie betrifft nicht nur Rammstein selbst, eine Band, die ein globales Millionen-Unternehmen ist, sondern könnte für die Musikbranche insgesamt Auswirkungen haben. Vorwürfe, junge Frauen seien mindestens teilweise "selber schuld", wenn sie Übergriffen ausgesetzt sind, werden sich auf Dauer nicht halten lassen. Und Hinweise, wie Frauen sich schützen können, können nur ein erster Schritt sein.

Die Reaktionen von Rammstein selbst zu den Vorwürfen sind bisher verhalten: Am Dienstag trennte sich die Band von Alena M., die die "Castings" der jungen Frauen durchgeführt haben soll. Das erfuhr der BR aus Kreisen der Band. M. tauchte immer wieder in den Vorwürfen gegen Rammstein-Sänger Till Lindemann auf, die Frau habe aber nicht im Auftrag des Band-Managements gehandelt, so die Auskunft gegenüber dem BR.

Außerdem hieß es aus dem Umfeld der Band gegenüber dem WDR, man habe eine externe Anwaltskanzlei mit der Aufklärung der Vorfälle beauftragt. Nachdem es in einer ersten Erklärung Rammsteins noch hieß, man könne ausschließen, "dass sich, was behauptet wird, in unserem Umfeld zugetragen hat", teilte die Band am Wochenende vor den Münchner Konzerten mit, es sei ihr wichtig, dass die Fans sich sicher fühlen könnten – "vor und hinter der Bühne". Man verurteile jede Form von Übergriffigkeit. Rammstein bat die Fans, sich nicht an Vorverurteilungen zu beteiligen. Das gelte für jene, die Anschuldigungen erhoben haben, genauso wie für die Band selbst.

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