So ein bisschen Bargeld unterm Kopfkissen - viele Menschen schlafen dann besser. Künftig könnte nur die Frage sein: Wo wird man das noch los?
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So ein bisschen Bargeld unterm Kopfkissen - viele Menschen schlafen dann besser. Künftig könnte nur die Frage sein: Wo wird man das noch los?

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Darum dürfte es das Bargeld noch eine Weile geben

Werden im Jahr 2037 überhaupt noch Münzen und Scheine im Umlauf sein? Auf jeden Fall, meint die Bundesbank, die dazu eine Studie veröffentlicht hat. Aber es könnte bis dahin zu einer Seltenheit geworden sein.

Über dieses Thema berichtet: Wirtschaft am .

Wird es 2037 überhaupt noch Bargeld in Deutschland geben? Auf jeden Fall, meint die Bundesbank, die dazu eine Studie veröffentlicht hat. Aber es könnte dann schon zu einer Seltenheit geworden sein.

Bislang geben mehr als 90 Prozent der Menschen in Deutschland an, dass sie gerne selbst entscheiden wollen, welches Zahlungsmittel sie wählen. In einem Szenario der Bundesbank-Studie wird das in den 2030er-Jahren aber kaum noch möglich sein, weil digitale Angebote dann noch viel stärker dominieren als heute.

Bargeld-Versorgung von mehreren Faktoren abhängig

Um Bargeld im Umlauf zu halten, ist die Bundesbank nämlich sehr auf die Zusammenarbeit mit den Geschäftsbanken angewiesen. Die aber zeigen ihrem Ober-Geldhaus diesbezüglich zunehmend die kalte Schulter und schränken den Bargeldverkehr immer stärker ein. Denn sobald es sich für die Geschäftsbanken finanziell nicht mehr lohnt, vor Ort zu sein, gibt es auch immer weniger Geldautomaten.

Schon jetzt sind hier Ausweichtendenzen zu beobachten: Viele Menschen versorgen sich in Supermärkten mit Bargeld, indem sie dort an der Ladenkasse Geld abheben. Doch auch die Märkte sind zu dieser Dienstleistung nicht verpflichtet. Und sollten die irgendwann aus Kostengründen kein Bargeld mehr akzeptieren, dann würden sie wohl ebenfalls den Bargeld-Service an der Kasse einstellen.

Die Nachteile des Bargelds liegen aus Sicht der Banken also auf der Hand: Nicht nur, weil sie abhängig sind von Geschäftspartnern, sondern auch, weil das sogenannte Handling von Banknoten und vor allem von Geldmünzen für sie mühsam und unattraktiv ist. Ein weiterer Punkt ist die Geldschöpfung. Die zu überblicken ist weit komplizierter und vor allem unsicherer, als sich Beträge digital gutschreiben zu lassen.

Bargeld gilt als Stabilisator

Andererseits ist das Bargeld für die Bundesbank als Währungshüterin eine ihrer Kernkompetenzen. Es gilt als Stabilisator in Krisenzeiten. Außerdem hat sie als institutionelles Organ die Aufgabe, den Kreislauf des Geldes zu verfolgen und dessen Menge auch direkt zu kontrollieren. Alle Banknoten und Münzen werden in den Filialen der Bundesbank gesichtet, bei Beschädigung notfalls aussortiert und dann wieder über die Geschäftsbanken erneut in Umlauf gebracht. Ohne Bargeld würde die Bundesbank diese zentrale Aufgabe verlieren.

Der Rechtsanspruch, dass Bargeld in Deutschland das einzige gesetzliche Zahlungsmittel ist, bleibt formal zwar bestehen. Nur einlösen lässt sich dieser Anspruch immer seltener. So kommt es inzwischen häufig vor, dass eine Barzahlung nicht mehr akzeptiert wird, oder beschränkt ist auf kleinere Banknoten.

Bundesbank macht drei Zukunfts-Szenarien auf

Angesichts all dieser Entwicklungen macht die Bundesbank in ihrer Zukunfts-Studie mehrere Szenarien auf. Eines davon bezeichnet sie als die "Die hyperdigitale Bezahlwelt". Es beschreibt eine Welt, in der Bargeld aus dem Alltag der meisten Menschen beinahe verschwunden ist. Es gibt da nur noch wenige Bankfilialen oder Geldautomaten, und auch das Geldabheben an der Ladenkasse ist nicht mehr möglich, da man im Handel kaum noch bar bezahlen kann.

