UN-Klimakonferenz einigt sich auf Abschlusserklärung
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UN-Klimakonferenz einigt sich auf Abschlusserklärung

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UN-Klimakonferenz einigt sich auf Abschlusserklärung

Nach langen Verhandlungen hat sich die Weltklimakonferenz in Ägypten auf eine Abschlusserklärung geeinigt. Die rund 200 Staaten bekräftigen ihren früheren Beschluss, die Verbrennung klimaschädlicher Kohle zu reduzieren.

Über dieses Thema berichtet: BR24 Infoblock am .

Nach nächtelangen Verhandlungen hat sich die Weltklimakonferenz in Ägypten auf eine Abschlusserklärung geeinigt. Darin bekräftigten die rund 200 Staaten am frühen Sonntagmorgen ihren früheren Beschluss, die Verbrennung klimaschädlicher Kohle herunterzufahren. Ein Abschied von Öl und Gas wird nicht erwähnt. Das Abkommen muss jetzt allerdings noch offiziell gebilligt werden.

Die Erklärung bleibt hinter den Forderungen vieler Staaten, Klimaaktivisten und Umweltschützern zurück, die ein Ende der Abhängigkeit von schmutzigen Energieträgern als zwingend betrachten.

Fonds für ärmere Länder

Zuvor hatten sich die Länder darauf geeinigt, einen Fonds zur Unterstützung ärmerer Länder einzurichten, die von Klimakatastrophen betroffen sind. Die Frage hatte sich als größter Streitpunkt durch die zweiwöchige Konferenz in Scharm el Scheich gezogen, die um mehr als 36 Stunden verlängert wurde.

Der neue Entschädigungsfonds soll unabwendbare Folgen der Erderhitzung abfedern - etwa immer häufigere Dürren, Überschwemmungen und Stürme, aber auch der steigende Meeresspiegel und Wüstenbildung.

Keine konkrete Summe für Klimafonds

In dem Beschluss werden keine Summen für den neuen Fonds genannt und auch nicht, wer genau einzahlen soll. Dies soll später geklärt werden. Begünstigt werden sollen Entwicklungsländer, die besonders gefährdet sind. Auf diese Eingrenzung hatte besonders die EU gepocht.

In der Abschlusserklärung werden die Staaten außerdem aufgefordert, ihre größtenteils unzulänglichen Klimaschutzpläne bis spätestens zur nächsten Klimakonferenz nachzubessern. Diese findet Ende 2023 in den Vereinigten Arabischen Emiraten statt. Die Nachbesserungen bleiben freiwillig, eine Verpflichtung gibt es nicht.

Durchbruch nach Verlängerung

In Scharm el Scheich hatte die Teilnehmer zwei Wochen lang über weitere Schritte, um die Erderwärmung noch zu verlangsamen. Die Konferenz, zu der etwa 34.000 Teilnehmer ans Rote Meer gereist sind, war am Freitagabend in die Verlängerung gegangen. In der Nacht zum Samstag war nach schleppenden und teils chaotischen Abläufen in Verhandlungskreisen Beunruhigung ausgebrochen. Nach zähen Beratungen folgte am Morgen schließlich der Durchbruch. "Das war nicht einfach. Wir haben rund um die Uhr gearbeitet", sagte COP-Präsident Samih Schukri zum Ende der Konferenz.

UN-Generalsekretär: "Dringend notwendiges Signal"

UN-Generalsekretär António Guterres nannte den neuen Fonds für Klimaschäden einen wichtigen Schritt in Richtung Gerechtigkeit. "Sicherlich ist das nicht ausreichend, aber es ist eine dringend notwendiges Signal, um verloren gegangenes Vertrauen wieder aufzubauen."

