ARCHIV - 28.06.2016, Nordrhein-Westfalen, Hamburg: Ein als Einbrecher verkleideter Mann hebelt in der Kriminalpolizeilichen Beratungsstelle der Polizei ein Fenster auf. (zu dpa: «Mutmaßliche Mitglieder einer Einbrecherbande in U-Haft») Foto: Daniel Bockwoldt/dpa +++ dpa-Bildfunk +++
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Polizei demonstriert das Vorgehen eines Einbrechers

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Kriminalstatistik 2023: Mehr Straftaten in Bayern als im Vorjahr

Über lange Zeit ist die Zahl der in Bayern erfassten Straftaten stetig zurückgegangen. Laut der aktuellen Kriminalstatistik drehte sich die Entwicklung im Jahr 2023. Bei einzelnen Delikten gingen die Zahlen deutlich nach oben.

Über dieses Thema berichtet: BR24 am .

Knapp vier Prozent mehr Straftaten als im Jahr zuvor wurden in der bayerischen Kriminalstatistik für das Jahr 2023 erfasst. Insgesamt waren es 583.068 Delikte. Lässt man das Corona-Jahr 2021 außen vor, ist es der erste Anstieg seit Jahrzehnten. Ein anderer Trend hatte in der von Bayerns Innenminister Joachim (CSU) Herrmann vorgestellten Statistik bestand: Die Aufklärungsquote konnte über alle Straftaten hinweg weiter erhöht werden.

Rückgang auf dem Land – Anstieg in den Großstädten

Auffällig an der Kriminalstatistik 2023 sei, analysierte Innenminister Herrmann, dass der Anstieg in den Großstädten über der gesamtbayerischen Entwicklung liege. In ländlichen Gebieten seien dagegen Rückgänge zu verzeichnen.

An der Spitze stand letztes Jahr Fürth mit einem Plus von 17,6 Prozent, gefolgt von Aschaffenburg (plus 16 Prozent) und Regensburg (plus 12,5 Prozent). München (plus 9,6 Prozent) liegt bei dieser Betrachtung im Mittelfeld. Nürnberg (plus 2,9 Prozent) und Augsburg (plus 2,8 Prozent) liegen bei der Zunahme der erfassten Straftaten unter dem bayerischen Durchschnitt.

Zahl der Diebstähle nimmt zu

Landespolizeipräsident Michael Schwald führte die unterschiedliche Stadt-Land-Entwicklung insbesondere auf die höhere Zahl der Diebstähle in Großstädten zurück. Auch Innenminister Herrmann machte für die bayernweite Zunahme der Gesamtkriminalität vor allem den Bereich der Diebstahlsdelikte verantwortlich. Hier stiegen die Zahlen um mehr als zehn Prozent auf 152.495 Fälle. 2022 waren es 138.025.

Der Beute- und Vermögensschaden, den die Täter dabei anrichteten, wuchs um mehr als 25 Prozent auf 192 Millionen Euro (2022: 153 Millionen). Ausschlaggebend für die Entwicklung in dem Deliktsbereich waren insbesondere die Ladendiebstähle (plus 19,5 Prozent) und die Wohnungseinbruchsdiebstähle (plus 20,8 Prozent).

Mehr als die Hälfte der mutmaßlichen Wohnungseinbrecher stammen aus dem Ausland, überwiegend aus Mittel- und Osteuropa. Herrmann kündigte deshalb eine konsequente Bekämpfung des Wohnungseinbruchs an, durch intensivere Schleierfahndungskontrollen im Grenzraum und verstärkte Polizeistreifen in Wohngebieten.

Zunahme auch bei Körperverletzung und schweren Gewaltdelikten

Auch die Zahl der angezeigten einfachen Körperverletzungen ging deutlich nach oben auf 51.178 Fälle (plus 6,6 Prozent). Als einfache Körperverletzungen werden Angriffe gewertet, bei denen das Opfer beispielsweise durch Schläge oder Tritte leicht verletzt wird.

Davon abgegrenzt werden in der Kriminalstatistik Gewaltdelikte wie Mord und Totschlag, Vergewaltigung und Raub. Auch hier verzeichnete die Statistik einen Anstieg um 4,7 Prozent auf 21.579 Fälle. Fast jede dritte Gewaltstraftat geschieht unter Alkohol- oder Drogeneinfluss.

