Kendlmühlfilz bei Grassau in Oberbayern.
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Das Europaparlament hat sich auf den Text einer EU-Verordnung zur Renaturierung geeinigt. Ziel ist die Rettung bedrohter Ökosysteme in Europa.

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Umweltschützer und Bauern kritisieren EU-Renaturierungs-Pläne

Das Europaparlament hat sich auf den Text einer EU-Verordnung zur Renaturierung geeinigt. Ziel ist die Rettung bedrohter Ökosysteme in Europa. Bauernvertreter kritisieren neue Auflagen, Umweltschützern geht das neue Gesetz dagegen nicht weit genug.

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Mit einem "Gesetz zur Wiederherstellung der Natur" will die Europäische Union die Umweltzerstörung zurückdrehen, doch Naturschützer sehen Lücken. Der Naturschutzbund Nabu sprach am Freitag von "schmerzhaften Abstrichen", die Umweltorganisation WWF nannte den Text "sehr stark verwässert". Scharfe Kritik kommt aber auch vom Deutschen Bauernverband (DBV), der gegen neue Auflagen eintritt. Bundesumweltministerin Steffi Lemke (Grüne) sieht dennoch ein "hoffnungsvolles Zeichen".

Mehr Schutz für Bienen und Schmetterlinge

Unterhändler der Mitgliedsländer und des Europaparlaments hatten sich in der Nacht zu Freitag auf den Verordnungstext zur sogenannten Renaturierung geeinigt. Er verpflichtet die EU-Staaten, bis 2030 mindestens je 20 Prozent der Flächen und Meeresgebiete wiederherzustellen und bis 2050 alle bedrohten Ökosysteme. Diese Vorgabe sei weltweit die "erste dieser Art", betonte die amtierende spanische Umweltministerin Teresa Ribera Rodríguez, die den Kompromiss mit ausgehandelt hat. In Europa sollen etwa Moore und Fluss-Auen wiederbewässert werden, um Dürre-Folgen zu mindern. Bedrohte Arten wie Bienen oder Schmetterlinge sollen stärker geschützt werden. Laut EU-Daten sind mehr als 80 Prozent der natürlichen Lebensräume in einem schlechten Zustand. Besonders trifft dies auf Moore zu.

Naturschützer kritisieren Schlupflöcher

Naturschützer beklagen allerdings eine Reihe von Ausnahmen in dem geplanten Gesetz. Nach Angaben des Nabu wurden in den Verhandlungen "erhebliche Schlupflöcher hinzugefügt, die die insgesamt wiederherzustellende Fläche verringern können". Zudem gibt es eine "Notbremse", mit der die Mitgliedsländer den Naturschutz aussetzen können, etwa bei steigenden Lebensmittelpreisen. Der WWF kritisierte zudem, ein Nicht-Verschlechterungsgebot für Naturräume sei nun "stark ausgehöhlt". Auch europäische Meeresschutzverbände wie Seas At Risk und Oceana warnten vor zu vielen Ausnahmen.

EVP wollte keine "Umweltpolitik mit der Brechstange"

Umweltministerin Lemke zeigt sich dennoch froh über die erzielten Kompromisse. Denn zeitweise hatte das Gesetz auf der Kippe gestanden. Die Europäische Volkspartei (EVP) um CDU und CSU wehrte sich gegen eine "Umweltpolitik mit der Brechstange" und hatte den Deutschen Bauernverband (DBV) auf ihrer Seite. Beide warnten vor gravierenden Risiken für die Ernährungssicherheit, wenn Landwirte künftig etwa auf Pestizide verzichten müssten.

Nun wiesen EVP-Vertreter auf die "bemerkenswerten Verbesserungen" des "stark überarbeiteten" Textes hin. Er enthalte nicht mehr die ursprünglich geforderte Verpflichtung zur Renaturierung von zehn Prozent der landwirtschaftlichen Flächen.

Scharfe Kritik von Bauernverbands-Präsident Rukwied

Bauernverbands-Präsident Joachim Rukwied kritisierte die Einigung dagegen scharf. "Dies ist ein Rückschritt für die Kooperation zwischen Landwirtschaft und Naturschutz", erklärte er. Die Vorlage dürfe kein "Landwirtschafts-Verdrängungsgesetz" sein, betonte Rukwied.

Die Mitverhandlerin Jutta Paulus (Grüne) kann mit dem Kompromiss dagegen gut leben. Die EU fahre nun "mit einem wichtigen Baustein zur Eindämmung der Klimakrise" zur Weltklimakonferenz (COP 28) nach Dubai, die am 30. November beginnt, erklärte sie.

Teil des "Green Deal" der EU

Einen Tag vorher stimmt der Umweltausschuss des Europaparlaments abschließend über den Text ab, das Plenum voraussichtlich im Januar 2024. Auch die Mitgliedsländer müssen die Einigung noch besiegeln. Die Naturschutzpläne sind zentraler Teil des Klimaschutzpakets "Green Deal", mit dem die EU bis 2050 klimaneutral werden will.

Mit Informationen der AFP.

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