Menschen auf dem Bahngleis in München
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Ab Mittwoch will die Lokführergewerkschaft GDL erneut streiken.

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Lokführergewerkschaft GDL ruft zu sechstägigem Streik auf

Im Tarifkonflikt mit der Bahn hat die GDL erneut zum Streik aufgerufen. Der Güterverkehr soll ab Dienstagabend bestreikt werden, in der Nacht zu Mittwoch folgt - sechs Tage lang - der Personenverkehr. GDL-Chef Weselsky wirft der Bahn Trickserei vor.

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Die Lokführergewerkschaft GDL hat ihre Mitglieder zu einem knapp sechstägigem Streik aufgerufen, im Güterverkehr ist es noch ein halber Tag mehr. Dieser werde im Personenverkehr am frühen Mittwochmorgen, um 2.00 Uhr beginnen und bis Montag kommender Woche, 18.00 Uhr andauern, teilte die Gewerkschaft in der Nacht zu Montag mit. Die Gewerkschaftsmitglieder bei der für den Güterverkehr zuständigen DB Cargo sind bereits ab Dienstag, 18.00 Uhr zum Streik aufgerufen. Damit stehen Pendlerinnen und Pendler erneut schwierige Tage mit Tausenden Zugausfällen bevor.

Zug im Hauptbahnhof München
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Lokführergewerkschaft GDL ruft zu sechstägigem Streik auf

GDL-Chef Weselsky: Bahn "trickst und täuscht"

Erst am Freitag hatte die Deutsche Bahn ein neues Tarifangebot vorgelegt, um die GDL wieder an den Verhandlungstisch zu holen. Darin ist unter anderem auch eine Option zu einer Stunde weniger Arbeitszeit für Lokführer und Zugbegleiter ab dem 1. Januar 2026 enthalten. Für neue Verhandlungen reichte dies aber offenbar nicht aus.

Das neue Angebot von Deutsche-Bahn-Verhandlungsführer Martin Seiler sei keine Verhandlungsgrundlage, sagte GDL-Chef Claus Weselsky am Montag. "Herr Seiler trickst und täuscht an der Stelle auch die Bahnkunden, nicht nur seine eigenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter." Die angebotene Senkung der Wochenarbeitszeit um eine Stunde habe Seiler daran gekoppelt, dass die Bahn ausreichend zusätzliche Mitarbeiter einstellen könne. Zudem weigere sich die Bahn über einen GDL-Tarifvertrag für Beschäftigte in der Infrastruktur überhaupt zu verhandeln. Die GDL werde nur an den Verhandlungstisch kommen, wenn es keine Vorbedingungen gebe. Eine Schlichtung lehnte Weselsky erneut ab.

Im Video: GDL-Pressekonferenz - Angebot der Bahn keine Basis für Verhandlungen

VIDEO: GDL-Pressekonferenz: Angebot der Bahn keine Basis für Verhandlungen
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Bahn will nicht gegen Streik klagen

Die Deutsche Bahn wird nicht erneut versuchen, den angekündigten Streik der GDL gerichtlich zu verhindern. "Die DB wird gegen den sechstägigen GDL-Streik keine Rechtsmittel einlegen", erklärte ein Konzernsprecher am Montag. "Eine einstweilige Verfügung zu erwirken, ist nach rechtlicher Prüfung aktuell nicht geplant."

DB-Personalchef Martin Seiler appellierte an das Verantwortungsbewusstsein der Gewerkschaft und forderte sie zur Rückkehr an den Verhandlungstisch auf: "Das Gebot der Stunde ist es, Verantwortung zu übernehmen und endlich wieder zu verhandeln", sagte er. "Gerade in diesen Zeiten ist eine starke Sozialpartnerschaft wichtiger denn je." Dazu gehörten "zwingend" Kompromisse.

Es brauche nun Verhandlungen, sagte Seiler. Die Bahn biete dafür einen "überdurchschnittlichen Gehaltsabschluss und eine Arbeitszeitverkürzung bei gleichem Gehalt". Alles liege jetzt auf dem Tisch. Die DB sei "zu jeder Zeit und an jedem Ort verhandlungsbereit" und habe der GDL bereits "große Zugeständnisse" gemacht. Die Lokführergewerkschaft sei aber "nicht einmal bereit zu verhandeln".

