Unterricht an der Mittelschule mit der Klassenlehrerin, die Ansprechpartnerin für alle Schüler ist.
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Unterricht an der Mittelschule mit der Klassenlehrerin, die Ansprechpartnerin für alle Schüler ist.

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Mittelschule: Starke Schule, schlechter Ruf?

Bald beginnen die Abschlussprüfungen für Mittelschüler - erste Lehrerkonferenzen finden in diesen Tagen hierzu statt. Ein Anlass, nachzufragen: Die Mittelschule - eine starke Schule, aber mit schlechtem Ruf?

Über dieses Thema berichtet: Mittags in Niederbayern und Oberpfalz am .

Mathe-Unterricht in der 6. Klasse der Mittelschule Plattling: Sandro Gegenfurtner zeichnet mit Bleistift und Lineal ein Koordinatensystem ins Heft. "Mathe verstehe ich nicht so gut." Deswegen ist Judith Pammer an seiner Seite, seine Klassenlehrerin. Sie ist immer ansprechbar - ein Vorteil des Klassenlehrerprinzips an der Mittelschule, findet sie: "Das Klassenlehrerprinzip ist gut: Sie kennen es aus der Grundschule und wissen, an wen sie sich wenden können und haben immer einen Ansprechpartner. Der Klassenlehrer hat an der Mittelschule viele Unterrichtsfächer in seiner Klasse."

Vorteil Klassenlehrerprinzip: Weniger Druck, viele Wiederholungen

Viele Kinder würden nach der Grundschule verunsichert kommen und hätten das Gefühl, wenig zu können, überfordert zu sein, wie Pammer sagt. "Bei uns aber haben sie viel weniger Druck. Wir wiederholen ganz viel von der Grundschule und da sehen die Kinder: Ich kann es doch. So kommen sie schnell bei uns an und fühlen sich auch wohl."

Vorurteile bei Eltern

Diese Erfahrung hat auch Marion Vogt gemacht: Ihr Sohn war erst auf der Realschule, ist dann aber auf die Mittelschule gewechselt. Die stellvertretende Elternbeiratsvorsitzende aus Plattling weiß: Die Mittelschule ist in Elternhäusern oft keine Option. "Die sagen: Da sind nur die, die nichts können - aber das ist nicht so! Es gibt überall Problemfälle, die gibt es an der Realschule genauso wie am Gymnasium und der Mittelschule. Ich finde die Mittelschule eine tolle Schule, weil sie auf den Schüler eingehen und einen unterstützen."

"Gegen den Ruf ankämpfen"

Durch die Unterstützung an der Mittelschule macht Marion Vogts Sohn jetzt eine Lehre zum Schreiner. Obwohl es Erfolgsgeschichten wie diese gibt und obwohl den Schülern alle Wege nach der Mittelschule offenstehen, hat sie dennoch mit einem schlechten Ruf zu kämpfen - ungerechtfertigt, findet Plattlings Schulleiter Michael Dobler:

"Wir wollen gegen den Ruf ankämpfen: Die Schüler sind gut bei uns aufgehoben. Die Schüler haben Ansprechpartner, der Leistungsdruck wird reduziert, auch die Fülle an Unterricht wird zurückgefahren, es gibt mehr Zeit zum Wiederholen. Bei uns wären viele Schüler gut aufgehoben." Michael Dobler, Schulleiter Mittelschule Plattling

Nicht einmal jeder sechste Schüler besucht Mittelschule

Daher appelliert Dobler an die Eltern von Viertklässlern an den Grundschulen: "Hören Sie auf den Rat des Klassenlehrers!" Denn diese würden eine kompetente Empfehlung für den Übertritt abgeben - keiner kenne die Schüler, ihr Verhalten und ihren Fortschritt in der Schule so gut.

Dennoch besuchten zum Beispiel im Schuljahr 2020/2021 laut Kultusministerium rund 195.000 Schülerinnen und Schüler in Bayern eine Mittelschule, was einem Anteil von 16 Prozent unter allen Schülern an allen Schularten in Bayern entsprach. Zum Vergleich: 25 Prozent besuchten ein Gymnasium, 17 Prozent eine Realschule.

"Karriere mit Lehre": Ehemalige Mittelschüler machen Mut

Mit einem Abschluss an der Mittelschule stehen den Schülern viele Wege offen. Das beweist auch das Format "Karriere mit Lehre", das an der Mittelschule Wallerfing startete: Ehemalige Schüler erzählten, was aus ihnen seit ihrem Abschluss geworden ist. Das Format wurde bedingt durch die Pandemie weiterentwickelt, der Arbeitskreis Schule-Wirtschaft Deggendorf hat die Idee jetzt aufgenommen und setzt es für den gesamten Landkreis Deggendorf um - und zwar digital: So entstehen derzeit kurze YouTube-Clips, die Mut machen. Veronika Punzmann beispielsweise erzählt darin, dass sie nach ihrem Abschluss an der Mittelschule Hengersberg jetzt Personalreferentin in der Region wurde.

Auch Sandro Gegenfurtner an der Plattlinger Mittelschule hat einen Berufswunsch: Er will später im Medienbereich tätig sein, Videos drehen und schneiden. Mithilfe seiner Klassenlehrerin ist er auf dem besten Weg: "Ich war früher auf der Realschule - da hat es mir nicht so gut gefallen. Da waren sie strenger, das Tempo war schnell, da kam ich nicht so gut mit." Der Sechstklässler fühlt sich an der Plattlinger Mittelschule wohl. Für ihn ist es die passende Schulart.

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