Soll man in die Modernisierung von Skigebieten investieren, auch wenn dort kaum noch Schnee fällt? Die Meinungen dazu gehen auseinander. Der Skitourismus ist für viele Gemeinden eine wichtige Einnahmequelle, zum Beispiel auch für Philippsreut.
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Soll man in die Modernisierung von Skigebieten investieren, auch wenn dort kaum noch Schnee fällt?

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Skigebiet im Bayerischen Wald: Ausbau trotz Klimawandel

Das Skigebiet Mitterdorf im Bayerischen Wald soll ausgebaut werden. Trotz des Klimawandels und mit Hilfe von Fördergeldern des Freistaats. Die Region erhofft sich einen Aufschwung für den Tourismus. Naturschützer und Grüne kritisieren das Projekt.

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Das Skigebiet Mitterdorf der Gemeinde Philippsreut liegt zwischen 840 und 1.139 Meter hoch. Ohne Schneekanonen ginge hier schon heute nichts. Der Kreistag von Freyung-Grafenau hat dennoch beschlossen, 20 Millionen Euro in seinen Ausbau zu stecken und rechnet dabei mit einem Zuschuss von rund sechs Millionen Euro aus dem Seilbahnförderprogramm des Freistaats.

6er- statt 2er-Sessellift, 4er-Sessellift statt Schlepplift

Und so sieht der Plan konkret aus: Die Doppelsesselbahn zum Almberg soll durch eine 6er-Sesselbahn und der Almbergschlepplift durch eine 4er-Sesselbahn ersetzt werden. Dadurch wird auch ein Sommerbetrieb möglich. Damit der sich rentiert, sind weitere Attraktionen am Berg geplant, zum Beispiel in Form einer sogenannten Fly-Line, eine Art Seilrutsche. Genaue Pläne gibt es aber noch nicht.

Der Ausbau des Skibetriebs steht im Vordergrund. Er soll noch einmal deutlich mehr Skitouristen anziehen. Die neuen Lifte würden die Gäste deutlich schneller, sicherer und komfortabler zum Gipfel bringen, inklusive Wetterschutz und Sitzheizung. Der 6er-Lift soll außerdem von der Pistenmitte an den Waldrand versetzt werden, wo er besser gegen Wind geschützt und damit weniger störanfällig wäre. Dafür müssen allerdings bis zu 2,4 Hektar Wald gerodet werden.

Bund Naturschutz bangt um Trinkwasserversorgung

Genau das stößt beim Bund Naturschutz auf heftige Kritik. Antje Laux von der Kreisgruppe Freyung-Grafenau bangt um die Trinkwasserversorgung der Bevölkerung vor Ort. Schon jetzt habe das Gebiet immer wieder mit Wasserarmut und sinkenden Grundwasserpegeln zu kämpfen, so dass, wie zum Beispiel 2015, "wirklich Wasser in Tankwagen herantransportiert werden musste."

Kritik kommt auch von den Grünen. Alexander Rohde vom Ortsverband Wolfsteiner Wald kann den Ausbau des Skigebiets nicht nachvollziehen. Andere Skigebiete in der Nähe, die im Schnitt 300 Meter höher liegen, hätten schon vor Jahren abgerüstet und ihre Anlagen abgebaut.

    Carmen de Jong
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    Kein Steuergeld mehr für niedriggelegene Skigebiete

    Landesamt für Umwelt: Deutlich weniger Frosttage bis 2055

    Eine besondere Brisanz bekommt der Streit durch eine Studie des Bayerischen Landesamts für Umwelt, die konkret das ostbayerische Hügel- und Bergland betrifft. Ihr zufolge gibt es dort bereits heute 37 Frosttage weniger als noch vor 30 Jahren. Sollte die Klimaerwärmung so fortschreiten wie bisher, könnten es bis 2055 noch einmal 24 Tage weniger sein. Nicht einmal mit Schneekanonen ließe sich dann noch der Skibetrieb aufrechterhalten.

    Grüne halten bayerische Seilbahnförderung für rückwärtsgewandt

    Der Landesvorsitzende der Grünen, Thomas von Sarnowski, hält es daher für einen Skandal, dass mit dem Seilbahnförderprogramm der Staatsregierung ein Anreiz gesetzt werde, "nicht in die Zukunft, sondern in die Vergangenheit zu investieren." Man bräuchte das Steuergeld "ganz dringend für einen sanften, nachhaltigen Tourismus, für eine Mobilität, die mit Bus und Bahn nachhaltig ist."

    Wirtschaftsministerium: Klimaerwärmung nicht genau absehbar

    Bayerns Wirtschaftsminister Huber Aiwanger (Freie Wähler) rechtfertigt die Seilbahnförderung dagegen als wichtige Investition in Regionen, in denen die Gemeinden seit Jahrzehnten vom Tourismus lebten. Man wolle damit Wertschöpfungsketten am Leben halten. Außerdem könne niemand voraussagen, dass sich die Klimasituation wirklich so deutlich darstelle, wie vom Bayerischen Landesamt für Umwelt prognostiziert. "Es gibt ja auch wieder Trends, dass wir wieder mehr Schnee im Winter haben", sagt Aiwanger.

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