Kardinäle in ihren roten Roben.
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Kardinäle stehen in der Rangfolge der katholischen Kirche direkt unter dem Papst.

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Die Männer in der zweiten Reihe: Papst ernennt neue Kardinäle

Papst Franziskus wird heute 21 neue Kardinäle ernennen. Ein Deutscher ist nicht dabei, denn als Lateinamerikaner hat Franziskus eher andere Erdteile im Fokus. Wer die Neuen sind und welche Aufgaben sie erwarten.

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Papst Franziskus wird am heutigen Samstag 21 neue Kardinäle ernennen. Damit steigt die Zahl der Kardinäle auf 242. Ob die rot glänzende Seide für ihre Roben reichen wird, da ist sich Gabriele Barbiconi noch nicht ganz sicher. Er ist Miteigentümer eines Herrenausstatters in Rom und fertigt auch Roben für Priester, Bischöfe und Kardinäle. Zu seinen Gästen zählen viele Kleriker, die nun ein neues Gewand brauchen. Der Stoff ist nicht eingefärbt, sondern aus rotem Seidengarn gewebt, erklärt Barbiconi. Nur wenige Meter könne er derzeit auf dem Markt ergattern. Prominentester Kunde war einst Papst Benedikt.

Zahl der Katholiken steigt weltweit, nur nicht in Europa

Ob das Geschäft auch in Zukunft gut läuft? Zwar steigt weltweit die Zahl der Katholiken, aber in Europa sinken die Mitgliederzahlen. 46 Prozent der Kardinäle sind Europäer, obwohl von den rund 1,4 Milliarden Katholiken auf der Erde nur 550 Millionen - 39 Prozent - in Europa leben. Im Vergleich zu anderen Regionen sind die Europäer somit überrepräsentiert. 504 Millionen - 36 Prozent - Katholiken gibt es in Lateinamerika, trotzdem stammen nur 17 Prozent der Kardinäle von dort. Am deutlichsten wird der Unterschied, wenn man einen Blick auf die Italiener wirft: 48 Millionen italienische Katholiken werden nun von 50 Kardinälen vertreten. Brasilien dagegen stellt sieben Kardinäle, obwohl dort fast drei Mal so viele Katholiken leben wie in Italien.

Sechs Deutsche gehören derzeit dem Kardinalskollegium an. Würde Papst Franziskus demnächst zurücktreten oder sterben, dürften aber nur drei davon an einer Papstwahl teilnehmen: Der Münchner Erzbischof Kardinal Reinhard Marx, sein Kölner Kollege Rainer Maria Woelki und Gerhard Ludwig Müller, bis 2017 Präfekt der Glaubenskongregation. Diese drei Männer dürfen deshalb mitwählen, weil sie noch keine 80 Jahre alt sind. Die anderen deutschen Kardinäle, Walter Brandmüller, Paul Josef Cordes, Walter Kasper und Friedrich Wetter haben die Altersgrenze bereits überschritten.

München und Köln waren bisher "sichere" Kardinalssitze

Die Erzbistümer in München und Köln sind traditionell "sichere" deutsche Kardinalssitze. Berlin und Mainz gingen zuletzt leer aus. Das katholische Erzbistum Berlin, traditionell ein Diaspora-Bistum, weil dort überwiegend Protestanten leben, verdankte seine kirchenpolitische Bedeutung nach dem Zweiten Weltkrieg vor allem der weltpolitischen Lage im Ost-West-Konflikt. Für das Bistum in Mainz war zuletzt die Persönlichkeit des Bischofs ausschlaggebend. Karl Lehmann, damals Vorsitzender der deutschen Bischofskonferenz beispielsweise wurde 2001als Bischof von Mainz von Papst Johannes Paul II. zum Kardinal ernannt.

Es gab aber auch Jahrhunderte ganz ohne deutsche Kardinäle. Im 15. Jahrhundert beendete erst die Berufung von Nikolaus von Kues (1401-1464) und Peter von Schaumberg (1388-1469) eine lange Durststrecke der Entfremdung zwischen Rom und den Deutschen. Nach einer Hoch-Zeit im 19. und 20. Jahrhundert ist die Zahl der deutschen Kardinäle und Papstwähler aktuell wieder rückläufig. Der Münchner Reinhard Marx ist seit 2010 Kardinal. Bis zur Ernennung von Rainer Maria Woelki 2012 war Marx jüngstes Mitglied des Kardinalskollegiums. Gerhard Ludwig Müller, bis 2017 Präfekt der Glaubenskongregation, war 2014 Kardinal geworden.