Herrmann will Kampf gegen Kinderpornografie verstärken

Im Bereich der Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung, deren Zahl sich um 2,6 Prozent auf 16.438 Fälle erhöhte, ragt das Deliktfeld Kinderpornografie heraus. Bei der Verbreitung, dem Erwerb, dem Besitz oder der Herstellung von sexuellen Missbrauchsdarstellungen an Minderjährigen wurde ein Anstieg von 14,6 Prozent auf 4.867 Fälle festgestellt.

Die Täter könnten sich nie in Sicherheit wiegen, so Herrmann, die Polizei werde den Kampf gegen Kinderpornografie verstärkt fortsetzen. Die erfassten Vergewaltigungsfälle fielen dagegen auf 1.306 (Minus 11,6 Prozent).

5,1 Prozent mehr Fälle von Internetkriminalität

Herrmann erklärte bei der Vorstellung der Kriminalstatistik für das Jahr 2023 außerdem, dass er die Zunahme im Bereich der Internetkriminalität mit Sorge betrachte. Hier wurde mit 47.362 angezeigten Delikten (Plus 5,1 Prozent) ein Höchststand erreicht.

Auch der Vermögens- und Beuteschaden erreichte mit 48 Millionen Euro ein Rekordniveau. Die Zahlen sind allerdings mit Vorsicht zu genießen. Die Polizei vermutet eine sehr hohe Dunkelziffer, weil viele Cyber-Straftaten nicht angezeigt werden.

Innenminister fordert andere Asylpolitik, Gegenwind aus Bayern-SPD

Ursächlich für die gestiegene Kriminalitätsbelastung sind nach Darstellung von Herrmann vor allem Ausländer und insbesondere zugewanderte Flüchtlinge. Laut Statistik ist die Zahl der tatverdächtigen Zuwanderer um mehr als 20 Prozent gestiegen. Innenminister Herrmann kritisierte in diesem Zusammenhang die Bundesregierung und forderte "schleunigst einen grundlegenden Kurswechsel in der Asylpolitik."

Die SPD-Fraktion im bayerischen Landtag kritisierte Herrmann in diesem Punkt scharf für eine "Verquickung von CSU-Migrationspolitik und Kriminalitätsbekämpfung". Der Minister begebe "sich mit einem Generalverdacht hier in ein fragwürdiges Fahrwasser, wenn er pauschal Konsequenzen für alle Asylsuchenden fordert, weil es in der Gruppe Personen gibt, die Straftaten begehen", sagte die innenpolitische Sprecherin der Fraktion und langjährige Polizistin, Christiane Feichtmeier. "Diese Kollektivhaftung, rein auf Basis von Herkunft und Status, steht einem freiheitlichen Rechtsstaat schlecht zu Gesicht."

Beitrag zum Hören: Bayerns Innenminister Herrmann zur Kriminalstatistik

Bayerns Innenminster Herrmann beantwortet Medienfragen zur Kriminalstatistik 2023.
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Bayerns Innenminster Herrmann (CSU) hat die Kriminalstatitstik 2023 vorgestellt.

Landespolizeipräsident kritisiert Cannabis-Legalisierung

Ein weiteres Thema bei der Vorstellung der Kriminalstatistik war die Legalisierung von Cannabis. Innenminister Herrmann sprach von einem "Trauerspiel", bei dem die Ampelkoalition die Cannabis-Legalisierung gegen die Bedenken aller Länderinnenminister und -senatoren durchdrücken wolle. "Wir haben große Sorge" fasste Landespolizeipräsident Michael Schwald die Befürchtung zusammen, die Folgen des geplanten Gesetzes seien nicht durchdacht und würden auf jeden Fall zu Mehrarbeit bei der Polizei führen.

Fragen zu Gewalt an Schulen in Bayern

Auf Nachfragen von Medienvertretern äußerten sich der Innenminister und der Landespolizeipräsident zu Gewaltdelikten an bayerischen Schulen. Die Zahl sei 2023 um 24,5 Prozent oder 136 Fälle auf 690 Gewaltdelikte gestiegen. Über die Ursache herrscht noch Unklarheit. Herrmann bezeichnete den Anstieg als "problematisch", wies aber auch daraufhin, dass die Zahl in Relation zu der Tatsache, dass es über eine Million Schülerinnen und Schüler in Bayern gebe, sehr niedrig sei.

Mit Informationen von dpa.

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