Feuchte Moore spielen beim Klimaschutz eine wichtige Rolle
Bildrechte: Sylvia Bentele

Im Fokus des Renaturierungsgesetzes: Moore

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EU-Renaturierungsgesetz: Zu viel oder nicht genug?

Noch können die Folgen des Klimawandels abgeschwächt werden. Dafür will die EU das Renaturierungsgesetz auf den Weg bringen. Das Ziel: Zerstörte Ökosysteme wiederherstellen. Landwirte sind besorgt, Umweltschützer fordern mehr.

Über dieses Thema berichtet: radioWelt am .

Eine "große Chance" gegen das Artensterben. So bezeichnete André Prescher-Spiridon vom Bund für Umwelt und Naturschutz das geplante EU-Renaturierungsgesetz in einer Ausschuss-Sitzung im Bundestag. Mit dem Gesetz sollen bis 2030 mindestens 20 Prozent der zerstörten Ökosysteme in der Europäischen Union renaturiert, also wiederhergestellt werden. Dabei sollen unter anderem Moore wiedervernässt, Flussbetten verbreitert und Wälder aufgeforstet werden.

Das Gesetz ist ein wichtiger Bestandteil des Klimaschutzpakets "Green Deal", mit dem die EU bis 2050 klimaneutral werden möchten. Das Bundesumweltministerium begrüßt die Entscheidung des EU-Parlaments von vergangener Woche. Renaturierung bedeute nicht nur "ein bisschen Naturschutz", sondern es gehe um extrem wichtige Themen für die gesamte Menschheit, wie etwa die Hitzebekämpfung, so ein Sprecher.

Landwirte fürchten um Ackerflächen

Allerdings ist das Gesetz umstritten. Die Entscheidung im EU-Parlament am 12. Juli fiel knapp aus: 336 Abgeordnete stimmten für, 330 gegen das Gesetz und 13 Abgeordnete enthielten sich. In einem nächsten Schritt werden die Umweltministerinnen und –minister der 27 Mitgliedsstaaten über das Gesetz verhandeln. Im Sommer 2024 soll das Renaturierungsgesetz verabschiedet werden. Kritik kommt vor allem aus den konservativen und rechten Lagern: Viele befürchten den Verlust von Agrarflächen.

Diese Sorge äußert auch der Bayerische Bauernverband. Stefan Köhler ist Vorsitzender des Landesfachausschusses für Umweltfragen im Bayerischen Bauernverband und hat einen Milchkuh- und Ackerbetrieb. Er befürchtet, Teile seiner Flächen für den Umweltschutz aus der Produktion nehmen zu müssen, sollte das Gesetz beschlossen werden. "Das würde natürlich einen Flächenverlust bedeuten, wo wir keine Nahrungsmittel mehr erzeugen können." Ob auf manchen Flächen nichts mehr angebaut werden darf, steht noch nicht fest.

Noch ist das Gesetz nicht beschlossen

Denn: Noch muss der genaue Wortlaut des Gesetzes von den EU-Umweltministerinnen und –ministern verhandelt werden. Außerdem ist noch unklar, welche Maßnahmen die Mitgliedstaaten dann umsetzen. Das Gesetz soll nämlich eine Klausel enthalten, wonach Ziele beim Naturschutz verschoben werden können, sollten sich dadurch außergewöhnliche sozioökonomische Folgen ergeben. Inwieweit Mitgliedstaaten das als Exit-Strategie nutzen können, ist offen. Aus dem Bundesumweltministerium heißt es, die Bundesregierung stehe ganz klar hinter den Gesetzesforderungen und sei bemüht, diese Vorgaben umzusetzen.

Aktuell sieht das Gesetz unter anderem vor, den Einsatz von Pestiziden zu beschränken. Außerdem sollen landwirtschaftliche Flächen wie Ackerflächen mehr Landschaftselemente enthalten, beispielsweise in Form von Hecken oder Blühstreifen.

Bauern beklagen Einschränkungen

Solche nationalen Vorgaben würden die Rechte der Landwirte stark einschränken, kritisiert Stefan Köhler vom Bayerischen Bauernverband. Statt nationaler Auflagen plädiert er für regionale Lösungen, um die Natur zu schützen. Biologe Ulrich Mäck, Leiter der Arbeitsgemeinschaft Donaumoos, wiederum betont die Relevanz des geplanten Renaturierungsgesetzes. Auf freiwilliger Basis würden Prozesse zur Renaturierung oft sehr lang dauern. "Diese Zeit haben wir nicht", so Ulrich Mäck. Er kritisiert, dass gerade bei den Mooren nach Widerstand konservativer und rechter Parteien im EU-Parlament die vorgesehenen Maßnahmen des Gesetzentwurfes entschärft wurden.

Naturschutz und Landwirtschaft schließen sich nicht aus

Dabei müssten sich Landwirtschaft und Umweltschutz nicht ausschließen, betont der Biologe. Unter seiner Leitung wurden Teile des schwäbischen Donaumooses wiedervernässt. Ein wertvoller Beitrag für den Klimaschutz, denn nasse Moore speichern enorm viel umweltschädliche Gase wie CO2. Über viele Jahre hinweg wurden die Moorflächen allerdings trockengelegt – unter anderem für Ackerbau. Landwirte bauen auf den Flächen zum Beispiel Kartoffeln an. Doch auch die wiedervernässten Flächen können landwirtschaftlich genutzt werden. Auf den nassen Flächen im schwäbischen Donaumoos werden zum Beispiel Wasserbüffel gehalten, die Fleisch liefern.

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