Von links nach rechts: Erzpriester Radu Constantin Miron; Erzbischof von Uppsala, Martin Modeus, EKD-Ratsvorsitzende Praeses Annette Kurschus; Bischof Emmanuel von Christoupolis;
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Mit einem Gottesdienst in Ulm begannen am 12.11.2023 die viertägigen Beratungen der Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD).

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EKD-Synode: Die evangelische Kirche und der Krieg in Nahost

Appelle zu mutigem Eintreten gegen Antisemitismus und einem humanen Umgang mit Flüchtlingen: Die Synodentagung der evangelischen Kirche steht unter dem Eindruck des Krieges in Nahost. Es ist nur eines von vielen schwierigen Themen bei dem Treffen.

Über dieses Thema berichtet: BR24 im Radio am .

In Ulm tagt seit dem heutigen Sonntagvormittag die Synode, das Kirchenparlament der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD). Auch diese Tagung steht unter dem Eindruck des Krieges in Israel und Gaza. Der wachsende Judenhass macht auch der EKD Sorgen. In seiner Eröffnungspredigt bekräftigte der württembergische Landesbischof Ernst-Wilhelm Gohl das klare "Nein" der evangelischen Kirche zu jedem Antisemitismus. Auch die EKD-Ratsvorsitzende, Annette Kurschus, forderte von Christinnen und Christen mehr Anstrengungen im Kampf gegen Antisemitismus.

EKD-Ratsvorsitzende: Juden können auf die Kirchen zählen

Nicht nachlassen in der Unterstützung jüdischer Gemeinden, nachlegen müsse die evangelische Kirche, forderte Kurschus. Jüdinnen und Juden in Deutschland dürften "nicht den Hauch eines Zweifels haben, dass sie auf die Kirchen zählen können".

Die Vorsitzende der EKD-Synode, die Regensburgerin Anna-Nicole Heinrich, forderte ihre Kirche auf, sich den gesellschaftlichen Schulterschluss gegen Judenhass zu suchen: "Es darf keine unheimliche Stille geben. Wir müssen Stellung beziehen. Denn Antisemitismus darf nirgendwo Platz haben. Als evangelische Kirche stehen wir an der Seite der Jüdinnen und Juden. Und auch wir müssen unseren Worten nun Taten folgen lassen."

Kurschus warnt auch vor antimuslimischen Ressentiments

Selbstkritische Worte zum Auftakt der Synode fand die Ratsvorsitzende Annette Kurschus. Antisemitismus keime auch in der Mitte der Kirche, auch unter Kirchenmitgliedern. Kurschus kritisierte in ihrem Bericht an die Synode auch den sogenannten importierten Judenhass: Sie sei entsetzt, dass Menschen nach dem Überfall der Hamas am 7. Oktober "auf den Straßen tanzten und sangen und die grauenhaften Morde versüßten".

Aber: "Lasst uns dabei dem antimuslimischen Ressentiment widerstehen! Auch das unbedingt." Sie habe ungezählte Zuschriften bekommen, die sinngemäß lauten: 'Sie wollen massenhaft Leute ins Land lassen, die hier gegen die Juden hetzen. Schämen Sie sich!' "So tarnt sich unverschämter Hass auf Muslime als Israelfreundlichkeit", betonte Kurschus.

Scharf kritisierte sie zudem den Ton in der Debatte über die Flüchtlingspolitik. Es werde von "Zahlen" gesprochen, die "runter gehen müssen", als ginge es "um eine mittelschwere Matheaufgabe". "Wer von Migration redet, redet von Menschen", sagte Kurschus in Ulm. Sie lasse sich "Barmherzigkeit nicht ausreden".

Keine einheitliche Linie zu Krieg in Israel und Gaza

Kontroverser wird in der Evangelischen Kirche über den Krieg im Nahen Osten diskutiert: Die Kirche ist hin- und hergerissen. Auf der einen Seite die Solidarität mit den jüdischen Gemeinden und Israel. Auf der anderen Seite das Leid der palästinensischen Zivilbevölkerung, darunter auch Christinnen und Christen.

Vor dem Tagungsgebäude in Ulm forderte eine kleine Gruppe einen "sofortigen Waffenstillstand in Gaza". Unter den Demonstrantinnen und Demonstranten war die ehemalige Bundestagsabgeordnete der Linken, Heike Hänsel: "Es ist eine katastrophale Situation. Wir brauchen einen sofortigen Waffenstillstand. Und das gilt für alle Seiten", forderte sie. Die Kirche habe die Funktion, für Vermittlung, für Friedenslösungen einzutreten. "Da war sie immer eine starke Stimme in der Bundesrepublik. Diesen Kurs hat sie längst verlassen."

Kurschus will sich in ihrer Empathie nicht auf eine Seite festlegen. Es sei töricht, die Solidarität mit Israel und das Mitleid für die palästinensischen Opfer in ein "Entweder-oder" zu zwingen. "Es ist keine Entsolidarisierung mit Israel, völkerrechtliches Augenmaß, humanitäre Maßnahmen zum Schutz der Zivilbevölkerung zu fordern. Die politisch Handelnden müssen alles dafür tun, sichere Zonen und Zeiten zu schaffen und die Menschen mit dem Lebensnotwendigen zu versorgen."

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