Der Angeklagte zu Prozessauftakt
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Der Angeklagte zu Prozessauftakt

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Mutter und Tochter vermisst: Angeklagter bestreitet Mordvorwurf

Er soll seine Frau und seine Stieftochter ermordet und die Leichen versteckt haben. Zum Auftakt im Mordprozess um einen Vermisstenfall in München hat der Angeklagte alle Vorwürfe bestritten. Er gehe davon aus, "dass die Mädchen immer noch leben."

Über dieses Thema berichtet: Regionalnachrichten aus Oberbayern am .

Sie beherrschten die Schlagzeilen in München: eine vermisste 41-jährige Frau und ihre Tochter. Am 13. Juli 2019 verschwanden die beiden spurlos. Bis heute wurden sie nicht gefunden. Sehr früh geriet der Ehemann und Stiefvater ins Visier der Ermittler. Acht Tage nach der Tat wurde er festgenommen, jetzt steht er als Angeklagter vor den Richtern am Landgericht München I.

Angeklagter bestreitet die Tat

Der 45-Jährige bestreitet vor Gericht, mit dem Verschwinden der "Mädchen", wie er Frau und Stieftochter nennt, etwas zu tun zu haben. "Das, was mir vorgeworfen wird, dazu habe ich überhaupt keinen Bezug", sagt er – mithilfe eines Dolmetschers. "Außerdem gehe ich davon aus, dass die Mädchen immer noch leben – zumindest meine Frau."

Die Gründe für diese Annahme will er allerdings nicht nennen – nur unter Ausschluss der Öffentlichkeit, weil "sonst eine Bedrohung für die beiden Frauen" entstehen könne. Das Gericht lehnt das ab. Für den Ausschluss der Öffentlichkeit sieht Richter Norbert Riedmann keine Grundlage.

Ehefrau und Stieftochter nach Streit umgebracht?

Der Angeklagte lebte mit seiner Ehefrau und der Stieftochter zusammen in einer Münchner Mietwohnung. Laut Staatsanwaltschaft kam es im Juli 2019 zwischen dem Ehepaar zu einem Streit, in dessen Verlauf der Angeklagte seine Frau umgebracht haben soll – "am ehesten durch massive, stumpfe Gewalt gegen den Kopf". Während der Mann die Wohnung notdürftig putzte, sei die 16-jährige Stieftochter nach Hause gekommen und von ihm dann ebenfalls getötet worden.

Leichen bis heute nicht gefunden

Laut Anklage hat der Mann die Leichen in sein Auto gebracht und an einem bis heute unbekannten Ort versteckt. Er habe im Baumarkt Wandfarbe besorgt und Teile der Wohnung neu gestrichen. Außerdem entfernte er – so sieht es die Anklagebehörde – einen Wohnzimmerteppich und eine Fußmatte aus dem Flur. Diese fand die Polizei später – mit dem Blut der beiden mutmaßlichen Opfer verschmiert – in einem Waldstück. Es sind die Hauptindizien in dem Mordprozess ohne Leiche.

Angeklagter: Blutspuren seien von Streit zwischen Mutter und Tochter

Für die Blutspuren präsentiert der Angeklagte seine eigene Version: Mutter und Tochter hätten am Tag ihres Verschwindens so heftig gestritten, dass sie sich gegenseitig blutige Wunden zugefügt hätten. Seine Frau habe "auf dem Hinterkopf eine blutende Beule" gehabt, die Tochter eine blutige Nase. Die Tochter habe die Mutter gewürgt.

Beide seien kaum ansprechbar gewesen, darum wisse er nicht, was los gewesen sei. "Sie befand sich in einem depressiven Zustand, sie hatte Blutspuren an sich und ich war gezwungen, sie kalt abzuduschen, damit sie wieder zu sich kam", sagt er über seine Frau.

Er glaubt, dass die Frauen noch leben

Danach seien Mutter und Tochter dann zusammen weggegangen – zum Ex-Partner und leiblichen Vater vielleicht, wie er angenommen habe. Er habe dann das Blut weggewischt, Wäsche gewaschen ("weil ich weiß, dass frisches Blut sich leichter wegwaschen lässt als getrocknetes") und die Wände gestrichen. Auch Teppich und Fußmatte habe er entsorgt, weil es nicht möglich gewesen sei, sie zu reinigen. Als Grund dafür, dass er sie nicht in die Mülltonne, sondern ins Unterholz warf, gab er Mülltrennung an. Er habe "jetzt erst begriffen, dass er die Teppiche in den Restmüll hätte werfen können".

Widersprüchliche Aussagen des Angeklagten

Bei der Polizei, wo er die beiden im vergangenen Jahr als vermisst gemeldet hatte, hatte der Mann angegeben, die Stimmung zwischen den beiden sei gut, Mutter und Tochter auf dem Weg zum gemeinsamen Shoppen gewesen, bevor ihre Spur sich verlor. Als Grund für die frisch gestrichenen Wände hatte er damals angegeben, sie seien dreckig gewesen. Ermittler fanden dann allerdings Blutspuren unter der weißen Farbe.

Seine Situation habe sich seitdem geändert, erklärt der Angeklagte die offensichtlichen Widersprüche. Damals bei der Polizei sei er noch davon ausgegangen, "dass die Frauen nach ein paar Tagen oder nach einer Woche zurückkehren und dann alles selbst erklären können", sagt er. "Jetzt ist es offensichtlich, dass die Situation nicht mehr so aussieht." Richter Riedmann sagt dazu: "Etwas provokant müsste man fragen, ob die andere Situation darauf beruht, was in den Akten als Ermittlungsergebnis steht."

Mammutprozess: Urteil voraussichtlich erst im März

Die Ermittlungsakten umfassen nach Medienberichten 23 Aktenbände. Das Landgericht München I hat für den Prozess 27 Verhandlungstage angesetzt. Anfang März könnte es das Urteil geben.

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