Klimakonferenz 2022 in Sharm El-Sheikh
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Die Klimakonferenz ist zu Ende - doch die Bundesregierung zeigt sich enttäuscht über die Ergebnisse

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Bundesregierung enttäuscht von Ergebnissen der Klimakonferenz

Länger als geplant hatten die Teilnehmer der Klimakonferenz in Ägypten um Ergebnisse gerungen - aus deutscher Sicht wurde trotzdem viel zu wenig erreicht. Klimaminister Habeck und Außenministerin Baerbock kritisierten die Beschlüsse als unzureichend.

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Die Bundesregierung hat die Ergebnisse des Weltklimagipfels in Scharm el Scheich als unzureichend bezeichnet. "Eine schwierige Klimakonferenz ist zu Ende gegangen, mit einem Ergebnis, das uns nicht wirklich zufrieden machen kann", sagte Klimaminister Robert Habeck (Grüne) den Zeitungen der Funke Mediengruppe. Seine Kollegin, die für internationale Klimapolitik zuständige Außenministerin Annalena Baebock (Grüne) beklagte eine "Blockade von einigen großen Emittenten und Öl-produzierenden Staaten". Als Fortschritt werteten die Regierungsmitglieder lediglich die Einigung auf einen Fonds, über den arme Staaten bei klimabedingten Schäden Ausgleichszahlungen erhalten sollen.

Enttäuschung nach Klimagipfel in Ägypten
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Bundesregierung enttäuscht von Ergebnissen der Klimakonferenz

Ergebnisse hinter Erwartungen europäischer Länder

Nach zähen Verhandlungen war der Gipfel in der Nacht zum Sonntag zu Ende gegangen. Neben dem Fonds für arme Staaten beschlossen die Delegierten ein Arbeitsprogramm zur schnelleren Minderung der Treibhausgase, das aber hinter den Erwartungen europäischer Länder zurückblieb. Ein klares Bekenntnis zum Ausstieg aus fossilen Energien scheiterte am Widerstand von Ländern wie Saudi-Arabien.

Habeck sagte, durch eine konsequente Haltung der EU und "die umsichtige deutsche Verhandlungsführung" sei immerhin ein Rückfall hinter die Beschlüsse der Klimakonferenzen von Paris (2015) und Glasgow (2021) verhindert worden. In konkreten Projekten müsse nun beharrlich daran gearbeitet werden, die Erderhitzung tatsächlich zu dämpfen. "Im Vordergrund steht jetzt, die gemeinsame Abkehr von Kohle, Öl und Gas voranzutreiben."

Baerbock: "Hoffnung und Frustration nahe beinander"

Baerbock, die in der Schlussphase für Deutschland die Verhandlung geführt hatte, erklärte in Scharm el Scheich, es sei immer klar gewesen, dass dieser Gipfel nicht einfach werde. "Beim Ergebnis liegen Hoffnung und Frustration nahe beieinander." Mit Blick auf den Fonds sprach sie von einem "Durchbruch bei der Klimagerechtigkeit". Auch sie betonte, dass ein Rückschritt beim Klimaschutz verhindert worden sei. Aber "dass aufgrund der Blockade von einigen großen Emittenten und Öl-produzierenden Staaten überfällige Schritte zur Minderung und zum Ausstieg aus fossilen Energien verhindert wurden, ist mehr als frustrierend", fügte sie hinzu.

Lemke: COP-Ergebnis bleibt hinter Notwendigem zurück

Bundesumweltministerin Steffi Lemke (Grüne) erklärte, das Ergebnis bleibe insgesamt "hinter dem Notwendigen zurück". Das sei extrem bitter. Dass sich die Staatengemeinschaft auf die Einrichtung des Ausgleichsfonds geeinigt hat, sei hingegen ein wichtiger Schritt, um die Folgen der Klimakrise in Zukunft besser bewältigen zu können.

