Kissing bei Augsburg, 26.08.23: Reste eines vom Sturm zerstörten Festzeltes liegen am Ortsrand.
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Kissing bei Augsburg, 26.08.23: Reste eines vom Sturm zerstörten Festzeltes liegen am Ortsrand.

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Massive Unwetter in Südbayern: Kurz vor der Katastrophe

Böen reißen ein Festzelt um, ein Altenheim muss bis in die Nacht evakuiert werden und ein Baukran kracht in ein Haus: Starkregen, Sturmböen und Hagelkörner haben in Südbayern zu Verwüstungen geführt. Mehrere Menschen wurden verletzt, teils schwer.

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Es ist schon nach Mitternacht, da schieben die Feuerwehrleute noch immer alte Menschen hinaus in die Nacht. In Rollstühlen und Betten bringen sie die Bewohner eines Altenheims südlich von Augsburg in Sicherheit, nachdem ein heftiges Unwetter das Flachdach des Heims hinweggefegt und Trümmer in parkende Autos geweht hatte.

Altenheim-Bewohner müssen in Mehrzweckhalle übernachten

"Das trifft die Feuerwehrleute sehr, wenn es einzelne Ortschaften so trifft", sagt der Feuerwehrsprecher des Landkreises Aichach-Friedberg, der vor dem Heim in Kissing steht. Die Einsatzkräfte bemühen sich, die alten Menschen zu beruhigen, die Situation so unaufgeregt wie möglich zu klären. Vorübergehend kommen die Bewohner bei Angehörigen oder in anderen Heimen unter, viele müssen aber die Nacht in einer Mehrzweckhalle verbringen.

Zwölf Menschen werden verletzt

Während mit einem Kran noch in der Nacht Holzplatten auf das Heim gehoben werden, um das fehlende Dach notdürftig zu ersetzen, liegt etwa zweihundert Meter entfernt eine weiße Plane im Halbdunkel. Sie ist Teil eines Festzelts, das die Dorfjugend am Vorabend aufbauen wollte.

Doch dann kam der Sturm. Und nach allem, was man bisher weiß, haben die Böen die Zeltplane weggerissen. Zwölf Menschen wurden verletzt. Sechs davon so schwer, dass sie in umliegende Kliniken gebracht werden mussten. Wie es genau zu dem Unglück kam, muss noch geklärt werden. Offenbar versuchten einige, das Zelt festzuhalten und verletzten sich dabei.

Betrieb einer Kita steht auf der Kippe

Zu mindestens 260 Einsätzen mussten die Feuerwehren allein im Landkreis Aichach-Friedberg ausrücken. Keller mussten ausgepumpt werden, Bäume weggeräumt werden. Hagel beschädigte Dachfenster. Einige Bäume stürzten auf geparkte Autos.

Auch die Kita "Spielarche" wurde offenbar so schwer beschädigt, dass der Betrieb am Montag auf der Kippe steht. Angesichts der Ereignisse rief der Landkreis eine "Großschadenslage" aus, die nur eine Stufe unter dem Katastrophenfall liegt.

ÖPNV in Augsburg zwischenzeitlich stillgelegt

In Augsburg, wo am Samstag das Volksfest Plärrer begonnen hat, stand der öffentliche Personennahverkehr zeitweise still. Inzwischen läuft der Verkehr aber wieder.

Rund um den Festplatz des Plärrers herrschten zwischendurch chaotische Zustände. Wegen des heftigen Regens strömten die Menschen am Abend vom Gelände. Andere zogen sich in die beiden Bierzelte zurück.

Hagelkörner wie Tennisbälle zerschlagen Fenster

Auch in Oberbayern wüteten am Samstag schwere Gewitter. Von Bad Tölz bis Garmisch-Partenkirchen hinterließen Starkregen und orkanartige Böen laut dem Polizeipräsidium Oberbayern Süd teilweise eine Schneise der Verwüstung – unter anderem durch Hagelkörner in der Größe von Tennisbällen. Der Hagel durchschlug viele Fahrzeugscheiben. In Benediktbeuern waren mehrere Straßen überflutet. Sie konnten teilweise nur einspurig befahren werden. Auch Ampeln fielen aus.

In Bad Bayersoien im Landkreis Garmisch-Partenkirchen wurde der ganze Kurort verwüstet. Um die 150 Dächer wurden schwer beschädigt, teilweise ist kein Dachziegel mehr an seinem Platz. Auch hier wurde die Vorstufe zum Katastrophenfall ausgerufen, um überregionale Einsatzkräfte und Gerätschaften zu ordern. Die Hagelkörner waren bis zu zehn Zentimeter groß. PV-Anlagen wurden durchlöchert, die B23 bei Bad Baiersoien ist immer noch komplett gesperrt.

Autobahn stundenlang gesperrt

Weil Äste die Fahrbahn blockierten, musste auch die Autobahn A95 zwischen den Anschlussstellen Iffeldort und Eschenlohe für einige Stunden gesperrt werden. Bis spät in die Nacht wurden Fahrzeuge von den Autobahn-Parkplätzen geschleppt.

Kaputte Fenster, vollgelaufene Keller und umgestürzte Bäume beschäftigen auch die Einsatzkräfte südlich von Ingolstadt. Nach Aussagen des Polizeipräsidiums Oberbayern Nord war insbesondere rund um Pfaffenhofen an der Ilm und Freising eine gute halbe Stunde lang "Land unter". Laut grober Schätzung habe man in der Zeit um die hundert Einsätze gehabt. Im Raum München blieb es laut Feuerwehr bei kleineren Einsätzen.

Riesiger Kran stürzt auf Haus

Aufgrund von heftigen Windböen stürzte in dem Ort Kammer, sechs Kilometer nördlich von Traunstein, an einer Baustelle ein riesiger Kran um. Der Ausleger traf unter anderem ein Wohnhaus und beschädigte das Dach schwer. Verletzt wurde niemand. Auf dem Rosenheimer Herbstfest stand das Festzelt unter Wasser.

Unwetterbedingt kommt es auf den Straßen örtlich weiterhin zu Behinderungen. Im Münchner S-Bahnverkehr ist weiter die Linie S2 zwischen Erding und Altomünster gesperrt. Ein Ersatzverkehr ist eingerichtet. Auf der Linie S6 ist die Strecke zwischen Gauting und Tutzing wegen Unwetterschäden bis voraussichtlich Montag gesperrt. Und auf der S6 Richtung Ebersberg fahren die S-Bahnen wegen Reparaturarbeiten im 60-Minuten-Takt.

Der Regen in Bayern hält zunächst noch an. Nur in Teilen Unterfrankens sowie im äußersten Südosten wird es etwas freundlicher. Es gilt weiter eine Unwetterwarnung des Deutschen Wetterdienstes vor heftigem Stark- und Dauerregen für das südliche Schwaben und Oberbayern.

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