Kultusminister Michael Piazolo (Freie Wähler) bei der Pressekonferenz am Freitag.
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Kultusminister Michael Piazolo (Freie Wähler) bei der Pressekonferenz am Freitag.

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Kultusminister Piazolo räumt Lehrermangel ein

Es gebe weniger Bewerber als zu besetzende Lehrerstellen, sagt Piazolo im BR-Interview. Trotzdem sei die Unterrichtsversorgung zum Schulstart gesichert. Verbände und Opposition üben Kritik, Lehrkräfte würden verheizt. Was sie fordern.

Kultusminister Michael Piazolo (Freie Wähler) hat klar eingeräumt, dass es in Bayern ein Problem mit Lehrermangel gibt. Im Interview mit Bayern 2 sagte Piazolo: "Ja, selbstverständlich haben wir diese Herausforderung. Das wird das ganze Jahrzehnt andauern." Konkret bedeute das, dass es bei der Planung eines neuen Schuljahres weniger Bewerber mit abgeschlossenem Examen gebe als zu besetzende Stellen.

Diese Lücke müsse im Laufe der Vorbereitung geschlossen werden. "Das haben wir in diesem Jahr geschafft", sagte Piazolo – aber nicht vollständig. Rund 3.700 Lehrkräfte seien für das neue Schuljahr eingestellt worden, damit sei "das Gros" des von den Schulen angemeldeten Bedarfs gedeckt, heißt es in einer Mitteilung des Kultusministers am Freitag.

Schulstart mit rund 30.000 Schülerinnen und Schülern mehr

Steigende Schülerzahlen machen die Personalgewinnung laut Piazolo besonders herausfordernd. Rund 1,7 Millionen Schülerinnen und Schüler starten kommende Woche in das neue Schuljahr. Das sind rund 30.000 mehr als im vergangenen, ein Plus von 1,9 Prozent. Den größten Zuwachs verzeichnen demnach die Grund- und Mittelschulen. Bei der Pressekonferenz des Kultusministeriums zum anstehenden Schuljahresbeginn betonte Piazolo, dass der Freistaat rund 30.000 Kinder und Jugendliche aus der Ukraine erfolgreich in das bayerische Schulsystem integriert habe, viele davon in Regelklassen.

Piazolo: "Unterrichtsversorgung zum Schulstart gut"

"Aus meiner Sicht ist die Unterrichtsversorgung zum Schulstart gut", sagte Piazolo bei der Pressekonferenz zum anstehenden Schuljahresbeginn. Noch nie habe es im Freistaat so viele Lehrerinnen und Lehrer gegeben, wie aktuell. Neben den zusätzlichen Lehrkräften verwies der Kultusminister auch auf das Quereinsteigerprogramm, für das sich rund 600 Personen beworben hätten. Dafür kommen Menschen mit Master- oder Diplomabschluss in einem einschlägigen Studienfach infrage, die nach dem Referendariat samt Praxisbegleitung das zweite Staatsexamen ablegen. Am Ende dieses Prozesses seien sie "vollwertige Lehrkräfte", sagte Piazolo.

Verbände beklagen Ausfälle und fordern mehr Ersatzlehrkräfte

Der Bayerische Lehrer- und Lehrerinnenverband (BLLV) beklagte Anfang der Woche einen Mangel an Lehrpersonal. In vielen Schulen müssten Arbeitsgemeinschaften oder Förderkurse ausfallen. Es gebe Schulamtsbezirke, wo solche Angebote ganz oder teilweise gestrichen worden seien, sagte die BLLV-Präsidentin Simone Fleischmann: "Wir warten mal ab, was die Regierungen in den einzelnen Regierungsbezirken jetzt zu Protokoll geben zum Schuljahresstart und dann zum Halbjahr." Der BLLV hat einen 36 Punkte-Katalog mit Forderung an die Staatsregierung aufgelegt. Unter anderem sollen die Arbeitsbedingungen für Lehrer verbessert werden.

Auch der Bayerische Philologenverband (bpv) meldet Kritik an: Bayern habe zwar so viele Lehrkräfte wie noch nie, "aber auch so viele Aufgaben wie noch nie", heißt es in einem Statement des Vorsitzenden des Verbands, Michael Schwägerl. Außerdem fehlten an den Gymnasien Reserve-Lehrer. Schwägerl vergleicht die Schule mit der gut bestückten Ersatzbank des FC Bayern: "Wenn durch Erkrankung oder Verletzung Topspieler ausfallen, braucht er (der Verein, Anm. d. Red.) Ersatzkräfte, um die Qualität zu halten. Nichts anderes gilt im Schulbereich." Deshalb fordere der Verband den Ausbau der integrierten Lehrerreserve auf zehn Prozent. Aktuell gebe es nur eine Ersatzlehrkraft bei im Schnitt 80 Lehrkräften pro Schule, so Schwägerl.

Finanzielle Verbesserung für das Lehrpersonal

In den Augen des Kultusministers ist bereits viel erreicht worden, um die Arbeitsbedingungen für das Lehrpersonal zu verbessern, beispielsweise was das Finanzielle angehe. Die Staatsregierung will das Gehalt an Grund- und Mittelschulen Schritt für Schritt auf die Besoldungsgruppe A13 anheben, was bislang nur für weiterführende Schulen galt. Diese Forderung habe es schon vor Jahrzehnten gegeben, jetzt werde sie umgesetzt. "Das ist aus meiner Sicht ein großer Erfolg", sagte Piazolo dem BR.

Außerdem würden Lehrkräfte entlastet, etwa indem zum neuen Schuljahr Dokumentationspflichten an Grund- und Mittelschulen entfielen, zum Beispiel bei der Unterrichtsplanung. Er wolle Bürokratie weiter einzuschränken, sowie die Möglichkeit auf Teilzeit erhalten, so Piazolo.

Grüne: "CSU und Freie Wähler verheizen Lehrkräfte"

Die Opposition im Landtag ist mit der Lage an Bayerns Schulen alles andere als zufrieden: So sehen die Grünen derzeit eine "Bildungskrise" mit ausgebranntem Lehrpersonal und frustrierten Schülerinnen, Schülern und Eltern. An Grund- und Mittelschulen haben sich laut den Grünen zuletzt immer mehr Lehrerinnen und Lehrer dienstunfähig gemeldet. Das gehe aus den Antworten des Kultusministeriums auf eine Anfrage der Landtagsfraktion hervor. "CSU und Freie Wähler verheizen unsere Lehrkräfte", teilte Co-Fraktionschefin Katharina Schulze mit. Ihre Partei fordere Entlastung für das Lehrpersonal, mehr Zeit für Unterricht und weniger Verwaltungsarbeit.

Dem stimmt die SPD zu. Die bildungspolitische Sprecherin der Fraktion, Simone Strohmayr, teilte mit, ihre Partei wolle "dem weiteren Anwachsen der Klassen, dem ständigen Unterrichtsausfall und den alarmierenden Defiziten beim Lesen und Schreiben nicht länger zusehen". Die Sozialdemokraten haben deshalb einen 7-Punkte-Plan aufgelegt und fordern unter anderem bessere Arbeitsbedingungen für Lehrkräfte, mehr Unterstützung für Brennpunktschulen und einen "Masterplan" für die Sanierung von Schulgebäuden.

Landesschülersprecher Heinrich Ritter im Interview:

Landesschülersprecher Heinrich Ritter.
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Landesschülersprecher Heinrich Ritter im Interview.

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