Im Auslandseinsatz begegnen Bundeswehr-Soldaten oft gefährlichen Schlangen
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Schlangentraining für die Bundeswehr: Kobra am Haken

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Bundeswehr-Schlangentraining: Angst ist ein schlechter Ratgeber

Im Auslandseinsatz begegnen Bundeswehr-Soldaten oft gefährlichen Schlangen wie Kobras, Puffottern oder Vipern. Einfach töten darf man die Tiere nicht. Deswegen gibt es für die Soldaten ein Schlangentraining in München – einzigartig in Deutschland.

Über dieses Thema berichtet: Abendschau am .

Eine Kobra packt man am besten am Schwanz, erklärt Markus Baur. Er ist der Leiter der Reptilienauffangstation in München und hat seit über 30 Jahren mit Schlangen zu tun – natürlich auch mit giftigen wie der Kobra. Markus Baur zeigt zwei Soldatinnen und drei Soldaten der Bundeswehr, wie sie einen Schlangenhaken langsam unter das Tier führen, auf Hüfthöhe heben und dann das hintere Ende der Schlange greifen. "Das ist jetzt wie Gassigehen mit dem Yorkshire Terrier", findet Markus Baur. Wichtig sei aber, dass der Kobrakopf am Boden bleibt.

Baur erklärt den Soldaten, worauf sie dabei achten müssen: "Wenn ihr aus Versehen das Tier zu hoch haltet, fängt die an, sich zu winden und sucht sich einen Bezugspunkt und das ist meine Hand. Dann kommt sie also zur Hand hoch und will über den Arm weg. Das hat mit Angriff nichts zu tun. Deswegen, wenn ihr merkt, dass die sich anspannt, einmal kurz schütteln, Kopf wieder auf den Boden, Schlange zufrieden, Gefahr gebannt."

Abbau des Lagers in Mali: Unterhalb der Container lauern Schlangen

Stabsunteroffizier Alexander aus Niederbayern ist hochkonzentriert, als er den Schwanz der Brillenkobra in der Hand hat. Demnächst wird er für die Bundeswehr in Mali im Einsatz sein. Zum Abbau des deutschen Lagers, denn in vier Monaten endet dort die Friedensmission der Vereinten Nationen Minusma. "Die Zelte, die Infrastruktur, es wird ja alles zurückgebaut so weit wie möglich, danach nach Hause verlegt oder dann den Ortskräften übergeben. Und dort lauern natürlich auch unterhalb der Container und Zelte die Gefahren von den ganzen Reptilien, die wir jetzt auch hier auf dem Lehrgang mitunter auch betreuen beziehungsweise eben dann auch einfangen", so der Stabsunteroffizier.

Alexander setzt den Haken am Vorderteil der Schlange an und hebt sie hoch. Mit einer Hand hält er sie noch immer am Schwanz. Die Kobra bleibt völlig ruhig und lässt sich in eine blaue Tonne bugsieren. Ein anderer Soldat macht schnell den Deckel drauf. Fertig ist das Transportmittel, um die Schlange an einem sicheren Ort wieder freizulassen.

Alle Schlangen haben noch ihre Giftzähne

Die meisten Schlangen der Reptilienauffangstation kommen aus Beschlagnahmungen und leben schon seit Jahren hier. Die Tiere, mit denen nun geübt wird, sind hochgiftig - darunter eine Klapperschlange, verschiedene Kobras, Sandrasselottern. Eine Brillenkobra hat den Kopf aufgerichtet und macht einen dicken Kragen: "Selbst wenn ich jetzt da vorbeigehe, droht die nur. Die könnte mich ohne Weiteres beißen, will sie aber nicht. Weil: Gift ist wertvoll", erklärt Markus Baur.

Denn mit ihrem Gift töten Schlangen nicht nur ihre Beute, sondern beginnen beim Biss bereits mit der Verdauung. Das Gift zersetzt das Gewebe. Für den Menschen kann das tödlich enden, wenn nicht schnell Erste Hilfe geleistet und das passende Serum gespritzt wird. Wie die Erste Hilfe bei einem Schlangenbiss aussehen muss, haben die Soldaten gleich zu Beginn des Schlangenkurses gelernt.

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Schlange hochheben: Die Soldaten üben für den Ernstfall

Der Puffotter rückt man am besten mit einem Besen zu Leibe

Die meisten Schlangenarten fliehen, wenn Gefahr droht, also zum Beispiel ein Mensch auf sie zuläuft. Nur in höchster Not, wenn sie sich in die Ecke gedrängt fühlen, beißen sie zu.

Die Ottern allerdings verhalten sich anders. So sterben auch die meisten Menschen am Biss der etwa 70 Zentimeter langen Sandrasselotter. "Das Dumme ist, die Sandrasselotter weicht zurück wie ein Rebhuhn oder ein Feldhase. Sie duckt sich und dann ist sie in ihrem Kopf geflüchtet. Wenn ich sie aber nicht sehe, weil sie so gut getarnt ist, laufe ich ihr direkt vor die Nase und das macht den Unfall", so Markus Baur.

Die Puffotter ist gut doppelt so lang und deutlich dicker als die Sandrasselotter, verhält sich aber ähnlich. Oberstabsveterinärin Amelie greift zum Besen, wie sie es von Markus Baur gelernt hat, und schiebt die Puffotter der Reptilienauffangstation vorsichtig auf eine Kiste zu. Damit hat die Puffotter auch kein Problem, nur geschubst werden möchte sie nicht. "Langsam, langsam! Wenn du hektisch wirst bei der Puffotter, biste tot", ruft Markus Bauer und dann, kaum ist die Schlange in die Kiste geschoben: "Und jetzt ist sie drin, Klappe zu. Jetzt habt ihr eine Puffotter gefangen."

Experte: Angst ist ein schlechter Ratgeber, Respekt ein guter

Der Schlangen-Experte hat noch einen wichtigen Tipp für die Soldaten: "Die größte Herausforderung passiert im Kopf. Nämlich diese ganzen Fernsehberichte und schlechten Filme auszublenden und wahrzunehmen, dass dieses Tier überhaupt keine Lust hat, Menschen anzugreifen, dass man mit dem arbeiten kann, wenn man es richtig macht und dass man dann nicht wirklich Angst haben muss."

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