In einem Behandlungszimmer einer Praxis hängt ein Stethoskop vor einer auf einem Bildschirm dargestellten digitalen Patientenakte.
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In einem Behandlungszimmer einer Praxis hängt ein Stethoskop vor einer auf einem Bildschirm dargestellten digitalen Patientenakte.

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Patientendaten weitergeben: Arzt klagt gegen Honorarabzug

Sollen Ärzte, die sich gegen die elektronische Weitergabe von Patientendaten wehren, Honorarkürzungen hinnehmen? Das verhandelt heute das Sozialgericht München. Geklagt hat ein Arzt aus Kulmbach. Er beruft sich auf die ärztliche Schweigepflicht.

Patientendaten elektronisch weitergeben - da hat ein Teil der Ärzte ernste Bedenken wegen des Datenschutzes. Ein Augenarzt hat nun vor dem Sozialgericht München geklagt. Er will nicht hinnehmen, dass ihm Honorar abgezogen wird, weil er nicht bei dem elektronischen System mitmachen will.

Es gehe um eine Musterklage, sagt der Augenarzt Gernot Petzold aus Kulmbach. Er sitzt im Vorstand des Bayerischen Facharztverbandes (BFAV). Beklagt ist die Kassenärztliche Vereinigung Bayern (KVB). Konkret wendet sich Petzold gegen den Abzug von einem bis 2,5 Prozent der Kassen-Vergütung. Hintergrund ist laut Petzold die ärztliche Schweigepflicht und die Sicherheit der Patientendaten.

Elektronisches System verteilt Patientendaten

Seit einigen Jahren sind Ärzte und Psychotherapeuten verpflichtet, sich an die sogenannte Telematikinfrastruktur (TI) anzuschließen, über die Patientendaten zentral verteilt werden. Damit könnten auch Personen Zugang zu den Daten haben, die nicht der ärztlichen Schweigepflicht verpflichtet sind, argumentiert Petzold. "Es ist für mich nicht kontrollierbar, wer die Daten nutzen kann. Dadurch ist das Persönlichkeitsrecht der Patienten verletzt."

Ursprünglich hatten sich laut BFAV rund 2.800 Ärzte und Psychotherapeuten in Bayern nicht an die TI angeschlossen, das belegen früheren Daten. Nach neueren Zahlen sollen es noch 1.600 sein. Diese Ärzte müssen Honorarkürzungen hinnehmen. "Mein Recht auf meine ärztliche Schweigepflicht muss ich mit einigen Tausend Euro im Quartal bezahlen", sagt Petzold.

Weitere Klagen in München und Stuttgart

Das Sozialgericht München hatte nach Angaben einer Sprecherin bereits im vergangenen November eine ähnlich lautende Klage eines Zahnarztes abgewiesen. Weitere Klagen sind anhängig. Auch in Stuttgart hatte laut "Ärztezeitung" ein Arzt ohne erstinstanzlichen Erfolg geklagt. Man gehe davon aus, dass höchstrichterlich vom Bundessozialgericht entschieden werden müsse, sagte die Gerichtssprecherin. Es gehe um grundsätzliche Fragen, insbesondere, ob die gesetzlichen Grundlagen der Verpflichtung mit höherrangigem Recht wie dem Grundgesetz und der Datenschutzgrundverordnung der EU vereinbar seien.

Elektronische Gesundheitskarte

Petzold sieht die "gesamte ärztliche Behandlung in Gefahr, wenn die Menschen nicht mehr vertrauensvoll mit dem Arzt reden können." Schon jetzt seien bestimmte Diagnosen auf der elektronischen Gesundheitskarte gespeichert. Solange der Patient Herr seiner eigenen Daten bleibe, sei das in Ordnung. Es könne aber nicht sein, dass solche Daten quer durch die Republik geschickt würden, so Petzold.

Interesse an Patientendaten und Hackerangriffe

"Einen Anschluss meines Praxisservers ans Internet - das will ich nicht. Ich habe eine voll digitalisierte Praxis, aber das System ist in sich geschlossen", sagte Petzold. Seine Bedenken: Verschiedene Institutionen und Firmen, darunter Pharmafirmen, IT-Unternehmen und Hersteller medizinischer Geräte, hätten Interesse an den Daten. Zudem gebe es immer wieder Hackerangriffe.

Der Prozess sorgt für großes Interesse bei der Ärzteschaft. Einige Vertreter wollten extra anreisen. Allerdings gibt es nur 15 Publikumsplätze. Laut Gerichtssprecherin wurde der größte verfügbare Raum im Gericht gewählt.

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