Blick auf die Schäden durch die Überschwemmung im slowenischen Prevalje.
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Blick auf die Schäden durch die Überschwemmung im slowenischen Prevalje.

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"Apokalypse biblischen Ausmaßes": Slowenien beginnt aufzuräumen

Nach den Unwettern in Slowenien werden an vielen Orten nun die Schäden behoben. Dafür hat die slowenische Regierung die EU und Nato zur Hilfe gerufen. Die größte Gefahr droht jetzt noch durch Erdrutsche – der Boden ist vom vielen Regen aufgeweicht.

Über dieses Thema berichtet: BR24 Infoblock am .

Evakuierte Dörfer, ein Dammbruch und historische Schäden in zwei Dritteln des Landes durch Überschwemmungen: Slowenien kämpft mit der schwersten Naturkatastrophe in der Geschichte des seit 1991 unabhängigen Landes.

Das Schlimmste scheint nach dem Wochenende allerdings vorbei zu sein. An vielen Orten hat das große Aufräumen und Reparieren der Unwetterschäden begonnen. So gut es geht, denn viele Straßen sind immer noch gesperrt oder unbefahrbar, weil Steine oder Bäume auf der Fahrbahn liegen. Die Einsatzkräfte sind unterwegs, um Strom, Telefon- und Wasserleitungen zu reparieren.

Größte Gefahr durch Erdrutsche

Die größte Gefahr droht jetzt durch Erdrutsche, weil der Boden vom vielen Regen durchgeweicht ist. Das gilt auch für Hochwasserdämme, zum Beispiel an der Mur. Der steigende Wasserstand der 450 Kilometer langen Mur bereitet besondere Sorgen – nicht nur in Slowenien, sondern auch in Kroatien. Die Mur entspringt in Österreich, fließt durch Slowenien und mündet in Kroatien in die Drau. 500 Menschen mussten in Sicherheit gebracht werden, weil ein durchgeweichter Damm gebrochen war.

Armeehubschrauber transportierten tonnenschwere Betonblöcke, um das Leck abzudichten, das mit Lastwagen nicht erreichbar ist, weil die Wege zu matschig sind. Hunderte verbrachten auch diese letzte Nacht noch in Notunterkünften, Turnhallen, Schulen – müde, aber in Sicherheit. Auch viele Urlauber waren darunter, weil viele Campingplätze unter Wasser standen.

Schäden von mindestens einer halben Milliarde Euro

Akut bedroht von Erdrutschen waren am Sonntag weiterhin mindestens sechs Orte in Gebirgsregionen. Anton Preksavec, Bürgermeister des von Erdrutschen heimgesuchten Dravograd an der Drau, sprach am Wochenende von einer "Apokalypse wahrhaft biblischen Ausmaßes".

Dem kleinen Zwei-Millionen-Einwohnerland Slowenien fehlt es im Moment vor allem an schwerem Gerät, Baumaschinen, Bagger, um das Gröbste wegzuräumen. Ministerpräsident Robert Golob schätzte den Gesamtschaden auf mindestens eine halbe Milliarde Euro. Getroffen seien vor allem die Straßen- und Energieinfrastruktur sowie Hunderte Wohngebäude.

Slowenien bittet Nato um schwere Militärhubschrauber

Über den EU-Katastrophenschutzmechanismus beantragte Slowenien 30 Bagger unterschiedlicher Kapazität sowie 30 Spezialfahrzeuge zur Regulierung von Wasserläufen sowie die Entsendung von Ingenieurteams für all diese Geräte. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hat ihren Besuch noch diese Woche angekündigt.

Auf der Wunschliste an EU und Nato standen zudem jeweils 20 vorgefertigte Brücken von bis zu 40 Metern Länge. Von der Nato erbat das Land auch fünf schwere Militärhubschrauber mit einer Tragfähigkeit von mindestens fünf Tonnen für den Transport sowie 200 Soldaten für Schutz-, Rettungs- und Hilfsaufgaben.

