Containerschiff vor Odessa
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Containerschiff vor Odessa

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Russland droht mit Angriffen auf Schiffe im Schwarzen Meer

Das Getreideabkommen im Schwarzen Meer ist ausgelaufen. Nun warnt Russland, den bisherigen Exportkorridor weiter zu nutzen - Schiffe würden als mögliche Gegner eingestuft. Die Ukraine fordert unterdessen mehr Panzer sowie Kampfflugzeuge vom Westen.

Über dieses Thema berichtet: BR24 im Radio am .

Nach dem Ende des Abkommens über die Ausfuhr ukrainischen Getreides will Russland Schiffe in den betroffenen Gebieten des Schwarzen Meeres als mögliche Gegner einstufen. Ab Donnerstag (Mittwoch, 23.00 Uhr MESZ) würden die Schiffe als "potenzielle Träger militärischer Fracht" gewertet, teilte das Verteidigungsministerium in Moskau mit. Zudem würden Länder, unter deren Flagge Frachtschiffe auf dem Weg in ukrainische Häfen fahren, künftig als Konfliktparteien auf Seiten Kiews gewertet, hieß es in der Mitteilung.

Es sei eine Warnung an die Schifffahrt herausgegeben worden im Zusammenhang mit dem Ende der Schwarzmeer-Initiative. Demnach seien Bereiche des Nordwestens und des Südostens der internationalen Gewässer des Schwarzen Meeres als gefährlich für die Schifffahrt eingestuft worden, hieß es aus Moskau weiter.

Über mögliche Konsequenzen schweigt sich das Ministerium aus. Es bleibt offen, ob man die Schiffe festsetzen oder auch beschießen wird.

Odessa: Mehrere Verletzte - 60.000 Tonnen Getreide zerstört

Zuvor hatte Russland die südukrainische Hafenstadt Odessa die zweite Nacht in Folge mit Raketen und Drohnen beschossen. Laut ukrainischem Landwirtschaftsministerium wurden dabei im benachbarten Hafen Tschornomorsk 60.000 Tonnen Getreide zerstört. Laut Staatsanwaltschaft wurden mindestens zehn Menschen verletzt, darunter ein neunjähriger Junge.

Nach Angaben des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj hat Moskau gezielt Standorte für den Getreideexport angegriffen. Moskau habe "absichtlich die Infrastruktur des Getreideabkommens ins Visier genommen", erklärte Selenskyj im Onlinedienst Telegram. Die russische Armee erklärte dagegen, die nächtlichen Angriffe hätten militärische Einrichtungen zum Ziel gehabt. Die russischen Streitkräfte hätten "militärisch-industrielle Anlagen, Infrastruktur für Treibstoff und Munitionsdepots der ukrainischen Streitkräfte in der Nähe der Stadt Odessa" angegriffen. In Odessa vermutet Russland auch die Kommandozentrale für Angriffe auf die Brücke zwischen der besetzte Halbinsel Krim und dem russischen Festland.

Karte: Die militärische Lage in der Ukraine

Moskau ließ Getreideabkommen auslaufen

Begleitet von großer internationaler Kritik hatte der Kreml zuvor das Getreideabkommen mit der Ukraine auslaufen lassen. Mithilfe der Vereinbarung, die im Juli 2022 unter Vermittlung der Vereinten Nationen und der Türkei zustande kam, konnten in den vergangenen Monaten trotz des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine fast 33 Millionen Tonnen Getreide auf dem Seeweg ins Ausland exportiert werden. Russland begründete sein Vorgehen mit eigenen Forderungen, die angeblich nicht erfüllt worden seien.

Das Auslaufen des Abkommens wurde international beklagt. Es weckt wieder Befürchtungen vor steigenden Preisen für Getreide und Lebensmittel. Insbesondere ärmere Länder in Afrika sind auf ukrainisches Getreide angewiesen. Der Leiter des Präsidialamtes in Kiew erklärte: "Der russische Terror bei Odessa beweist ein weiteres Mal: Sie brauchen Hunger und Probleme in den Ländern des Globalen Südens. Sie möchten eine Flüchtlingskrise für den Westen schaffen."

Putin: Rückkehr nur zu Moskaus Bedingungen

Inzwischen hat Kremlchef Wladimir Putin eine Wiederaufnahme des Getreideabkommens nicht ausgeschlossen - allerdings nur unter russischen Bedingungen. Moskau sei vom Westen ursprünglich die Erfüllung mehrerer Forderungen zugesichert worden, sagte Putin am Mittwoch der Agentur Interfax zufolge bei einem Treffen mit Regierungsvertretern. "Sobald alle diese Bedingungen, auf die wir uns früher geeinigt haben, erfüllt sind (...), werden wir sofort zu diesem Abkommen zurückkehren." Moskau behauptet, westliche Staaten hätten angeblich die zugesicherten Erleichterungen für russische Dünge- und Nahrungsmittelexporte nicht ausreichend umgesetzt.

Kiew fordert Schwarzmeer-Patrouille und mehr Waffen

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj forderte zuletzt, die Exporte auch ohne russische Zustimmung in Zusammenarbeit mit den Vereinten Nationen und der Türkei fortzusetzen. Darüber hinaus bemüht sich Kiew nach Angaben des Präsidentenberaters Michailo Podoljak um eine gemeinsame Militärpatrouille von Schwarzmeer-Anrainern wie Bulgarien und der Türkei, um seine Getreideexporte fortsetzen zu können.

Podoljak forderte auch weitere Unterstützung aus dem Westen, um die Gegenoffensive zur Rückeroberung russisch besetzter Gebiete erfolgreich fortführen zu können. Konkret verlangte der Präsidentenberater "200 bis 300 gepanzerte Fahrzeuge" sowie "60 bis 80 F-16-Kampfjets, um den Luftraum gut abzuriegeln".

Im Video: Erneut nächtliche Angriffe auf Odessa

Ein Lagerhaus nach dem nächtlichen Raketenangriff.
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Ein Lagerhaus nach dem nächtlichen Raketenangriff.

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