UN-Generalsekretär Antonio Guterres
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UN-Generalsekretär Antonio Guterres

Klimaschutzminister Robert Habeck enttäuscht

Bundeswirtschafts- und Klimaschutzminister Robert Habeck (Grüne) hat sich enttäuscht über die Vereinbarungen der UN-Konferenz in Ägypten gezeigt. "Eine schwierige Klimakonferenz ist zu Ende gegangen, mit einem Ergebnis, das uns nicht wirklich zufrieden machen kann", sagte Habeck am Sonntag den Funke-Zeitungen. Er lobte die "konsequente Haltung" der Europäischen Union (EU) und die "umsichtige deutsche Verhandlungsführung". Dadurch sei ein Rückfall hinter die Vereinbarungen von Paris und Glasgow verhindert worden.

Der Auftrag aus dem Pariser Klimaabkommen gelte jetzt umso mehr, betonte der Grünen-Politiker. Es gehe darum, "in konkreten Projekten beharrlich daran zu arbeiten, die Erderhitzung tatsächlich zu dämpfen". Im Vordergrund stehe nun, "die gemeinsame Abkehr von Kohle, Öl und Gas voranzutreiben - durch eine nachhaltige, sozial gerechte, globale Energiewende und die Dekarbonisierung der Industrie". Nur so werde es gelingen, auf den 1,5-Grad-Pfad zu kommen.

Bundesaussenministerin Baerbock zieht gemischte Bilanz

Auch Außenministerin Annalena Baerbock zieht eine gemischte Bilanz der Klimakonferenz. "Beim Ergebnis liegen Hoffnung und Frustration nahe beieinander", erklärte die Grünen-Politikerin. Beim Thema Ausgleichszahlungen für arme Länder, die besonders unter den Folgen der Erderwärmung leiden, sei ein Durchbruch gelungen. "Die Weltgemeinschaft schafft gemeinsame Finanzierungsmechanismen, um gezielt den am stärksten betroffen Menschen bei Klimakatastrophen zu helfen. Damit schlagen wir ein neues Kapitel in der Klimapolitik auf."

Viele Fragen noch ungeklärt

Dennoch seien viele Fragen offen und kontrovers geblieben. "Dass aufgrund der Blockade von einigen großen Emittenten und ölproduzierenden Staaten überfällige Schritte zur Minderung und zum Ausstieg aus fossilen Energien verhindert wurden, ist mehr als frustrierend. Die Welt verliert dadurch kostbare Zeit, Richtung 1,5-Grad-Pfad zu kommen."

Baerbock bemängelte auch: "Wir Europäer haben uns in der Abschlusserklärung für ein klares Bekenntnis zum weltweiten Ausstieg aus fossilen Energien eingesetzt, dafür gab es viel Unterstützung - aber von einigen wenigen Staaten auch erbitterten Widerstand." Aber erstmals sei die zentrale Rolle der erneuerbaren Energien benannt worden.

Kritik an Organisation der Konferenz

Baerbock kritisierte indirekt auch die ägyptische Konferenzleitung, indem sie von "organisatorischen Schwächen" sprach. Die Bilanz der Konferenz zeige, dass der Prozess wieder stärker in die Hände der Vertragsstaaten der internationalen Klimaabkommen kommen müsse, und dass es "den ungehinderten Zugang einer freien, starken Zivilgesellschaft braucht, um ambitionierte Ergebnisse zu erzielen".

Lemke: COP-Ergebnis bleibt hinter Notwendigem zurück

Bundesumweltministerin Steffi Lemke bezeichnete das Verhandlungsergebnis der Weltklimakonferenz insgesamt als unzureichend. "Das Ergebnis der COP27 insgesamt bleibt hinter dem Notwendigen zurück", teilte die Grünen-Politikerin am Sonntag mit. "Das ist extrem bitter." Dass sich die Staatengemeinschaft auf die Einrichtung eines Fonds für den Ausgleich von klimabedingten Schäden in den ärmsten und verletzlichsten Ländern geeinigt habe, sei hingegen ein wichtiger Schritt, um die Folgen der Klimakrise in Zukunft besser bewältigen zu können.

China will weiterhin als Entwicklungsland behandelt werden

Die USA hatten den neuen Entschädigungsfonds zunächst blockiert, während die als G77 bekannte Gruppe aus mehr als 130 Entwicklungsländern zusammen mit China Druck aufbaute. Die Europäische Union schwenkte nach anfänglicher Zurückhaltung schließlich um.

