Der türkische Massengutfrachter "Tq Samsun", der im Rahmen der Getreide-Initiative mit ukrainischen Agrarprodukten beladen wurde, verlässt den Hafen von Odessa in der Südukraine.
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China drängt Russland zu Getreideabkommen mit Ukraine

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China drängt Russland zu Getreideabkommen mit Ukraine

Mehr Hungersnöte in armen Ländern - das ist die große Sorge, nachdem Russland den Getreide-Deal mit der Ukraine aufgekündigt hat. Im UN-Sicherheitsrat haben nicht nur Entwicklungsländer und der Westen Druck auf Russland gemacht, sondern auch China.

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Nach dem das Getreideabkommen mit der Ukraine nicht weiter läuft, befürchten die Vereinten Nationen weltweit mehr Hungersnöte. Russland ist im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen jetzt nicht nur von den Entwicklungsländern und den westlichen Staaten, sondern auch von seinem Verbündeten China unter Druck gesetzt worden, das Getreideabkommen wiederaufzunehmen und damit eine weltweite Nahrungsmittelkrise abzuwenden. Die ukrainischen Getreidelieferungen müssten rasch wieder möglich gemacht werden, hieß es.

China setzt Russland unter Druck

Der stellvertretende Ständige Vertreter Chinas bei den Vereinten Nationen, Geng Shuang, hat im UN-Sicherheitsrat eine baldige Wiederaufnahme der Ausfuhren von Getreide und Düngemitteln aus Russland und der Ukraine gefordert. Er sprach von einer ausgewogenen Lösung für die berechtigten Anliegen aller Parteien.

Geng verwies auf die Zusage des UN-Generalsekretärs António Guterres, alles zu tun, um sicherzustellen, dass sowohl ukrainisches Getreide als auch russische Lebensmittel und Düngemittel auf die Weltmärkte gelangen. Er äußerte die Hoffnung, dass Russland und die Vereinten Nationen zusammenarbeiten werden, um die Exporte aus beiden Ländern zu einem frühen Zeitpunkt wieder aufzunehmen.

Ziel sei es, die internationale Ernährungssicherheit zu erhalten und die Nahrungsmittelkrise insbesondere in den Entwicklungsländern zu lindern, so Geng. Die US-Botschafterin Linda Thomas-Greenfield rief den Sicherheitsrat und alle 193 UN-Mitgliedsstaaten auf, sich zusammenzuschließen und Russland zur Wiederaufnahme der Verhandlungen zu drängen.

Entwicklungsländer beklagen bereits Auswirkungen

Nach Angaben mehrerer Entwicklungsländer hat der Stopp der ukrainischen Getreidelieferungen bereits zu einem Anstieg der Weizenpreise geführt. So erklärte der gabunische UN-Botschafter Michel Biang, das Abkommen habe einen Anstieg der Getreidepreise verhindert und die Gefahr einer unsicheren Ernährungslage am von der Dürre betroffenen Horn von Afrika und in anderen Regionen gemildert.

Er rief zu Gesprächen auf, um eine humanitäre Krise zu vermeiden. Mosambiks UN-Botschafter Pedro Afonso sagte, Russlands Vorgehen werde die globalen sozioökonomischen Spannungen in einer Welt, die bereits mit einem perfekten Sturm von Konflikten, Klimawandel und einem Vertrauensverlust in multilaterale Lösungen zu kämpfen habe, mit Sicherheit verstärken.

Russland auch wegen Angriffen in Odessa in der Kritik

Thema bei den Vereinten Nationen und den Ratsmitgliedern waren auch die russischen Angriffe auf ukrainische Häfen, bei denen auch die Hafeninfrastruktur zerstört wurde. Dabei verbietet das Völkerrecht Angriffe auf zivile Infrastruktureinrichtungen. Als Reaktion darauf, dass Russland weite Gebiete im Schwarzen Meer als gefährlich für die Schifffahrt erklärt hat, warnten die UN, dass ein militärischer Zwischenfall im Meer "katastrophale Folgen" haben könne.

Die US-Botschafterin Linda Thomas-Greenfield warf Russland vor, das Schwarze Meer als "Erpressungsinstrument" zu nutzen und politische Spielchen zu treiben. Ihren Worten nach liegen den USA Informationen vor, wonach Russland zusätzliche Seeminen in den Zufahrten zu ukrainischen Häfen verlegt habe und dass das russische Militär möglicherweise zivile Schiffe im Schwarzen Meer angreifen und der Ukraine die Schuld für diese Angriffe geben werde.

Schifffahrtindustrie steht für Lieferungen bereit

Die Schifffahrtsindustrie würde die Lieferungen wieder aufnehmen, wenn das Risiko abschätzbar wäre, sagt John Stawpert von der Internationalen Schifffahrtskammer, die für 80 Prozent der weltweiten Handelsschifftonnage verantwortlich ist. Die Schifffahrt habe sich angesichts dieser Art von Risiken immer als sehr, sehr widerstandsfähig erwiesen.

Die Ukraine, die ebenso wie Russland ein wichtiger Lieferant von Weizen, Gerste und Pflanzenöl für Länder des globalen Südens ist, hat in diesem Jahr 32,9 Millionen Tonnen Getreide in die Welt geliefert und 80 Prozent des Weizens für die humanitäre Hilfe des Welternährungsprogramms bereitgestellt. Die Schifffahrtsindustrie braucht, um den Transport wieder aufzunehmen, Garantien der Kriegsparteien, dass Fracht und Besatzung sicher sind. Erst dann würden auch die Versicherer wieder einsteigen, meinen Experten.

Vor diesem unsicheren Hintergrund sei es unwahrscheinlich, dass die Versicherer dieses Risiko tragen wollen, teilte die International Union of Marine Insurance mit, die nationale und internationale Seeversicherer vertritt.

Mit Informationen von dpa.

Ein UN-Beamter des Gemeinsamen Koordinierungszentrums bei einer Inspektion an Bord des Massengutfrachters "TQ Samsun" in Odessa
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Ein UN-Beamter des Gemeinsamen Koordinierungszentrums bei einer Inspektion an Bord des Massengutfrachters "TQ Samsun" in Odessa.

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