Verkehrsminister Wissing kritisiert Streikankündigung

Bundesverkehrsminister Volker Wissing kritisierte die Streikankündigung scharf. "Ich habe null Verständnis für diese Form der Tarifauseinandersetzung", sagte der FDP-Politiker im gemeinsamen Morgenmagazin von ZDF und ARD. Seiner Meinung nach nimmt der Tarifkonflikt zwischen Bahn und GDL zunehmend destruktive Züge an. "Ich glaube auch nicht, dass Herr Weselsky sich und seiner Gewerkschaft mit diesem Stil einen Gefallen tut", fügte Wissing mit Bezug auf den GDL-Vorsitzenden hinzu.

Wegen Bahn-Streiks: Betroffene können geplante Reisen vorziehen

Die Deutsche Bahn erwartet "massive Beeinträchtigungen" im Fern-, Regional- und S-Bahn-Verkehr. Wer bereits ein Ticket für eine Reise ab Mittwoch hat, kann diese vorziehen und am Montag und Dienstag antreten, wie die Bahn mitteilte. Fahrscheine können demnach auch zu einem späteren Zeitpunkt genutzt oder storniert werden.

Pro-Bahn - Sechstägiger Streik ist eine Zumutung für Reisende

Der Fahrgastverband Pro Bahn sieht den neuen Arbeitskampf als enorme Belastung für Reisende. "Der sechstägige Streik ist für Fahrgäste eine Zumutung", sagte der Bundesvorsitzende von Pro Bahn, Detlef Neuß, der Nachrichtenagentur Reuters. "Das ist uns ein bisschen sehr viel." Durch die lange Dauer seien nun auch Wochenendpendler betroffen. Neuß kritisierte, der Ausstand betreffe vor allem die Fahrgäste, die aber gar keine Tarifpartner seien. "Das sollte man bei der Dauer der Streiks berücksichtigen." Derzeit gebe es sehr wohl Reisende, die Verständnis für die Anliegen der Lokführer hätten. "Aber bei einem Sechs-Tage-Streik dürfte sich das Verständnis der Fahrgäste sicher halbieren."

Neuß zeigte sich optimistisch, dass die Bahn im Fernverkehr wieder versuche, 20 Prozent der Züge fahren zu lassen. Dies dürfte aber bei einem sechstägigen Streik schwieriger sein als bei einem dreitägigen wie zuletzt. "Denn die Leute, die man da einsetzt, müssen ja ihre gesetzlich vorgeschriebenen Pausen einhalten."

Das neue Angebot der Bahn

Das am Freitag präsentierte Angebot der Bahn sieht 4,8 Prozent mehr Geld für die Beschäftigten ab August und weitere 5 Prozent mehr ab April 2025 vor. Zudem ist die Zahlung der Inflationsausgleichsprämie gleich nach einem möglichen Tarifabschluss vorgesehen. Die Laufzeit soll dem DB-Angebot zufolge bei 32 Monaten liegen.

Lokführern und Zugbegleitern bietet die Bahn darüber hinaus an, ab dem 1. Januar 2026 die Arbeitszeit bei gleichem Gehalt von 38 auf 37 Stunden zu reduzieren. Wer sich gegen die Absenkung entscheidet, bekommt gemäß dem Angebot stattdessen 2,7 Prozent mehr Geld. In Summe erhielten die Beschäftigten, die bei der aktuellen Arbeitszeit bleiben, mit dem Angebot brutto 13 Prozent mehr Geld als jetzt. Die GDL fordert 555 Euro mehr pro Monat sowie eine Inflationsausgleichsprämie bei 12 Monaten Laufzeit.

Was die GDL fordert

Viel wichtiger ist der Gewerkschaft den öffentlichen Aussagen zufolge aber eine Arbeitszeitreduzierung für Schichtarbeiter von 38 auf 35 Stunden pro Woche bei vollem Lohnausgleich. Die Forderung hält die Bahn in diesem Umfang für unerfüllbar, auch weil dann zu viel neues Personal gebraucht werde. Schon jetzt gibt es bei Lokführern und auch in anderen Bahn-Berufen einen Fachkräftemangel.

Zudem gilt das Angebot der Bahn nur für Beschäftigte im Zugverkehr. Die GDL will jedoch auch einen Tarifvertrag für die Beschäftigten in der Infrastruktur abschließen: Dazu gehören etwa die Stellwerker, die für einen reibungslosen Schienenverkehr sorgen. Dazu ist die Bahn nicht bereit.

Der Tarifkonflikt zwischen der Bahn und der GDL läuft seit Anfang November. Die GDL erklärte die Gespräche bereits nach der zweiten Verhandlungsrunde für gescheitert. Seit dem 24. November wurde daher nicht mehr verhandelt. Nach einer Urabstimmung unter den GDL-Mitgliedern sind auch unbefristete Streiks möglich.

Mit Informationen von dpa, Reuters und AFP

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