Seit Februar dieses Jahres gilt bereits ein Fahrverbot für Diesel der Schadstoffklasse Euro 4/IV und ab 1. Oktober sollte das Münchner Dieselfahrverbot eigentlich verschärft werden. Ab diesem Zeitpunkt hätten dann auch Diesel der Schadstoffklasse Euro 5/V weder auf den Mittleren Ring noch in die Innenstadt fahren dürfen. Doch der Münchner Stadtrat wird heute aller Voraussicht nach den Beschluss fassen, dass die geplante Verschärfung zum jetzigen Zeitpunkt unverhältnismäßig ist und deshalb vorerst nicht kommen wird.
Manche sind aufs Auto angewiesen
Stephan Eppinger aus Diessen am Ammersee ist freischaffender Musiker. Um zu seinen Veranstaltungen zu kommen, muss Eppinger rund zweimal die Woche mit seinem VW Touran Euro-5-Diesel nach München. Entweder über den Mittleren Ring oder in die Münchner Innenstadt. Eigentlich würde er ja lieber den Zug nehmen, doch das geht nicht. In seinem Auto transportiert Eppinger seine Instrumente.
Doch für seinen Diesel der Schadstoffklasse Euro 5 hätte ab 1. Oktober die Verschärfung des Münchner Dieselfahrverbots gegolten. Um trotzdem noch über den Ring fahren zu können, hätte er eine kostenpflichtige Ausnahmegenehmigung beantragen müssen. Das muss er, sofern der Münchner Stadtrat erst mal gegen die Verschärfung des Dieselfahrverbots stimmt, nun nicht mehr.
Glücklich darüber, das sei zu viel gesagt, meint Eppinger. Aber es würde ihn erst mal entlasten. Trotzdem, wenn es geholfen hätte, dass in der Stadt eine gesündere Luft herrscht, hätte er ohne weiteres eine Ausnahmegenehmigung beantragt, so der Musiker.
Bürgermeisterin Habenschaden: Luft in München viel besser
Mit dem seit Februar bestehenden Fahrverbot für Euro 4/IV Diesel ist die Stickstoffdioxid (NO2)-Konzentration laut Stadt in München stark zurückgegangen. "Die Luft in München ist so viel besser", sagt Münchens Zweite Bürgermeisterin Kathrin Habenschaden von den Grünen. Deswegen sei man sehr zuversichtlich, zeitnah die Grenzwerte in Kürze einzuhalten, "da wäre es sehr unverhältnismäßig, noch mehr Dieselfahrer auszusperren", findet sie. Gerade in Zeiten, wo man sich nicht einfach ein neues Auto kaufen könne.
Eine der dreckigsten Straßen in Deutschland
Beispiel Landshuter Allee: Über 100.000 Autos brausen hier tagtäglich durch. Die Landshuter Allee galt, was die NO2-Belastung betrifft, als eine der dreckigsten Straßen in Deutschland. Laut Stadt betrug der Stickstoffdioxid-Wert Anfang des Jahres noch rund 49 Mikrogramm pro Kubikmeter (µg/ m³). Seit dem Fahrverbot habe sich dieser Wert auf 44 µg/m³ verbessert. Der EU-Grenzwert liegt aber bei 40 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft. Trotzdem geht man bei der Stadt davon aus, spätestens im nächsten Jahr diesen Grenzwert einzuhalten.
Luftverschmutzung: Großes Gesundheitsproblem für Anwohner
"Das Problem an der Luftverschmutzung ist, dass man sie nicht sieht", sagt Volker Becker-Battaglia. Er wohnt direkt an der viel befahrenen Landshuter Allee. Für die Anwohner sei es eine Katastrophe, da nach wie vor die gesetzlich vorgeschriebenen Werte gerissen würden. "Das ist kein Schönheitsproblem, das ist ein Gesundheitsproblem für die Anwohner." Laut Weltgesundheitsorganisation (WHO) geht jeder fünfte Todesfall auf die Luftverschmutzung zurück, so Becker-Battaglia.
Ähnlich sehen das die Deutsche Umwelthilfe (DUH) und der Verkehrsclub Deutschland (VCD). Beide Verbände hatten in der Vergangenheit gegen die Überschreitung des EU-Grenzwerts von 40 µg/m³ geklagt.
Bis 2021 war der Freistaat für die Luftreinhaltung in den Kommunen zuständig. Dann gab der Freistaat diese Aufgabe an die Kommunen ab. Im Falle von München war nun die Landeshauptstadt selbst für die Erstellung eines Luftreinhalteplans zuständig. Da die Stadt befürchtete, die Klagen von VCD und DUH vor Gericht zu verlieren, entschloss sie sich, mit den beiden Verbänden einen Vergleich zu schließen. Ergebnis war das stufenweise einzuführende Diesel-Fahrverbot.
Deutsche Umwelthilfe sieht Wahlkampfmanöver
DUH und VCD sehen die geplante Aussetzung der zweiten Stufe des Dieselfahrverbots ähnlich kritisch wie Anwohner Becker-Battaglia. Das würden die Werte nicht hergeben, sagte ein DUH-Sprecher dem BR. Das sei nichts anderes als ein Wahlkampfmanöver kurz vor den Landtagswahlen. Beide Verbände haben angekündigt, die geplante Aussetzung prüfen zu wollen und gegebenenfalls rechtliche Schritte gegen die Stadt einzuleiten.
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