Schulze fordert, dass alle in Fonds einzahlen

Entwicklungsministerin Svenja Schulze (SPD) forderte einen Beitrag Chinas zu dem Fonds. "Deutschland wird sich mit einem fairen Anteil an der Bewältigung der Klimaschäden beteiligen", sagte sie den Funke-Zeitungen. Bei der konkreten Ausgestaltung des Finanztopfs werde sie aber Wert darauf legen, dass alle einzahlen müssen, die das Klimadesaster mit verursacht haben: "Dazu gehören vor allem die größten Emittenten USA, China und natürlich auch die EU."

Bei dem Fonds ist noch offen, ob nur Industrieländer oder auch Schwellenländer einzahlen sollen. China, der größte Treibhausgasverursacher der Welt, hatte finanzielle Verpflichtungen auf der Konferenz bis zuletzt abgelehnt. Zum Aufbau des Fonds soll ein Komitee bis zur nächsten Klimakonferenz 2023 in Dubai Vorschläge erarbeiten.

Luisa Neubauer: Beschluss ist "zynisch"

Die deutsche Klimaaktivistin Luisa Neubauer hat den Beschlüssen der Weltklimakonferenz ein vernichtendes Zeugnis ausgestellt. "Die Entscheidung spielt die heutigen Opfer der Klimakrise gegen die morgigen Opfer der Klimakrise aus", sagte sie nach der Einigung auf der Konferenz. Zwar sei der Durchbruch auf Ausgleichszahlungen für Klimaschäden "ein ganz dringender Erfolg" für ein Mindestmaß an Gerechtigkeit. Gleichzeitig sei es zynisch, Ländern einerseits bei Schäden und Verlusten zu helfen "und auf der anderen Seite hier gemeinsam etwas zu entscheiden, was so unendlich viel mehr Schäden und Verluste verursachen wird".

Die Staatengemeinschaft habe es nicht geschafft, ein Ende der fossilen Energien zu beschließen, obwohl man auf der 27. Klimakonferenz eine Krise diskutiere, die von fossilen Energien verursacht werde. Das habe Anklänge eines "Paralleluniversums". "Falls irgendwer gehofft hatte, dass das hier der Ort ist, wo die Klimakrise bewältigt wird, können wir verkünden, dass das nicht der Fall ist. Das ist hart", sagte Neubauer.

Harald Lesch: Am Ergebnis zeigt sich Egoismus einiger Länder

Im BR Sonntags-Stammtisch fand auch der Astrophysiker und Wissenschaftsjournalist Harald Lesch deutliche Worte für die die Ergebnisse der UN-Klimakonferenz. Das Ziel, die Erderwärmung auf 1,5 Grad im Vergleich zur vorindustriellen Zeit zu beschränken, sei durch, sagte er: "Das kann man längst vergessen, das ist schon für Europa nicht zu halten." Stattdessen, so Lesch, zeige sich der Egoismus derjenigen, die viel Geld mit fossilen Ressourcen verdienten, insbesondere Saudi-Arabien. Aber auch andere ölfördernde Länder nahm Lesch hier in die Pflicht: "Man kann sich anschauen, wie die Gewinne der großen Ölfirmen sich verfünffacht haben, also um 500 Prozent gestiegen sind – ein Wahnsinn!"

Deutsche Umwelthilfe: COP-Ergebnisse unzureichend

Der Bundesgeschäftsführer der Deutschen Umwelthilfe (DUH), Sascha Müller-Kraenner, kritisierte das Ergebnis der Weltklimakonferenz als "einen ungenügenden Formelkompromiss", der den Planeten so weiter auf der schiefen Bahn in die Klimakrise abgleiten lasse. Dafür, dass der Ausstieg aus fossilem Erdöl und Gas in der Abschlusserklärung ausgeklammert sei, trage auch die deutsche Bundesregierung die Verantwortung "mit ihrem Beharren auf den von Kanzler Scholz persönlich eingefädelten Erdgas-Deal mit dem afrikanischen Senegal".

Mit Material von dpa.

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