Ein Polizeibeamter begleite einen Abgeschobenen beim Rückflug
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Nicht immer klappen Abschiebeflüge, etwa weil der Betroffene untergetaucht ist - das "Rückführungsverbesserungsgesetz" soll das ändern.

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Bundestag beschließt Gesetz für schnellere Abschiebungen

Die Abschiebung abgelehnter Asylbewerber vereinfachen: Das ist das Ziel eines neuen Gesetzes, das der Bundestag am Donnerstagabend beschlossen hat. Gegenstimmen kamen aus der Opposition - und von Abgeordneten der Ampel-Parteien.

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Der Bundestag hat am Donnerstagabend für mehr und schnellere Abschiebungen von abgelehnten Asylbewerbern gestimmt. Mit Stimmen aus der Ampel-Koalition beschloss das Parlament den Gesetzentwurf von Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD).

Union und AfD stimmten gegen die Pläne, weil sie ihnen nicht weit genug gehen. Auch einige Abgeordnete der Grünen, denen die Verschärfung wiederum zu weit gehen, votierten bei der Abstimmung mit Nein.

Abschiebungen sollen seltener scheitern

In der Neuregelung vorgesehen sind mehrere Regelungen, die verhindern sollen, dass sich abgelehnte Asylbewerber einer zwangsweisen Rückführung entziehen. Denn: In der Vergangenheit waren Abschiebungen immer wieder daran gescheitert, dass die Betroffenen nicht mehr auffindbar waren.

Wer in Deutschland kein Bleiberecht habe, müsse das Land auch wieder verlassen, sagte Faeser. Das Gesetz werde "effektiv verhindern, dass Personen untertauchen und eine Abschiebung vereiteln". Künftig gebe es "klare Regeln", wie in Deutschland mit Menschen ohne Bleiberecht umgegangen werde, betonte die SPD-Politikerin.

Längerer Ausreisegewahrsam, mehr Durchsuchungsmöglichkeiten, keine Ankündigung

Das sogenannte Rückführungsverbesserungsgesetz umfasst rund 40 Einzelmaßnahmen: So wird der sogenannte Ausreisegewahrsam von 10 auf 28 Tage verlängert. Ziel ist, den Behörden mehr Zeit zu geben, um Ausweisungen vorzubereiten. Außerdem darf die Polizei künftig in einer Gemeinschaftsunterkunft auch andere Räume durchsuchen als den, in dem der Betroffene wohnt, um ihn zu finden. Solche Aktionen sollen vermehrt auch nachts erlaubt werden.

Und: Abschiebungen werden nicht mehr angekündigt - außer, es betrifft Familien mit Kindern im Alter bis zu zwölf Jahren. Mitgliedern krimineller Vereinigungen sollen leichter abgeschoben werden können. Auch die Strafen für Schleuser werden deutlich erhöht.

Die Regelung sieht zusätzlich niedrigere Leistungen für Asylbewerber vor. Gleichzeitig sollen aber Ausländer, die in einer Aufnahmeeinrichtung wohnen müssen, bereits nach sechs statt nach neun Monaten eine Beschäftigung aufnehmen können.

Seenotrettung wird nicht kriminalisiert

Um einige Punkte im ursprünglichen Gesetzentwurf hatte es in der Ampel-Koalition Ende des Jahres noch Streit gegeben: Vor allem die Grünen hatten Nachbesserungen gefordert - die FDP sich dagegen ausgesprochen. Kurz vor Weihnachten dann die Einigung.

So sieht das Gesetz nun vor, dass Minderjährige grundsätzlich nicht in Abschiebehaft oder Ausreisegewahrsam genommen werden sollen. Außerdem muss den Betroffenen für beides ein Pflichtverteidiger an die Seite gestellt werden. Mit den letzten Änderungen wurde zudem klargestellt, dass durch die Verschärfung der Schleuser-Paragrafen die Seenotrettung nicht kriminalisiert werden soll.

Flüchtlingshilfsorganisationen sehen dennoch Lücken und fürchten Bestrafung. Auch einige Grüne hatten am Tag vor der Abstimmung erneut Zweifel geäußert, ob der Schutz der Seenotretter vor strafrechtlicher Verfolgung ausreichend gesichert ist. Der rechtspolitische Sprecher der Grünen-Fraktion, Helge Limburg, stellte daher eine erneute "Klarstellung" für den Fall juristischer Unsicherheiten in Aussicht

CDU: Keine Lösung der Migrationskrise

In der Bundestagsdebatte kam Kritik an den Verschärfungen aus der Opposition: Der CDU-Abgeordnete Christoph de Vries nannte das Gesetz einen "Rohrkrepierer". Damit werde die Migrationskrise "nicht ansatzweise" gelöst. Er forderte mehr Befugnisse der Bundespolizei und schärfere Folgen für Verstöße bei der Identitätsfeststellung.

Die Linken-Abgeordnete Clara Bünger bemängelte, das Gesetz enthalte massive Eingriffe in Grund- und Freiheitsrechte. Die AfD wies die Regelung grundsätzlich zurück.

Zahl der Abschiebungen zuletzt gestiegen

Schon im vergangenen Jahr sind laut Bundesinnenministerium deutlich mehr abgelehnte Asylbewerber abgeschoben worden - nämlich mehr als 16.400 Menschen. Den Angaben nach ist das ein Plus von 27 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Mit dem neuen Gesetz werde sich dieser Trend weiter beschleunigen, bekräftigte Faeser im Bundestag erneut. Die Bundesregierung erwartet, dass mit der Neuregelung etwa 600 Menschen zusätzlich abgeschoben werden.

Allerdings: Vor der Corona-Pandemie hatte die Zahl der jährlichen Abschiebungen bei mehr als 20.000 gelegen.

Mit Informationen von dpa, AFP, epd, KNA und Reuters

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