Nach Hagelschäden: Jetzt beginnt der Wiederaufbau
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Nach Hagelschäden: Jetzt beginnt der Wiederaufbau

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Hagelschäden: Handwerker und Kfz-Werkstätten im Ausnahmezustand

Auch vier Tage nach dem verheerenden Hagelunwetter laufen die Aufräumarbeiten in Bad Bayersoien und Benediktbeuern. Dächer und Fenster müssen abgedichtet, Autos abgeschleppt werden. Bei Handwerkern und Autowerkstätten herrscht Ausnahmezustand.

Über dieses Thema berichtet: BR24 im Radio am .

Schleppen, schlafen, schleppen, schlafen. So sehen die Tage und Nächte von Hans Mayr seit dem Hagelsturm in den Landkreisen Garmisch-Partenkirchen und Bad Tölz-Wolfratshausen aus. Fast 70 Autos hat er bereits abgeschleppt. Seit fast 40 Jahren ist der Murnauer in der Branche. So eine Ausnahmesituation habe er bisher nicht erlebt. "Es fordert einen schon, und es ist kein Ende absehbar. Das ist das Schlimme", sagt er. "Noch fünf Autos? Nein, es sind noch viele, viele, die da kommen."

Abschleppwagen im Dauerbetrieb

Jetzt muss er ein Auto an einem Hotel in Bad Bayersoien abschleppen. Ein Gast hat seinen beschädigten Wagen auf dem Parkplatz abgestellt. Den Schlüssel hatte er Mayr schon vorbeigebracht. Der Gast selbst ist nicht mehr da. "Das sieht ja gar nicht so schlimm aus – also verglichen mit den anderen." Bei dem Auto ist "nur" die Frontscheibe zertrümmert, es sind keine Splitter im Wageninneren, das Schiebedach ist nicht durchschlagen.

"Also, der ist noch ein Glücklicher", bilanziert Mayr und fährt das Auto vorsichtig aufs Plateau des Abschleppwagens und macht es fest. "So, den haben wir jetzt verladen. Jetzt fahren wir wieder zurück und holen uns den nächsten Auftrag."

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Hans Mayr beim Abschleppen eines Wagens

Zerbeultes Blech, durchlöcherte Frontscheiben

Das Auto kommt erst einmal auf den Hinterhof vom Autohaus Mayr. Da ist aber kaum noch Platz. Es gleicht einem Autofriedhof: zerbeultes Blech, durchlöcherte Frontscheiben, zersplitterte Scheinwerfer. Die beschädigten Autos gehören Einheimischen, aber auch Touristen. Etwa Heribert Lindinger. Der Münchner wollte mit seiner Frau ein paar ruhige Tage in Bad Bayersoien verbringen. Daraus wurde nun nichts. Was jetzt mit seinem Auto passiert, ist noch unklar.

"Ja, es sind die Fenster zerstört, und die Hagelbeulen. Da muss man sehen, ob man mit diesem Auto auch in Zukunft noch glücklich wird", sagt er. "Ich habe das Auto schon sehr lange und hab es auch sehr gepflegt. Und da hängt man dann einfach ein bisschen dran."

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Vom Unwetter beschädigtes Auto

Zimmerer muss auch eigenes Dach reparieren

Ortswechsel nach Benediktbeuern in den Landkreis Bad Tölz-Wolfratshausen, wo Zimmerer Michael Sonner seit dem Wochenende alle Hände voll zu tun hat: Dächer reparieren, Dächer dicht machen. Auch sein eigenes Haus ist beschädigt. Er und seine Leute kommen an ihre Grenzen. "Ich schalte einfach um zehn das Telefon aus, denn es rufen bis zehn Uhr am Abend noch Leute an und weinen, weil das Dach nicht dicht ist", berichtet er.

Ein Problem: Es gab keine Dachplatten mehr. Sonner hat sie inzwischen organisiert. "Wir kriegen jetzt bis Freitag noch fast 30 Sattelzüge. Das ist schon einiges, aber es reicht bei Weitem nicht. Mit Sicherheit wird es Leute geben, die in vier oder in fünf Wochen erst die ersten Dachplatten bekommen."

Zerschlagene Fenster und Dächer, zerstörte Gebäude und Gärten - das Aufräumen und Reparieren nach dem Ausnahmeunwetter hat begonnen.
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Zerschlagene Fenster und Dächer, zerstörte Gebäude und Gärten - das Aufräumen und Reparieren nach dem Ausnahmeunwetter hat begonnen.

Schaden am Gasthaus "Herzogstand": 150.000 Euro

Aktuell arbeitet der Zimmerer am Gasthaus "Herzogstand" in Benediktbeuern. Das Dach ist komplett kaputt. Geschätzter Schaden: 150.000 Euro. Die Reparatur wird Monate dauern. Wirt Josef Reßl nimmt es, wie es ist. "Vor lauter Arbeiten sind wir nicht zum Rasieren gekommen. Und jetzt arbeiten wir halt und räumen auf", sagt er gelassen. Dann ergänzt er lachend: "Und wir klären es mit der Versicherung. Vielleicht zahlen sie, vielleicht nicht."

Katastrophenfall im Landkreis Garmisch-Partenkirchen aufgehoben

Immerhin: Der Katastrophenfall im Landkreis Garmisch-Partenkirchen wurde am Mittwoch von Landrat Anton Speer (Freie Wähler) nach vier Tagen aufgehoben. Das teilte ein Sprecher am Mittwochabend mit.

Der Katastrophenfall habe die Unterstützung mit Einsatzkräften und Material jenseits des Landkreises ermöglicht. Beispielsweise seien Notdächer aus Würzburg und dem Landkreis Kitzingen herangeschafft worden. Während des Katastrophenfalls waren zeitweise über 370 Kräfte gleichzeitig im Einsatz. Die Gemeinde Bad Bayersoien werde auch nach der Aufhebung des Katastrophenfalls weiter von Einsatzkräften und Verwaltungspersonal aus dem Landkreis unterstützt.

Denn es gibt noch viel zu tun: So wurden etwa in Bad Bayersoien 80 Prozent der Gebäude schwer getroffen. Von den 384 betroffenen Gebäuden seien bisher 198 mit Notdächern versorgt worden, die übrigen 186 mit sonstigen Planen und Folien, teilte das Landratsamt mit. Zimmerer Sonner geht jedoch davon aus, dass viele Häuser noch nächstes Jahr notdürftig mit Folien abgedeckt sein werden.

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