ARCHIV - 23.11.2022, Katar, Al-Rajjan: Fußball, WM 2022 in Katar, Vorrunde, Gruppe E, Spieltag 1, im Chalifa International Stadium in Al-Rajjan, Deutschlands Trainer Hans-Dieter Flick schlägt mit Deutschlands Thomas Müller bei dessen Auswechslung ein. (zu dpa: «Flick holt Müller zurück ins DFB-Team - Ausfall von Füllkrug droht») Foto: Robert Michael/dpa +++ dpa-Bildfunk +++
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Hansi Flick und Thomas Müller

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Thomas Müller beim DFB: Die Rolle rückwärts von Hansi Flick

Eigentlich schien die Nationalmannschafts-Karriere von Thomas Müller beendet. Nun ist er zurück. Dabei überraschen auch Zeitpunkt und Herangehensweise von Bundestrainer Hansi Flick. Eine Analyse.

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Nun ist er also wieder da: Thomas Müller kehrt in den Kreis der Nationalmannschaft zurück. Bundestrainer Hansi Flick hat den 33-Jährigen für die Länderspiele gegen Japan (9. September) und Frankreich (12. September) nominiert. Beziehungsweise: Er hat ihn nachnominiert. Müller gibt sein Comeback im DFB-Dress, weil Niclas Füllkrug angeschlagen auszufallen droht. Die Art und Weise, mit der Müller wieder in den Kreis der besten deutschen Fußballer aufgenommen wird, lässt vermuten, dass Flick nicht aus Überzeugung handelt.

BR24Sport überträgt das Spiel Deutschland - Japan am 9. September ab 20.45 Uhr live in der Radioreportage. Hier geht es zum Liveticker.

Wenig Spielzeit, Verletzung – Müllers harter Saisonstart

Vielmehr zeigt der Umgang mit der Personalie Müller, wie schwer es Flick aktuell fällt, den Umbruch beim DFB-Team voranzutreiben. Der 121-fache Nationalspieler war zwar im vergangenen Jahrzehnt ein absoluter Leistungsträger in der Nationalmannschaft, doch seine Zeit schien nach der schwachen WM in Katar endgültig vorbei.

Eine Rückkehr schien gerade zum aktuellen Zeitpunkt eigentlich ausgeschlossen, deutete auch Hansi Flick bei der Kadernominierung am vergangenen Donnerstag an. Die Verletzung, wegen der Müller weite Teile der Vorbereitung verpasst hatte, die mangelnde Spielzeit (in den drei ersten Saisonspielen kam der Weltmeister von 2014 auf insgesamt 94 Minuten) – die Argumente sprachen allesamt gegen eine Nominierung des FC-Bayern-Spielers.

Kaum Änderungen zur WM in Katar

"Neue Einflüsse sind wichtig, damit eine Mannschaft lebt und sich entwickelt", hatte Flick nach der WM die Nichtnominierung etablierter Leistungsträger begründet und sie angezählt. Neun Monate später gleicht das Mittelfeld und die Offensive der Nationalmannschaft sehr dem Kader, der in Katar nicht über die Gruppenphase hinauskam. Pascal Groß (Brighton & Hove Albion) kam hinzu, Florian Wirtz ersetzt Mario Götze, Kevin Schade (FC Brentford) kam für Youssoufa Moukoko (Borussia Dortmund) und Leon Goretzka erhält eine Denkpause. Neue Einflüsse sucht man sonst vergebens.

Zudem überrascht, dass Müller den Ausfall von Niclas Füllkrug kompensieren soll. Müller ist zwar mit 44 Nationalmannschaftstoren der beste Torschütze der aktiven DFB-Spieler (Platz 7 in der DFB-Historie), doch weder ist seine Trefferquote (0,36 Tore/Spiel), noch seine Spielweise die eines echten Mittelstürmers, den der DFB so dringend sucht.

Mögliche Alternativen im Sturmzentrum: Volland? Werner? Behrens?

Alternativen gibt es durchaus, doch scheinbar ist Flick von keiner wirklich überzeugt: So auch nicht von Timo Werner (RB Leipzig), den Flick erneut nicht nominiert hat. Werner ist zwar nicht unbedingt wuchtig, doch bringt er mit seiner Schnelligkeit und Pressingstärke andere wichtige Eigenschaften mit. In 57 Spielen im DFB-Dress erzielte er 24 Tore.

Der ehemalige FC-Augsburg-Spieler Mergim Berisha (nun Hoffenheim) scheint bei seinem Nationalelf-Debüt im März keinen bleibenden Eindruck hinterlassen zu haben. Kevin Behrens (32) von Union Berlin traf in dieser Bundesliga-Saison zwar bereits vier Mal, doch eine DFB-Karriere wie Füllkrug traut man ihm aktuell wohl eher nicht zu. Teamkollege Kevin Volland könnte mit seiner Rückkehr in die Bundesliga wieder vermehrt in den Fokus des Bundestrainers rücken, der ihn bereits 2021 für zwei WM-Qualifikationsspiele nominiert hatte. Moukoko dürfte nach Dortmunds Verpflichtung von Füllkrug nur noch selten Spielzeit bekommen.

Keine Zeit für "Jugend forscht"

Lohnen könnte sich auf lange Sicht der Blick in die U-Nationalmannschaften: Dort spielt Maximilian Beier (20), der bei der TSG Hoffenheim aktuell um einen Stammplatz kämpft und mit zwei Toren und einer Vorbereitung in drei Bundesligaspielen (insgesamt 100 Minuten Einsatzzeit) auf sich aufmerksam machte. Tim Lemperle (21) ist aktuell Stammstürmer bei der SpVgg Greuther Fürth, konnte jedoch seit seinem Debüt nicht mehr treffen.

Doch Zeit, langfristig zu arbeiten, bleibt Flick eigentlich nicht mehr. In einem dreiviertel Jahr steht das Eröffnungsspiel der EM 2024 in der Münchner Arena im Kalender. Und die Baustellen im DFB-Team sind groß und der Trainerstuhl von Flick wackelt gewaltig. Auch deshalb dürfte er lieber auf Altbewährtes anstatt auf Experimentierfreude setzen.

Zwei überzeugende Auftritte gegen Japan und Frankreich würden sowohl Flick als auch Müller helfen, eine längere Zukunft bei der Nationalmannschaft zu haben. Denn das letzte überzeugende Spiel der Nationalmannschaft lässt sich auf den 14. Juni 2022 datieren – ein 5:2-Sieg gegen Italien. Thomas Müller war damals mit einem Tor beteiligt.

Thomas Müller und Bundestrainer Hansi Flick bei der WM in Katar 2022
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Thomas Müller und Bundestrainer Hansi Flick bei der WM in Katar 2022

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