Verhageltes Wohnmobil in einer Kfz-Werkstatt in Augsburg
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Verhageltes Wohnmobil in einer Kfz-Werkstatt in Augsburg

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Nach Hagelsturm: Sammeltermine und Werkstätten am Limit

Das Hagel-Unwetter Ende August hat in Südbayern so viele Schäden verursacht, dass deren Beseitigung zur Mammutaufgabe wird. Versicherer bieten Sammeltermine an, Kfz-Werkstätten werden überrannt – und Spezialisten sind gefragt wie nie.

Über dieses Thema berichtet: Mittags in Schwaben am .

Das Blech sieht ein bisschen aus wie die Oberfläche des Mondes: Kleine Krater, wohin das Auge blickt. In den Kfz-Werkstätten im Süden Augsburgs ein derzeit gängiges Bild, nachdem der Hagelsturm vor eineinhalb Wochen hunderte, wenn nicht tausende Fahrzeuge in der Region zerdellt oder gar zerstört hat. Teils hat eine einzige Fahrzeugseite hunderte Treffer abbekommen.

Es trifft Privatleute – und es trifft Unternehmen wie das Autohaus Loder in Kissing bei Augsburg, wo der Hagel besonders stark gewütet hat. Mehrere Fahrzeuge bietet der Autohändler online an, doch trotz vieler Anfragen kann Verlaufsleiter Jürgen Hoch die Autos nicht verkaufen. "Von den 20 Fahrzeugen auf dem Hof hat mindestens die Hälfte einen Totalschaden", sagt Hoch. Und der Rest muss nun repariert werden, so wie Zehntausende weitere Fahrzeuge in den Hagel-Regionen.

Hagelschaden: Wie reagieren die Versicherungen?

Betroffene müssen dabei zwei Hürden überwinden. Nadelöhr eins: die Versicherer, die grünes Licht geben müssen für eine Reparatur. Doch angesichts der gewaltigen Anzahl an Schadensfällen stehen die Versicherer selbst vor einem Problem. Die Allianz und die Huk Coburg haben deshalb Sammel-Besichtigungen angekündigt, wo Gutachter im Stakkato-Modus Autos begutachten werden.

Vorausgesetzt, die Betroffenen können mit ihrem Auto überhaupt fahren. Wo wir bei Nadelöhr Nummer zwei wären: die Kfz-Werkstätten. In den betroffenen Regionen momentan einen Termin zu bekommen, ist teils schwierig, in manchen Fällen schlicht unmöglich. "Wir werden überrannt", sagt der Chef eines Kfz-Betriebs im Süden Augsburgs.

Not-Reparaturen in den Kfz-Werkstätten

Derzeit werden vor allem Not-Reparaturen durchgeführt, um die Autos überhaupt wieder fahrtüchtig zu machen. Das heißt vor allem: zerstörte Scheiben austauschen, Rückspiegel wechseln, Lichter ersetzen. "Sogar Nummernschilder sind kaputt", berichtet Verkaufsleiter Hoch. Frontscheiben seien bereits Mangelware, hört man aus den Werkstätten. Immerhin: Bei den Not-Reparaturen seien die Versicherer sehr kulant.

Bei vielen Autos wird es aber wohl nichts mehr mit der Reparatur. Während bei teuren Modellen das Instandsetzen wirtschaftlich sinnvoll ist, dürften viele Kleinwägen ein Totalschaden sein, wenn die Kosten der Reparatur den Wert des Autos übersteigen. Das Problem für die Betroffenen: Neuwägen sind in den Hagel-Regionen schwerer zu finden, da auch viele Autohäuser betroffen sind. Und auch Mietwägen seien im Nu vergriffen.

Hagelschaden: Spezialisten sind gefragt

Hinzu kommt, dass die Beseitigung von Hagelschäden ein diffiziles Unterfangen ist. Spezialwerkstätten übernehmen diese Arbeit, mit viel Gefühl und Erfahrung wird am verdellten Blech gezogen und gedrückt. Die Hände der Spezialisten sind oft versichert, das Gefühl in ihren Händen ist bislang nicht zu ersetzen.

Und bei den sonstigen Schäden ist Schnelligkeit gefragt: Dringt durch Risse und Löcher Feuchtigkeit in die Elektronik ein, ist eine Reparatur auf lange Sicht oft nicht mehr sinnvoll, so ein Werkstatt-Leiter.

Mehrere zehntausend Schäden an Häusern oder Autos

Bleiben die Häuser, an denen Dächer, Fenster oder Jalousien teils schwer beschädigt wurden. Auch hier haben sich Zehntausende Schäden summiert. "Wir werden in den nächsten Wochen Zwölf-Stunden-Tage haben", sagt ein Glaser aus Augsburg.

Die Allianz-Versicherung geht in ganz Südbayern von rund 40.000 Sachschäden aus, vor allem an Häusern. Bei den Autos würden etwa 15.000 Schadensfälle erwartet. Der Huk Coburg wurden bislang knapp 18.000 Schäden gemeldet: Beschädigt wurden 12.000 Fahrzeuge – vor allem durch Hagel – und 6.000 Gebäude. "Wir rechnen derzeit mit einem Schadenvolumen von 44 Millionen Euro", so eine Huk-Sprecherin.

Versicherer erwarten mehr schwere Unwetter

"Der Klimawandel begünstigt die Zunahme von schweren Unwettern", heißt es von der Allianz. Extremwetterereignisse wie der Hagel dürften in Zukunft häufiger auftreten und Schäden verursachen, so der Versicherer zu BR24. Mittelfristig könnte das branchenweit zu steigenden Kosten für die Versicherten führen: "Wir als Versicherer müssen natürlich mit Unwetterereignissen rechnen und die Versicherungsbeiträge entsprechend des erhöhten Risikos kalkulieren, wenn diese vermehrt auftreten", erklärt die Allianz.

Bei Auto Loder in Kissing bei Augsburg hat man inzwischen mit dem Entfernen der Beulen begonnen. Ein Auto pro Tag schaffe der Spezialist, sagt Verkaufsleiter Jürgen Hoch. Doch selbst wenn er die Fahrzeuge wie neu zurückbekommt: Bei den Online-Inseraten muss er künftig einen Hagelschaden anführen, was den Verkaufspreis und damit seine Einnahmen drückt.

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