Umstritten bei dem Thema ist unter anderem die Rolle Chinas. Das Land, das beim Ausstoß klimaschädlicher Emissionen den ersten Platz belegt, will im internationalen Klimaschutz weiter als Entwicklungsland behandelt werden. So wurde es vor 30 Jahren im Kyoto-Protokoll festgelegt. Westliche Staaten wollen das Land wegen seiner Wirtschaftskraft und der Rolle als größter Verursacher von Treibhausgasen aber nicht länger als Empfängerland einstufen. Chinas Unterhändler Xie Zhenhua sagte, Entwicklungsländer sollten das Geld erhalten, räumte "verletzlichen Staaten" aber Vorrang ein.

Widerstand aus Saudi-Arabien bei Öl-Ausstieg

Es sei letztlich nicht einmal gelungen, einen klaren Fokus auf den Ausbau erneuerbarer Energien zu legen - was insbesondere am Widerstand aus Saudi-Arabien gelegen habe. "Ohne einen zügigen und global gerecht organisierten Ausstieg aus Kohle, Öl und Gas ist die Begrenzung der Erwärmung auf unter 1,5 Grad nicht zu schaffen", sagte der Klima-Experte Jan Kowalzig von Oxfam.

2015 hatte die Weltgemeinschaft in Paris vereinbart, die Erwärmung möglichst auf 1,5 Grad zu begrenzen, im Vergleich zur vorindustriellen Zeit. Die Welt hat sich nun schon um gut 1,1 Grad erwärmt, Deutschland noch stärker. Ein Überschreiten der 1,5-Grad-Marke erhöht nach Warnungen der Wissenschaft deutlich das Risiko, sogenannte Kippelemente im Klimasystem und damit unkontrollierbare Kettenreaktionen auszulösen.

Greenpeace: Verursacher der Klimakrise zur Verantwortung ziehen

Der geschäftsführende Vorstand von Greenpeace Deutschland, Martin Kaiser, lobte den Beschluss zu Ausgleichszahlungen, mahnte aber an: "Nun müssen die Verursacher der Klimakrise zu ihrer Verantwortung stehen und den neuen Hilfstopf ordentlich befüllen." Gerächt habe sich allerdings, dass die Industriestaaten den Entwicklungsländern seit Jahren die zusagten Hilfszahlungen bisher schuldig geblieben sind.

Eigentlich sollten Letztere mit 100 Milliarden US-Dollar jährlich unterstützt werden. Dass dies nicht passiert sei, habe verständliches Misstrauen ausgelöst, so Kaiser. "Hätten insbesondere die USA ihre Rechnung bezahlt, wären die G7 in einer besseren Verhandlungsposition gewesen, auch China und andere Schwellenländer schon jetzt zur Einzahlung in den Fonds zu verpflichten. Am Ende dieser Klimakonferenz klebt somit ein kleines Pflaster auf einer riesigen klaffenden Wunde."

Deutsche Umwelthilfe: COP-Ergebnisse unzureichend

Der Bundesgeschäftsführer der Deutschen Umwelthilfe (DUH), Sascha Müller-Kraenner, kritisierte das Ergebnis der Weltklimakonferenz als "einen ungenügenden Formelkompromiss", der den Planeten so weiter auf der schiefen Bahn in die Klimakrise abgleiten lasse. Daran, dass der Ausstieg aus fossilem Erdöl und Gas in der Abschlusserklärung ausgeklammert sei, trage auch die deutsche Bundesregierung die Verantwortung "mit ihrem Beharren auf den von Kanzler Scholz persönlich eingefädelten Erdgas-Deal mit dem afrikanischen Senegal".

Mit Informationen von dpa

Nach zähen Verhandlungen hat sich die Klimakonferenz im ägyptischen Scharm el Scheich auf einen Entschädigungsfonds für ärmere Länder geeinigt.
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Nach zähen Verhandlungen hat sich die Klimakonferenz im ägyptischen Scharm el Scheich auf einen Entschädigungsfonds für ärmere Länder geeinigt.

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