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THW Freising schickt Erkundungsteam

Das Technische Hilfswerk (THW) Freising hat seine Experten für Brückenbau nach Slowenien losgeschickt, um sich ein Bild von den Hochwasserschäden an der Infrastruktur zu machen, sie sollen noch heute im Hochwassergebiet eintreffen. Am Dienstag wird dann ein Einsatztrupp die entsprechenden Geräte und Brückenteile packen und sobald wie möglich ins Einsatzgebiet fahren, teilte der Ortsverband gegenüber dem BR mit.

In Freising lagern aktuell zwei Brücken mit je 30 Metern Länge. Außerdem gibt es Brückenlager des Bundes, von dem die Einsatzkräfte aus Freising gegebenenfalls Behelfsbrücken anfordern werden. Laut THW Bayern sind bereits insgesamt 15 THW-Angehörige nach Slowenien unterwegs ebenso wie ein Ketten- und ein Schreitbagger. Es werden wahrscheinlich weitere Verstärkungen nachgefordert, die meisten von ihnen werden sich wohl morgen in Rosenheim treffen und von dort aus starten.

Im Audio: Trotz und Hilfsbereitschaft verdrängt Verzweiflung

Beschädigte Baufahrzeuge im überschwemmten Gebiet von Koruska
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Beschädigte Baufahrzeuge im überschwemmten Gebiet von Koruska

5.000 Feuerwehrleute in Österreich im Einsatz

Auch im Süden Österreichs bleibt nach verheerenden Niederschlägen die Gefahr von Hangrutschen groß. 5.000 Feuerwehrleute waren im Einsatz, unterstützt von Soldaten. Vor allem die Bundesländer Kärnten und Steiermark und teils Burgenland waren vom Unwetter betroffen.

In Zollfeld stürzte eine Person am Sonntag in den Hochwasser führenden Fluss Glan und konnte nur noch tot geborgen werden. Dutzende Häuser und Wohnungen mussten evakuiert werden, etwa in den Kärntner Gemeinden Brückl und Keutschach, weil Schlammlawinen durch das Abrutschen durchnässter Hänge drohten.

Gefahr an Flüssen in Kroatien, Polen und der Slowakei

In Kroatien waren die Pegelstände der aus Slowenien kommenden Flüsse gestiegen. Als besonders gefährdet galt am Sonntagabend das Dorf Mursko Sredisce an der Mur unmittelbar an der Grenze zu Slowenien. Auch in der im Nordosten Polens liegenden Stadt Olsztyn warnten Meteorologen davor, dass Flüsse in dieser Region wegen des andauernden Regens über die Ufer treten könnten.

Im zentralslowakischen Bezirk Roznava standen am Wochenende in einigen Dörfern Straßen, Gärten, Keller und Häuser unter Wasser. Das Slowakische Hydrometeorologische Institut (SHMU) sprach von einer angespannten Lage an den Flüssen. In Kezmarok im Norden des Landes drohte der Fluss Poprad über die Ufer zu treten. Im Nationalpark Slowakisches Paradies und in der hohen Tatra wurden mehrere Schluchten und Wanderwege für Besucher geschlossen.

Situation in Tschechien entspannt sich

In Tschechien hingegen hat sich nach den heftigen Regenfällen die Lage rascher entspannt als von Experten erwartet. An Elbe, Moldau und Oder lagen die Wasserstände am Montagvormittag im normalen Bereich, wie aus den Daten des staatlichen Instituts für Hydrologie und Meteorologie (CHMU) hervorging. Die Tendenz wurde als stabil oder fallend angegeben. An einer Messstation an der Wilden Adler im Nordosten des Landes nahe der Grenze zu Polen wurde die erste von drei Hochwasser-Warnstufen erreicht.

Mit Informationen von dpa.

Im Video: Nach Überschwemmungen fangen mancherorts die Aufräumarbeiten an

Flutkatastrophe in Slowenien
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Zerstörte Häuser in Slowenien

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