Ein moderateres Zukunftsbild entwirft die Bundesbank-Studie in dem Szenario "Die Bezahlwelt in der Bargeld-Renaissance". Darin wird eine teilweise Rückbesinnung auf das Bargeld und seine Vorzüge beschrieben. Die Bargeldnutzung ist in diesem Szenario zunächst gesunken, stabilisiert sich aber in den 2030er-Jahren. Das dritte Szenario nennt die Bundesbank "Die verschwindende hybride Bezahlwelt". Hier hinge es stark von den Lebensumständen der Menschen ab, inwiefern sie einen Nutzen im Bargeld sehen.

Aber: "In keinem Zukunftsszenario verschwindet das Bargeld komplett", erläutert Bundesbankvorstand Burkhard Balz. Doch in zwei von drei Bezahlwelten wären der Zugang zu Bargeld und die Akzeptanz nicht voll gewährleistet. Damit wäre die Wahlfreiheit praktisch nicht gegeben und die Stabilisierungsfunktion von Bargeld in Krisenzeiten gefährdet.

Digitaler Euro der EZB sinnvoll oder schlicht überflüssig?

Absehbar ist bereits jetzt, dass Ende der 2020er-Jahre der digitale Euro der Europäischen Zentralbank das Bargeld nicht ersetzen, aber - wie auch immer - weiter ergänzen soll. Was genau der digitale Euro sein wird, ist derzeit noch offen. Was er kann oder soll, ob er nur für kleinere Beträge und maximal bis 3.000 Euro verfügbar ist oder auch für mehr, weiß noch niemand.

Es gibt bislang nur den Grundsatzbeschluss, dass der digitale Euro kommen wird. EZB und Bundesbank diskutieren immer noch verschiedene Anwendungen und Modelle. Am Ende könnte es bei der privaten Nutzung gar keinen Unterschied machen, ob ich nun mit dem neuen digitalen Euro oder wie heute schon digital mit dem alten Euro bezahle.

Angst vor Cybergeld und privaten Parallel-Währungen

Der digitale Euro gilt allerdings als Gegengewicht zu privaten Cyberwährungen wie Bitcoin oder dem FacebookCoin, der später auch Libra genannt wurde. Den wollte die Plattform Meta ursprünglich 2019 in den USA einführen. Das Projekt scheiterte dann aber doch am politischen Widerstand, vor allem der US-Notenbank Federal Reserve (Fed), die eine solche Konkurrenz zum Dollar nicht zulassen wollte.

Die Fed lehnt einen digitalen Dollar ab, weil sie das für schädlich hält oder zumindest keinen Nutzen darin sehen würde. Seitdem ist es ruhiger geworden um mögliche Parallel-Währungen im Internet, die das Geld der Notenbanken weltweit bedrohen könnten.

Bitcoin und Co haben bislang nur wenig Potenzial als Zahlungsmittel

Für wenig alltagstaugliche Währungen gilt vielen der Bitcoin als gutes Beispiel: Der hat sich entgegen früherer Vorstellungen so gut wie gar nicht als Zahlungsmittel im Alltag etablieren können und dient inzwischen fast ausschließlich der Wertspekulation oder auch der Geldwäsche. Überhaupt haben sich die hohen Erwartungen an ein neues Finanzsystem mit der Blockchain-Technologie, zu der auch der Bitcoin zählt, bislang nicht erfüllt.

Eine Idee war es, mit digitalen Verschlüsselungs-Technologien Kunstwerke herzustellen oder auch ganz banale Finanzprodukte wie etwa Anleihen. Diese könnten unabhängig von der klassischen Finanzindustrie abseits von Notenbanken und Geschäftsbanken frei im Internet vertrieben werden. Doch die Blockchain-Kunst hat sich nicht durchsetzen können, und auch die reinen Finanzprodukte auf dieser Basis sind bislang eher ein Flop.

So gesehen sind die Erwartungen an die Zukunft des digitalen Geldes nicht mehr ganz so hoch wie vielleicht vor vier bis fünf Jahren, als viele eine echte Revolution mit einem alternativen Finanzsystem auf Basis von Blockchain-Technologien für möglich hielten. Vielleicht kommt die Bundesbank auch deshalb zu dem Schluss, dass das Bargeld nie ganz verschwinden dürfte.

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