Ungarns Innenminister Sandor Pinter besucht zusammen mit Bayerns Innenminister Joachim Herrmann die Staatliche Feuerwehrschule in Würzburg.
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Ungarns Innenminister Sandor Pinter besucht zusammen mit Bayerns Innenminister Joachim Herrmann die Staatliche Feuerwehrschule in Würzburg.

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Polizeiarbeit: Bayern will enger mit Ungarn kooperieren

Innenminister Joachim Herrmann hat sich in Würzburg mit seinem ungarischen Amtskollegen Sándor Pintér getroffen, der unter Viktor Orbán das Asylrecht massiv einschränkte. Bei der Polizeiarbeit will Bayern zukünftig enger mit Ungarn zusammenarbeiten.

Über dieses Thema berichtet: BR24 am .

Die Szenerie hätte dramatischer kaum sein können: Als die schwarzen Limousinen des ungarischen Innenministers Sándor Pintér und Joachim Herrmann (CSU) in der Mainaustraße in Würzburg einrollen, raucht und qualmt es bereits an allen Ecken und Enden. Eine Metapher für die derzeitige Lage der Asylpolitik in Europa?

Auch wenn Herrmann nicht mit Kritik an der Bundesinnenministerin geizt, hatte der Qualm einen ganz anderen Hintergrund. Denn eigentlich besuchten Herrmann und sein ungarischer Amtskollege nur verschiedene Übungen der Würzburger Feuerwehrschule.

Sándor Pintér: 17 Jahre Innenminister unter Orbán

Dort trifft Joachim Herrmann einen Mann, der bereits 17 Jahre als Innenminister unter Viktor Orbán gedient hat. In seiner Amtszeit wurde das Asylrecht in Ungarn massiv eingeschränkt. Menschenrechtsorganisationen berichteten von menschenunwürdigen Zuständen in den Transitzonen zu Serbien, in denen Geflüchtete untergebracht wurden, während sie auf die Bearbeitung ihres Asylantrags warteten.

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat Ungarn mehrfach für seine Asylpolitik verurteilt. Im Mai 2020 erklärte er diese Art der Unterbringung von Geflüchteten für rechtswidrig. Die Zermürbungsstrategie dürfte trotzdem aufgegangen sein: Im gesamten Jahr 2022 stellten nur 46 Menschen in Ungarn Asyl. Zum Vergleich, in Deutschland waren es über 225.000.

Bayern und Ungarn demonstrieren Einigkeit

Mit dem Treffen demonstrieren Herrmann und Pintér ihre Einigkeit vor dem Treffen der EU-Innenminister in Luxemburg, bei dem es um die strittige Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems (GEAS) gehen soll. Herrmann hofft, dass künftig an den EU-Außengrenzen eine Vor-Prüfung stattfindet – und Personen, die keine Chance auf Asyl hätten, wieder zurückgeschickt werden. Fraglich ist, wo diese Prüfung stattfinden soll und wie lange sie schlussendlich dauert. Die ungarischen "Transitzonen" dürften jedenfalls kaum als Vorbild dienen, der EuGH hatte die Bedingungen dort als "Haft" beschrieben.

Ungarn fordert einheitliche Regelungen innerhalb der EU

Strittig ist außerdem die Frage, wie künftig mit Kindern und Jugendlichen verfahren werden soll. Ungarns Innenminister Sándor Pintér sagte in Würzburg, Kinder ohne Begleitung wolle man weiterhin aufnehmen. Außerdem forderte er einheitliche Regelungen innerhalb der EU, welche Staaten als sichere Herkunftsstaaten gelten.

Wer aus einem "sicheren Drittstaat" in die EU einreist, muss mit einer Ablehnung des Asylantrags rechnen. Welche Länder zu der Liste der sicheren Drittstaaten gehören, ist noch Gegenstand einer laufenden Debatte unter den EU-Innenministerinnen und -ministern.

Ampel zeigt sich offen für Vorprüfungen

Die Ampelregierung in Berlin hatte sich zuletzt ebenso offen für Vorprüfungen an den EU-Außengrenzen gezeigt. Zum Entsetzen der Parteibasis der Grünen: In einem offenen Brief beklagten hunderte Grünen-Mitglieder den neuen Asylkurs des Bundesinnenministeriums. Die Grünen-Parteibasis fürchte eine "massiven Beschneidung des Asylrechts".

Gemeint ist eine mögliche Ausweitung der Liste "sicherer Herkunftsländer", verpflichtende Grenzverfahren in "Haftlagern" und eine Verschärfung des Dublin-Systems. Faeser hatte kürzlich davon gesprochen, dass es ein "historisches Momentum" für die EU-Flüchtlingspolitik gebe. Bei dem Treffen der EU-Innenminister in Luxemburg am Donnerstag wolle man einen Durchbruch in der Asylpolitik schaffen.

Herrmann und Pintér wollen mehr polizeiliche Zusammenarbeit

Auf der gemeinsamen Pressekonferenz in Würzburg geben sich der 66-jährige Herrmann und der 74-jährige Pintér Mühe, um über die Zukunft der "europäischen Idee" zu sprechen. Diese solle nun mit Leben gefüllt werden: Bayern und Ungarn streben an, die kommunalen Beziehungen zu vertiefen. Konkret heißt das: Sie wollen die polizeiliche Zusammenarbeit stärken.

"Ich denke hier beispielsweise an die Fußball-Europa-Meisterschaft, die im kommenden Jahr in Deutschland stattfindet. Hier sind die Erfahrungen der ungarischen Kollegen insbesondere im Hinblick auf das Fangeschehen für uns sehr wertvoll", erklärte Herrmann. Zudem wolle man bei der Bekämpfung von Cyberkriminalität enger zusammenarbeiten.

Erste bayerisch-ungarische Kommunal-Konferenz 2024

"Wir haben heute vereinbart, dass diese kommunalen Partnerschaften noch stärker vertieft und ausgebaut werden", so Herrmann. "Dazu werden wir 2024 eine erste bayerisch-ungarische Kommunal-Konferenz durchführen. Dazu sollen alle Partnergemeinden in Bayern und Ungarn, die partnerschaftliche Beziehungen miteinander haben, eingeladen werden.

Insgesamt wolle man in Zukunft die freundschaftlichen Kontakte "zwischen den Menschen in Europa" besser pflegen. Was mit den Asylsuchenden außerhalb Europas passiert, soll laut Meinung der beiden Politiker auch außerhalb Europas entschieden werden.

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