Mitarbeiter der Spenglerfirma Goepfert bei der Montage von Solarblechen auf dem Dach eines Hauses in der Altstadt von Wasserburg am Inn.
Bildrechte: BR / Peter Solfrank

Ein Projekt in Wasserburg könnte den Weg für Solaranlagen auf denkmalgeschützten Häusern ebnen.

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Photovoltaik in der Altstadt: Wasserburgs Ampel-System kommt an

Denkmalschutz und erneuerbare Energien – geht das zusammen? Wasserburg am Inn hat eine Lösung für Photovoltaik-Anlagen auf Dächern in der Altstadt gefunden: Ein Ampel-System regelt, was wo erlaubt ist. Burghausen hat es schon übernommen.

Über dieses Thema berichtet: Mittags in Oberbayern am .

Bauunternehmer Helmut Grundner hat lange dafür gekämpft: Das Haus, das er in der Altstadt von Wasserburg am Inn umbaut, ist denkmalgeschützt. Nun kann endlich auf dem Dach eine Solaranlage montiert werden – mit neuartiger Technik und als Modellprojekt der Stadt. Es handelt sich um Solarblech, ein fester Verbund aus Strom erzeugender Solarfolie und Stahlblech. Der Vorteil: Das Ganze sieht kaum anders aus als die anderen Dächer in der Altstadt.

Der Weg dorthin war mühsam. Über ein Jahr habe es gedauert, bis mit der Montage des Dachs begonnen werden konnte, sagt Grundner, der einer von neun an dem Projekt beteiligten Bauherren ist. "Wir mussten uns einig werden, dass wir das auch wirklich machen – das Abenteuer, weil's ja noch nicht so viele Beispiele gibt."

Aufs Dach kommt auch noch eine Wärmepumpe

Grundner will nicht nur Strom gewinnen: Die Anlage ist Teil eines Gesamtkonzepts, zu der auch eine Wärmepumpe gehört. Die kommt im Frühjahr aufs Dach – an die Stelle, an der früher ein großer Kamin war. "Da haben wir natürlich auch das Denkmalamt erst einmal dazu überreden müssen, dass wir da eine Wärmepumpe – also ein technisches Teil auf dem Dach – platzieren." Da sie aber relativ dunkel sei, werde sie "am Ende des Tages hoffentlich eigentlich ausschauen wie ein historischer Kamin", sagt Grundner.

Stadtbaumeisterin: Altstadt ist kein Museum

Erneuerbare Energien mitten in der streng denkmalgeschützten Stadt mit ihren mittelalterlichen Häusern – dass dieser technische Fortschritt jetzt möglich ist, daran hat die Wasserburger Stadtbaumeisterin Mechtild Herrmann großen Anteil. Sie hat versucht, das Ganze pragmatisch anzugehen. "Es ist nicht so, dass man die Solaranalage nicht sehen darf, aber sie darf das Denkmal nicht prägen oder überformen, sondern sie soll ganz unspektakulär ein Teil davon sein", erklärt Herrmann. Die Anlage füge sich gestalterisch gut ein, und damit könne auch die Stadt sich in die Zukunft entwickeln – "es ist ja kein Museum".

Hinter der Stadt liegt ein langer Prozess: Die Verwaltung hat sich mit dem Denkmalamt zusammengesetzt und den Wasserburger Klimadialog – ein Gremium aus Stadträten und externen Fachleuten – ins Boot geholt. Gemeinsam hat man neue Wege gesucht. Der erste Schritt: Schauen, welche Techniken gibt es jenseits der herkömmlichen Solarpaneele. So hat man unter wissenschaftlicher Begleitung Dachziegel mit aufgeklebter Photovoltaikplatte begutachtet, ebenso eine Solarfolie zum Kleben. Tatsächlich soll demnächst ein Dach in der Wasserburger Altstadt mit Solarziegeln gedeckt werden. Stadt und Denkmalamt fördern Planung und Installation bei diesen Modellprojekten.

Das Solarblech auf dem Dach von Helmut Grundner ist bereits verlegt. Der Wasserburger Spenglermeister Robert Weinzierl war anfangs skeptisch: Denn er verarbeitet normalerweise weiches Blech – die Paneele aber bestehen aus hartem Stahlblech. Er habe es sich schwieriger vorgestellt, sagt Weinzierl. "Es hat wirklich ganz normal mit der Spenglerarbeit zu tun, ist Falztechnik, und die Verbindungen sind auch weitgehend so, wie man es machen kann. Also, finde ich gut!", lautet das Fazit des Spenglermeisters.

Altstadt mittels Ampel-System in verschiedene Zonen unterteilt

Mit dem Wissen um die neuen Techniken ist in Wasserburg eine neue Gestaltungssatzung entstanden. Sie macht für Bauherren auf einen Blick ersichtlich, wo in der Stadt was möglich ist. Im September des vergangenen Jahres trat sie in Kraft. Die Stadt wurde dafür in verschiedene Zonen eingeteilt. "Es ist wie ein Ampelsystem: Wir haben also Rot – Burg und Kirche –, da gehen keine Solaranlagen", erklärt Stadtbaumeisterin Herrmann. "Aber im orangen Bereich gehen gut gestaltete Solaranlagen mit Bahnenstruktur und farblicher Anpassung. Auf den gelben Bereichen gehen angepasste Anlagen, und auf den grünen ist so gut wie alles möglich." Acht Anträge für Solaranlagen seien seitdem eingegangen – "die sind alle ohne Probleme durchgegangen".

Offenbar ist das Ganze auch für andere Städte überzeugend: So hat auch die Stadt Burghausen an der Salzach die Satzung im Wesentlichen übernommen. Weitere Städte interessieren sich dafür. Und Bauunternehmer Grundner hofft, dass sein zukunftsweisendes Energiekonzept mit Solarblech und Wärmepumpe ein großes Plus bei der Vermietung der geplanten acht Wohneinheiten in dem Haus in der Wasserburger Altstadt darstellt.

Mitarbeiter der Spenglerfirma Goepfert bei der Montage von Solarblechen auf dem Dach eines Hauses in der Altstadt von Wasserburg am Inn.
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Denkmalschutz und erneuerbare Energien müssen kein Widerspruch sein, wie man in der Altstadt von Wasserburg sehen kann.

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