Ein Fischotter schwimmt mit einem Fisch im Maul durchs Wasser.
Bildrechte: dpa-Bildfunk/Christian Charisius

Fischotter sorgen für leergefischte Teiche in Niederbayern und der Oberpfalz.

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Fischotter-"Entnahme" in Ostbayern erlaubt - DUH will klagen

Fischotter sind streng geschützt. Aber: Sie sorgen regelmäßig für leergefischte Fischteiche. Ab 1. August dürfen die Tiere deshalb ohne extra Einzelgenehmigungen getötet werden. Teichwirte in Ostbayern freuen sich, Umweltschützer sind entsetzt.

Über dieses Thema berichtet: Regionalnachrichten aus der Oberpfalz am .

Ab 1. August dürfen in Niederbayern und der Oberpfalz ohne aufwendige Einzelgenehmigung Fischotter entnommen, also getötet werden. Das hatte die bayerische Landwirtschaftsministerin Michaela Kaniber (CSU) bereits im Juli angekündigt. Die Deutsche Umwelthilfe fürchtet um die heimischen Bestände und will gegen die Verordnung klagen.

Teichwirtschaft müsse erhalten bleiben

Nach EU-Recht ist der Fischotter ein streng geschütztes Tier. Die neue Verordnung gelte für alle Landkreise Niederbayerns und für alle Landkreise der Oberpfalz, ausgenommen ist der Landkreis Neumarkt. "Wir mussten dort handeln, wo die Teichwirtschaft mittlerweile bedrohter ist als der Fischotter", so Kaniber in einer Pressemitteilung. Niemand wolle den Fischotter ausrotten, aber die Teichwirtschaft müsse erhalten bleiben.

600 Teichwirte mussten aufgeben

Seit 2016 haben sich laut Kaniber die Schäden in der Teichwirtschaft durch die Fischotter verzehnfacht. Allein in den vergangenen beiden Jahren hätten 600 von 10.000 Betrieben aufgegeben. Die Ministerin habe deshalb die Änderung der artenschutzrechtlichen Ausnahmeverordnung unterzeichnet, die am 1. August in Kraft trete.

Wer darf Fischotter entnehmen und welche dürfen getötet werden?

Eine damit geplante maßvolle Entnahme zur Abwendung ernster fischwirtschaftlicher Schäden werde weder die Art selbst noch die Wiederherstellung eines günstigen Erhaltungszustands des Fischotters in Deutschland beeinträchtigen, heißt es in einer Pressemitteilung des Landwirtschaftsministeriums. Die Landesanstalt für Landwirtschaft will eine Höchstzahl an Ottern festlegen, die in den verschiedenen Gebieten entnommen werden dürfen. Diese Höchstzahl soll heute (01.08.) auf einer Internetseite bekannt gegeben und es soll täglich aktualisiert werden, wie viele Otter in einem Gebiet bereits entnommen worden sind.

Entnehmen dürfen die Fischotter die jeweiligen Jagdberechtigten in den entsprecheneden Gebieten. Zwischen Februar und November müssen sie Lebendfallen aufstellen, danach die gefangenen Tiere wiegen. Getötet werden dürfen nur Otter, die ein Gewicht von unter vier oder über acht Kilo haben. Außerdem dürfen die Fallen nur in einem Gebiet von bis zu 200 Meter rund um die Teichanlagen stehen.

Das Landwirtschaftsministerium dränge auf eine Erhebung von Fischotterzahlen auch für andere Bereiche Bayerns. Möglicherweise könnte die neue Verordnung dann auch bald anderswo in Kraft treten.

Teichwirt erleichtert über neue Verordnung

Thomas Beer von der Arge Fisch im Landkreis Tirschenreuth - selbst Teichwirt - hält die Verordnung für "überfällig" und "erfreulich". Man sehe die Fischotter inzwischen auch tagsüber an den Teichen, was auf die Größe der Population hindeute, so Beer. Erste Nachweise gab es in den Jahren 2008/2009 in der Tirschenreuther Region, die für ihre tausend Jahre alte Kulturlandschaft bekannt ist, die durch die Teichwirtschaft geprägt ist.

Die Berechtigung zur Entnahme müsse "auf mehrere Schultern verteilt werden, nicht nur auf einzelne Berufsjäger", sagt Beer. Außerdem sei die Anzahl der Tiere wichtig, die pro Gebiet höchstens entnommen werden dürfen. Wichtig sei auch, ob in Schutzgebieten entnommen werden dürfe, also in der Waldnaabaue in Tirschenreuth zum Beispiel, so Beer.

Deutsche Umwelthilfe will gegen Verordnung klagen

Kritik daran kommt von der Deutschen Umwelthilfe (DUH), die eine Klage ankündigte. "Der Abschuss des Fischotters ist für die Teichwirtschaft nicht hilfreich, ein Desaster für den Artenschutz und rechtswidrig. Deshalb werden wir gerichtlich dagegen vorgehen", teilte Bundesgeschäftsführer Sascha Müller-Kraenner mit. "Statt eine Ausrottungsmaschinerie gegen streng geschützte heimische Wildtiere in Gang zu setzen, braucht es an Fischteichen nachhaltige Lösungen wie Zäune, Ablenkteiche und gesunde Gewässerlandschaften im Umfeld."

Auch LBV lehnt Verordnung zur Fischotterentnahme ab

Der Landesbund für Vogel- und Naturschutz (LBV) lehnt diese neue Verordnung ebenfalls ab. Es fehle eine wissenschaftliche Begleitung, die Erkenntnisse liefere über die Auswirkungen einer Entnahme auf die Entwicklung der Population und ob sie tatsächlich Schaden minimiere, so Helmut Beran, Geschäftsführer des LBV in Bayern. Die neue Verordnung biete den Teichwirten nur Scheinlösungen an und würde ihnen nicht helfen. Dass es Probleme für Teichwirte gibt mit der Rückkehr des Fischotters, räumen die Naturschützer des LBV allerdings ein.

Fischotter-Managementplan aktualisieren

Dennoch plädiert Beran für einen sachlichen und pragmatischen Umgang mit der Situation. Er fordert eine klare Trennung der Situation an Erwerbs-Fischteichanlagen und an natürlichen Gewässern, teilt der LBV am Nachmittag mit. Eine Entnahme von Ottern an Fließgewässern um Fischteiche lehne der LBV strikt ab, heißt es darin. Stattdessen solle der Fischotter-Managementplan in Bayern endlich aktualisiert werden, so Beran.

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