Büste von Papst Benedikt XVI. vor der Kirche St. Oswald in Traunstein
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Büste von Papst Benedikt XVI. vor der Kirche St. Oswald in Traunstein

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Missbrauchsprozess: Gegen Benedikt XVI. wird separat verhandelt

Spektakulärer Missbrauchsprozess in Traunstein: Zu den Beklagten gehört neben dem mutmaßlichen Täter und dem Erzbistum auch der verstorbene Papst Benedikt XVI. Da dessen Rechtsnachfolge unklar ist, wird der Prozess gegen ihn abgetrennt.

Über dieses Thema berichtet: BR24 am .

Das Verfahren um Schmerzensgeld und Schadensersatz für einen Missbrauchsbetroffenen gegen Benedikt XVI. wird von den restlichen Beklagten abgetrennt. Das verfügte das Landgericht Traunstein am Montag.

Grund dafür ist, dass bisher keine Rechtsnachfolger des verstorbenen Papstes gefunden werden konnten, wie es in dem Beschluss heißt, der dem BR, dem Recherchenetzwerk Correctiv und der "Zeit" vorliegt.

Verwandte schlug Erbe aus - Rechtsnachfolge ungeklärt

Zuvor hatten die Anwälte von Benedikt XVI. in einem Schreiben an das Gericht erklärt, dass die Frage der Rechtsnachfolge ungeklärt sei und dies wohl auch bis zum Termin am Dienstag bleiben werde. Vor zwei Wochen bereits hatte eine Verwandte von Benedikt XVI. dem BR und Correctiv erklärt, dass sie das Erbe, das auch die Klage und mögliche Zahlungen beinhalte, nicht antreten wolle.

Prozess am Dienstag findet trotzdem statt

Trotz der Abtrennung wird nun am Dienstag in Traunstein verhandelt. Konkret richtet sich die Klage gegen das Erzbistum München und Freising, den früheren Erzbischof Kardinal Friedrich Wetter und den mutmaßlichen Täter Peter H.

Der Kläger, Andreas Perr, fordert insgesamt 350.000 Euro Schmerzensgeld, davon 50.000 Euro von den Erben des an Silvester 2022 verstorbenen Papstes Benedikt XVI. Perr gibt an, von dem damaligen Priester H. Mitte der 1990er Jahre zusammen mit anderen Jungen in Garching an der Alz missbraucht worden zu sein. Das habe ihn völlig aus der Bahn geworfen, er habe Zuflucht in Drogen und Alkohol gesucht.

Urteil könnte Signalwirkung auch für andere Missbrauchsfälle haben

Der Ausgang des Verfahrens in Traunstein wird mit Spannung erwartet. Denn vor einer Woche hatte das Landgericht Köln einem Missbrauchsbetroffenen 300.000 Euro zugesprochen. Zahlen muss das Erzbistum Köln.

Spannend wird nun, ob diese Linie aus Köln durch eine weitere Gerichtsentscheidung bestätigt wird. Das könnte auch Auswirkungen auf die Höhe der Schmerzensgeldzahlungen an andere Missbrauchsopfer haben.

Der Fall Peter H. - viele Fälle in zwei Bistümern

Der Fall Peter H. ist einer der bekanntesten Missbrauchsfälle in der katholischen Kirche, weil ihm mittlerweile mehr als 25 Taten zugeschrieben werden. Er wurde zudem im Juni 1986 vom Amtsgericht Ebersberg wegen Missbrauchs verurteilt, danach jedoch erneut in der Seelsorge eingesetzt.

Für Aufmerksamkeit sorgt zudem die Verbindung des Falls mit Benedikt XVI. Er war als Kardinal Joseph Ratzinger im Jahr 1980 Münchner Erzbischof, als die Entscheidung fiel, dass H. nach Übergriffen im Bistum Essen in das Erzbistum München und Freising kommen kann. Dort sollte er sich einer Therapie unterziehen. Kurz nach dem Wechsel an die Isar wurde er erneut in der Seelsorge eingesetzt. Bis zuletzt hatte Benedikt XVI. jedoch bestritten, damit befasst gewesen zu sein.

Benedikt bestritt bis zuletzt, über Peter H. im Bilde gewesen zu sein

Recherchen von BR und Correctiv zufolge hatte Ratzinger als Präfekt der Glaubenskongregation einen Brief unterschrieben, mit dem H. gestattet wurde, in der Messe Traubensaft statt Wein zu verwenden. Darum hatte das Erzbistum München und Freising mit der Begründung gebeten, der Geistliche habe unter Alkoholeinfluss sexuellen Missbrauch begangen und kinderpornografisches Material verbreitet.

Der Anwalt des Klägers argumentiert, dass Ratzinger damit dafür gesorgt habe, dass H. erneut in der Seelsorge eingesetzt werden konnte. Der Privatsekretär von Benedikt XVI., Erzbischof Georg Gänswein, sagte jedoch, die Unterschrift beweise nicht, dass Ratzinger den Brief damals auch gelesen habe.

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