Ein Fischotter verspeist einen Fisch.
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Ein Fischotter verspeist einen Fisch.

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Wie viele Fischotter verträgt das Berchtesgadener Land?

Der Fischotter in Bayern breitet sich weiter aus – vor allem in Franken, doch auch im Berchtesgadener Talkessel sollen bis zu 20 dieser nachtaktiven Jäger mittlerweile unterwegs sein. Die Fischer vor Ort sind beunruhigt.

Über dieses Thema berichtet: Mittags in Oberbayern am .

Der Fischotter in Bayern breitet sich weiter aus - von Ost nach West. In Franken setzt der Fischotter vor allem Teichwirten zu. Doch mittlerweile sind auch im Berchtesgadener Land die gefräßigen Tiere immer häufig in Seen und Flüssen unterwegs. Bis zu 20 dieser nachtaktiven Jäger sollen unterwegs sein - ein Schätzwert, da der Fischotter ein schlaues und äußerst menschenscheues Tier ist.

Unter Brücken sollst du suchen

Wenn man wissen will, ob Fischotter in der Region sind, schaut man am besten unter Brücken nach, wie zum Beispiel der Experte vom Landesbund für Vogel- und Naturschutz (LBV) Toni Wegscheider. Fischotter nutzen die trockenen Bereiche unter den Brücken gerne zum Markieren, um so ihr Revier abzugrenzen, erzählt er. Die dunkle, fischig riechende Losung werde unter Brücken lange frisch gehalten.

Um einen besseren Überblick zu bekommen, hat auch der Landesfischereiverband (LFV) seine Mitglieder dazu aufgerufen, in diesem Monat auf Fischottersuche zu gehen, um einen besseren Überblick über deren aktuelle Verbreitung zu bekommen. Auch er empfiehlt, unter Brücken zu schauen. Besonders gut geeignet sind solche, die relativ niedrig sind, mit einem trockenen Streifen aus Steinen oder Felsen.

Auch Experte kann nur schätzen

Im Auftrag von LBV und des Bund Naturschutz (BN) hat der österreichische Wildbiologe Andreas Kranz die Fließgewässer rund um Berchtesgaden untersucht, das Gebiet um Berchtesgadener, Ramsauer und Bischofswieser Ache sowie Königssee, Obersee und Hintersee. Insgesamt umfasst die Region 57 Kilometer Flusslauf und Uferbestand. Der Fischotter habe das ganze Einzugsgebiet besiedelt, sagt Kranz, der sich seit Jahrzehnten mit Fischottern beschäftigt. Bis zu 20 seien in der Region unterwegs. Es sei eine Expertenschätzung aufgrund des Lebensraumangebotes.

Ausgewachsener Fischotter frisst pro Tag rund ein Kilo

Die Tiere hätten die Region schon seit 2013 flächenmäßig besiedelt. Erste Nachweise gebe es bereits seit 2002/2003. Die Fischer sind trotzdem mehr als beunruhigt. Sie verweisen darauf, dass die Fischotter tonnenweise Fisch fressen. So braucht ein ausgewachsenes Tier pro Tag rund ein Kilogramm Fisch. Der Vereinsvorsitzende des örtlichen Fischereivereins Bernd Kubicke beklagt, so viele, wie es aktuell seien, ob nun zehn oder 20, hielten die Gewässer auf gar keinen Fall aus.

Wildbiologe: Besatzfische sind leichte Beute

Besonders am Hintersee beschreiben die Fischer die Zustände mittlerweile als alarmierend. Insbesondere Seesaibling und Aalrutte seien stark betroffen. So sei seit drei, vier Jahren keine einzige Aalrutte am Hintersee mehr nachweisbar. Daneben machen sich die Fischer aber auch Sorgen um die sogenannte Urforelle, die zur Familie der Bachforellen gehört.

Fakt ist aber auch, dass die Fischer ihre Gewässer mit Fischen besetzen – die Fischotter also zum Teil quasi füttern, dann aber später beklagen, dass sie weniger fangen. Diese Wechselwirkung zwischen Beute und Räuber beim Fischbesatz sei kompliziert, sagt Wildökologe Kranz. Besatzfische seien meist auch leichter für die Fischotter zu fangen, da sie ja nicht in den Lebensraum hineingeboren wurden.

LBV-Experte: Fischrückgang hat mehrere Gründe

LBV-Experte Wegscheider kann die Sorgen der Fischer nachvollziehen. Er verstehe, dass es sehr frustrierend sei, wenn man so viel Aufwand und Energie reinstecke, um ein Gewässer zu halten und Fischbestände zu managen, die da berechtigterweise reingehörten, erklärt er bei einem Ortsbesuch. Die Rückgänge seien Fakt.

Allerdings verweist Wegscheider auch darauf, dass es viele Faktoren sind, die für einen Rückgang der Fischbestände verantwortlich sind. Neben dem Fischotter nennt er Kraftwerke, die Fischwanderungen behindern, sowie Kormorane, Fischreihe und Gänsesäger – und nicht zu vergessen: die immer höheren Wassertemperaturen.

Naturschützer warnen vor neuem Feindbild

Der LBV-Vorsitzende Norbert Schäffer hat den Fischotter mittlerweile zur "Chefsache" erklärt. Er warnt davor, ihn zum neuen Feindbild der Fischer zu deklarieren. Daneben zeigt er sich aber auch gesprächsbereit und verlangt eine wissenschaftliche Aufarbeitung des Themas.

Die Fischer in Berchtesgaden denken darüber nach, die Fangzeiten noch stärker zu beschränken, um die Fischbestände zu schonen. Daneben fordern sie eine gezielte Bejagung des streng geschützten Fischotters - zum Schutz der Gewässer.

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