Europäer sind im Kardinalsgremium überrepräsentiert

Als erster Südamerikaner auf dem Stuhl Petri fördert Franziskus weniger die traditionsreiche Kirche in Europa. Seit Mitte September ist beispielsweise Victor Manuel Fernández, ein Argentinier, Leiter der Glaubenskongregation und damit oberster Glaubenshüter. Der 61-jährige Theologe war zuvor Erzbischof von Plata und gilt seit Jahren als der wichtigste Ghostwriter von Papst Franziskus bei theologischen Themen. Auch er wird am Samstag Kardinal. Fernández ist einer von drei neuen argentinischen Kardinälen. Unter den 21 Neuen sind auch drei Afrikaner und zwei Asiaten. Denn die Mitgliederzahlen der Katholiken in Asien, Afrika und Südamerika steigen, während sie in europäischen Ländern sinken.

Anders als Bischof oder Priester ist Kardinal keine Amtsbezeichnung, sondern Kardinal ist ein Ehrentitel. Deshalb bleibt beispielsweise Friedrich Wetter weiterhin Kardinal, auch wenn er als Erzbischof schon im Ruhestand ist. Anders als viele denken, muss man nicht Bischof oder Erzbischof sein, um Kardinal werden zu können. Offiziell reicht es, Priester zu sein und wenn man sich "in Glaube, Sitte, Frömmigkeit sowie Klugheit in Verwaltungsaufgaben auszeichnet". Im Prinzip kann der Papst daher frei entscheiden, wen er zum Kardinal ernennt. Trotzdem haben sich über die Jahrhunderte Traditionen etabliert: So wie die Erzbischöfe von München und Köln werden auch traditionell die kirchlichen Oberhäupter von Florenz und Mailand zu Kardinälen ernannt.

Kardinalsgremium hat sich in 80 Jahren mehr als verdreifacht

Noch im späten 19. Jahrhundert bestand das Kardinalsgremium ausschließlich aus Europäern. 1875 machte Papst Pius IX. mit dem Erzbischof von New York, John McCloskey, zum ersten Mal einen Amerikaner zum Kardinal. Seit Papst Pius XII. wurden regelmäßig Kardinäle ernannt, die keine Europäer waren. Und das Kardinalgremium hat sich in den vergangenen 80 Jahren fast vervierfacht. 1939 bestand es noch aus 62 Kardinälen, seit heute sind es 242.

Egal aus welchem Land die Kardinäle nun stammen, im Kardinals-Gewand schauen sie alle gleich aus. Im Vergleich zur Bischofsrobe unterschiedet es sich nur in der Farbe. Das Soutanen und die Chorhemden müssen zwingend in einem speziellen Rot leuchten, das fast schon ins Orangene geht. Die rote Farbe symbolisiert die Treue zum Papst bis hin zum Blutvergießen. Immerhin stehen die Kardinäle in der Hierarchie direkt unter dem Papst.

Das Problem bei den Gewändern ist nun, dass die rote Seide seit der Corona-Pandemie nur noch schwer zu bekommen ist. Der wichtigste Stofflieferant von Herrenausstatter Barbiconi in Rom hat damals zugemacht. Etwa 2.000 Euro müssen neue Kardinäle für ihre Garderobe berechnen – Accessoires wie Scheitelkäppchen, Birett und Schärpe noch nicht einkalkuliert.

Herrenschneider über die Kardinäle: "Es sind eben Menschen"

Auch dem Schneider fällt auf: Die neuen Kardinäle kommen aus vielen unterschiedlichen Teilen der Erde. Der letzte seiner Auftraggeber sei erst Ende August zum Maßnehmen in Rom gewesen. Anders als bei Priestern wird die Ausstattung eines Kardinals vollständig von Hand hergestellt. Wegen der geringen Mengen würde sich eine Massenproduktion in Kardinalsrot kaum lohnen. In der Regel findet die letzte Anprobe im Laden statt. Manche Würdenträger kämen allein, andere brächten befreundete Priester oder ihren Sekretär mit und machten dann ein Erinnerungs-Selfies in ihrer ersten Kardinalsrobe: Barbiconi meint: "Es sind eben Menschen."

In einer Zeremonie auf dem Petersplatz hat Franziskus 21 Geistliche in das Kardinalskollegium aufgenommen.
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In einer Zeremonie auf dem Petersplatz hat Franziskus 21 Geistliche in das Kardinalskollegium aufgenommen.

Mit Informationen der KNA

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