Die Polizei nimmt einen Mann fest (Symbolbild).
Bildrechte: dpa-Bildfunk/Carsten Rehder

Die Polizei hat im vergangenen Jahr mehr Straftaten registriert.

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Kriminalstatistik 2023: Mehr Straftaten in Deutschland

Die Polizei hat im vergangenen Jahr mehr Straftaten registriert. Bundesinnenministerin Nancy Faeser stellte die Kriminalstatistik 2023 am Vormittag in Berlin vor – und verzeichnet einen Anstieg der Kriminalität in Deutschland. Was sind die Gründe?

Über dieses Thema berichtet: BR24 am .

Wenn Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) und ihr Vorgänger Horst Seehofer (CSU) in den vergangenen Jahren die Polizeiliche Kriminalitätsstatistik vorstellten, hatten sie meist gute Nachrichten: Die Kriminalität in Deutschland sinkt. In der Statistik für das Jahr 2023 ist das anders.

Nach Informationen des ARD-Hauptstadtstudios registrierte die Polizei im vergangenen Jahr fast sechs Millionen Straftaten. Das sind 9,3 Prozent mehr als im Jahr 2019 – also vor der Corona-Pandemie. Denn durch geschlossene Grenzen, Homeoffice und Ausgangsbeschränkungen wurden weniger Straftaten angezeigt.

Nachholeffekte durch Corona

Fachleute gehen davon aus, dass Nachholeffekte nach der Pandemie ein Grund sind für die gestiegenen Zahlen im Jahr 2023 – das erste Jahr ohne Corona-bedingte Einschränkungen. So stieg die Zahl der Einbrüche laut Statistik um gut 18 Prozent.

Die Polizei registrierte außerdem 43 Prozent mehr tatverdächtige Kinder und Jugendliche als 2019. Diese Altersgruppe hat nach Ansicht von Experten besonders unter den Beschränkungen gelitten.

Zuwanderung bildet sich in Statistik ab

Bei der Statistik für das Jahr 2023 sticht der Anstieg bei nichtdeutschen Tatverdächtigen heraus. Von den knapp 2,25 Millionen Verdächtigen insgesamt hatten gut 923.000 keinen deutschen Pass. Das ist ein Anstieg von 17,8 Prozent im Vergleich zur Statistik 2022.

Überraschend ist dieses Plus nicht. Denn die Zuwanderung nach Deutschland hat in den vergangenen Jahren deutlich zugenommen. Außerdem können bestimmte Straftaten, wie zum Beispiel Verstöße gegen das Aufenthaltsgesetz oder das Asylverfahrensgesetz fast ausschließlich von Ausländern begangen werden. Die Statistik für das Jahr 2022 enthält knapp 226.000 ausländerrechtliche Verstöße.

Bayerns Innenminister verlangt mehr Grenzkontrollen

Die Entwicklung hin zu einer höheren Kriminalität hat sich aus Sicht des Bundesinnenministeriums schon im vergangenen Jahr abgezeichnet. Ministerin Faeser nannte im Herbst als Gründe dafür "soziale Ursachen wie eigene Gewalterfahrungen durch Terror und Flucht, aber auch Armutsrisiken".

Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) will das so nicht stehen lassen. Dass mehr Diebstähle durch Ausländer etwas mit dem Armutsrisiko zu tun habe, nennt er im BR24-Interview "saudummes Gerede". Niemand sei berechtigt zu stehlen, auch wenn er von Armut bedroht ist.

Herrmanns Schlussfolgerung: "Wir müssen insgesamt weniger Flüchtlinge ins Land lassen und wir müssen alles dafür tun, dass sie sich an unsere Gesetze halten." Vor allem die illegale Migration muss nach seinen Worten stärker reduziert werden. Als Schlüssel dazu sieht der bayerische Innenminister mehr Grenzkontrollen.

Kriminalität auf ähnlichem Niveau wie vor Corona

Ein Blick in die Statistiken der vergangenen Jahre zeigt: Die Zahl nichtdeutscher Tatverdächtiger liegt etwa auf dem Niveau der Jahre 2015 und 2016. Insgesamt sticht die Zahl von fast sechs Millionen Straftaten im Jahr 2023 keinesfalls heraus. Seit der Wiedervereinigung registrierte die Polizei mehrheitlich über sechs Millionen Fälle. Erst zwischen 2017 und 2021 sanken die Zahlen kontinuierlich darunter.

Gewalt nimmt zu, Aufklärung steigt

Der Vergleich mit den Vorjahren zeigt aber auch: Die Gewalt hat mit etwa 215.000 erfassten Fällen den höchsten Stand seit 15 Jahren erreicht. Dazu zählen etwa Körperverletzungen, Raub und Messerangriffe.

Immerhin: Eine gute Statistik kann Bundesinnenministerin Faeser heute auch vorstellen: Die bundesweite Aufklärungsquote ist leicht gestiegen. 58,4 Prozent aller erfassten Straftaten werden von Polizistinnen und Polizisten aufgeklärt.

Die Statistik bildet allerdings nur die Tatverdächtigen ab, nicht die tatsächlich überführten Täter. Ein Verdacht kann sich auch als unbegründet erweisen. Zudem werden manche Straftaten nicht angezeigt. Die Statistik bildet also nicht die tatsächliche Kriminalität ab.

Wer und was zählt in die Statistik?

💬 BR24-User wie "Koinonia" haben in den Kommentaren angesprochen, dass es sich bei der Kriminalstatistik um eine "Tatverdächtigenstatistik" handle. Welche Fälle zählen hinein? Das Team von "Dein Argument" hat ergänzt:

Das Bundeskriminalamt listet in der Polizeilichen Kriminalstatistik die rechtswidrigen Straftaten auf, die der Polizei bekannt wurden - einschließlich der mit Strafe bedrohten Versuche. Nicht enthalten sind Verkehrsdelikte, Ordnungswidrigkeiten, Staatsschutzdelikte, Delikte, die nicht zum Aufgabenbereich der Polizei gehören und Straftaten, die unmittelbar bei der Staatsanwaltschaft angezeigt werden.

In der Statistik wird zwischen deutschen und nichtdeutschen Tatverdächtigen unterschieden. Entscheidend ist die deutsche Staatsangehörigkeit. Bei nichtdeutschen Personen, zu denen beispielsweise Touristen, Geschäftsleute oder Grenzpendler gehören, gab es in den vergangenen Jahren noch die Unterkategorie Zuwanderer: Dazu zählten Personen etwa mit Aufenthaltsanlass "Asylbewerber", "Duldung" oder "unerlaubter Aufenthalt".

Es führt jedoch zu einer Verzerrung, wenn man die Zahlen der Tatverdächtigen ins Verhältnis zur Gesamtbevölkerung setzen will: Die Zahl der Deutschen im Land ist leichter zu bestimmen als die Zahl der Nicht-Deutschen, da sich nicht alle der infrage kommenden Gruppen melden müssen.

Die bislang erhobenen Daten beruhten auf dem Erkenntnisstand bei Abschluss der polizeilichen Ermittlungen. Ob ein Gericht die Tatverdächtigen später verurteilt, ist nicht zu erkennen – die Daten lassen sich also nicht mit Statistiken zu Verurteilten vergleichen. Für die Ursachenforschung sind darüber hinaus Faktoren wie Alter, Geschlecht, Lebensumstand und Erfahrungen wichtig. 💬

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