Sonnenuntergang am Taunus
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Sonnenuntergang am Taunus: der Sommer 2023 war der heißeste seit Beginn der Messungen.

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EU-Klimadienst: 2023 "der heißeste Sommer überhaupt"

Der EU-Klimadienst meldet den heißesten Sommer der bekannten Wettergeschichte. Im August lag die globale Durchschnittstemperatur über der 1,5-Grad-Marke des Pariser Klimaabkommens. Die Entwicklung ist auf allen Kontinenten spürbar - und im Meer.

Über dieses Thema berichtet: BR24 im Radio am .

Die vergangenen drei Monate waren weltweit "bei weitem" die heißesten seit Beginn der Wetteraufzeichnungen. Wie der EU-Klimadienst Copernicus berichtet, lag die Durchschnittstemperatur von Juni bis August wohl sogar höher als jemals zuvor.

"Die drei Monate, die hinter uns liegen, waren die heißesten seit etwa 120.000 Jahren, also seit Beginn der Menschheitsgeschichte." Samantha Burgess von der Abteilung für Klimawandel bei Copernicus.

Die Organisation verfügt über Aufzeichnungen seit 1940, berücksichtigt aber auch die Studien, die der Weltklimarat zusammenfasst.

August über dem 1,5-Grad-Schwellenwert

Im europäischen Mittel war der Sommer dem wissenschaftlichen Dienst zufolge "nur" der fünftwärmste seit Beginn der Aufzeichnungen, in Deutschland und Bayern der sechstwärmste - wobei die Kurve (siehe Grafik) auch bei uns seit vier Jahrzehnten einen Trend nach oben zeigt.

Die globale Durchschnittstemperatur jedoch - also der Mittelwert aus weltweiten Messdaten - lag im August 1,5 Grad über dem vorindustriellen Niveau und damit über jener Marke, die nach dem Pariser Klimaabkommen nicht langfristig überschritten werden soll.

Rekordwerte in den Weltmeeren

Auch die Oberflächentemperatur der Erde war nie höher, seit der EU-Klimadienst Copernicus 1991 mit ihrer Messung und Auswertung begann: Der Juli-Wert lag um 0,72 Grad über dem bisherigen Durchschnitt.

Damit verbunden ist eine ungewöhnliche Erwärmung der Weltmeere – mit kurz- wie langfristigen Folgen. Ein unmittelbarer Effekt: Der Starkregen, der Teile Bayerns Ende August ordentlich nassmachte, hatte seinen Ursprung im aufgeheizten Mittelmeer.

Beunruhigender ist, dass die Temperaturrekorde im Meerwasser langfristige Entwicklungen weiter verstärken können. Am Südpol, wo derzeit Winter herrscht, zeigte die Meereis-Fläche im August eine so geringe Ausdehnung wie nie zuvor im gleichen Monat seit Beginn der Satellitenbeobachtungen. Am Golfstrom wiederum registrieren Forscher seit längerem, dass die Atlantische Umwälzzirkulation ("AMOC") so schwach ist wie noch nie in den vergangenen 1.000 Jahren. "AMOC" sorgt für den Austausch warmer und kalter Wassermassen im Atlantik und ist damit für Europa "klimarelevant."

Klimawandel auf allen Kontinenten spürbar

In Folge der hohen Temperaturen in diesem Sommer ist es vielerorts auf der Nordhalbkugel – in Asien, Europa und Nordamerika – zu teilweise dramatischen Hitzewellen, Dürren, Überschwemmungen und Waldbränden gekommen. Allein in Kanada vernichteten Feuersbrünste eine Fläche größer als Deutschland. In Griechenland – wo bis vor kurzem ebenfalls noch Flammen tobten – kämpfen die Menschen derzeit ebenso wie in Bulgarien und der Türkei gegen Rekordregenmengen. Aber auch in der südlichen Hemisphäre, wo Juni bis August Wintermonate sind, erreichten die Temperaturen an vielen Orten Höchstwerte.

Klima-Problemzone Afrika

Erst am Montag hatte der jährliche UN-Klimabericht darauf hingewiesen, dass sich der globale Temperaturanstieg in Afrika noch stärker bemerkbar macht als in anderen Teilen der Welt.

Am schnellsten verlief der Anstieg demnach in Nordafrika. Dort ging vergangenes Jahr extreme Hitze mit Waldbränden in Algerien und Tunesien einher. Das Horn von Afrika erlebte die schwerste Dürre seit 40 Jahren, mit besonders harten Folgen für Äthiopien, Kenia und Somalia. Allein in Somalia mussten fast 1,2 Millionen Menschen infolge der Trockenheit fliehen. In Teilen des Sahel kam es hingegen zu beträchtlichen Überflutungen. Der Süden des Kontinents wurde von einer Reihe tropischer Wirbelstürme heimgesucht.

Zugleich, so die Weltwetterorganisation WMO, bleibe die Finanzierung für Anpassungsmaßnahmen weit hinter dem Erforderlichen zurück. Die Entwicklung gefährde die Ernährungssicherheit, heize Vertreibung und Migration an und erhöhe das Risiko von Konflikten um Ressourcen.

Kollateralschaden: Die Luftqualität

Die Weltwetterorganisation nennt im Zusammenhang mit dem Rekordsommer 2023 noch einen weiteren Aspekt, der laut WMO-Generalsekretär Petteri Taalas oft vernachlässigt wird: Hitzewellen verschlechtern die Luftqualität. Die WMO verweist in ihrem "Bulletin über Luftqualität und Klimawandel" unter anderem auf den Rauch von Waldbränden und aufgewirbelten Wüstenstaub, die sich über tausende Kilometer ausbreiten können – weshalb die US-Metropole New York in Folge der kanadischen Waldbrände erst "eingeräuchert" wurde und danach mit einer Blattlausplage zu kämpfen hatte.

"Der Rauch von Waldbränden enthält ein Hexengebräu aus Chemikalien, das nicht nur die Luftqualität und die Gesundheit beeinträchtigt, sondern auch Pflanzen, Ökosysteme und Ernten schädigt, und er führt zu mehr Kohlenstoffemissionen und damit mehr Treibhausgasen in der Atmosphäre", sagt Lorenzo Labrador, Co-Autor des Bulletins.

Für die WMO gehen Klimaschutz und die Verbesserung der Luftqualität daher Hand in Hand. Für beides wichtig seien Parks und andere Grünflächen in urbanen Ballungsräumen, wo die Temperatur wegen der dichten Bebauung nachts um bedenkliche neun Grad höher sein könne als im ländlichen Umland. Grünflächen könnten die Temperatur senken, Treibhausgase aufnehmen und die Luftqualität verbessern.

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