Der Nürnberger SPD-Chef Nasser Ahmed
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Der Nürnberger SPD-Chef Nasser Ahmed sieht "eine Katastrophe für den Wirtschaftsstandort Metropolregion Nürnberg".

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Massive Kritik nach Aus für Nürnberger ICE-Werk

Der Bau eines ICE-Werks im Raum Nürnberg war so umstritten wie kaum ein anderes Großprojekt in der Region. Doch die Bahn wird das Werk dort nicht bauen. Kritiker sehen nun eine negative Signalwirkung für andere künftige Großprojekte.

Über dieses Thema berichtet: Frankenschau aktuell am .

Jahrelang wurde über den passenden Standort für ein neues ICE-Instandhaltungswerk der Deutschen Bahn in und um Nürnberg diskutiert. Neun Optionen gab es zu Beginn – am Ende sollte sich kein einziger Standort als geeignet erweisen. Auch nicht die letzte verbliebene Option auf dem früheren Muna-Gelände in Feucht. Gestern gab die Bahn bekannt, ihre Pläne für den Bau des ICE-Werks zu begraben – zumindest hier in der Region. Nach der Entscheidung gibt es nun massive Kritik.

Aiwanger nennt Pläne "bedauerlich" – aber zeigt Verständnis

Bayerns Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (FW) nannte das Aus für die Bahn-Pläne "bedauerlich". Mit Blick auf den Widerstand von Anwohnerinnen und Anwohnern sowie von Naturschutzverbänden sagte Aiwanger: "Natürlich ist es oft verständlich. Die Betroffenheit der Bürger vor Ort muss man sehen. Die wollen eben solche Großanlagen nur unter gewissen Bedingungen, in gewissen Räumen". Und das umzusetzen sei schwierig. "Bayern wird eben immer enger. Wir sind immer dichter besiedelt. Die Wirtschaft wächst immer weiter". In der Folge sei es "immer schwieriger" geeignete Standorte für derartige Projekte zu finden.

Bei der Suche nach einem BMW-Standort nahe Straubing sei das ähnlich, so Aiwanger. Auch hier sei man "in der Zwickmühle" zwischen dem Erhalt des Industriestandorts auf der einen Seite und dem Erhalt von Ackerland oder schützenswerten Flächen auf der anderen. "Man muss Kompromisse finden. Und wenn es dann hart auf hart kommt, muss man sich im Zweifel entscheiden zwischen Artenschutz, Umweltschutz und Wirtschaft".

SPD: "Katastrophe für Wirtschaftsstandort"

Drastischer sehen es die bayerischen Sozialdemokraten. Der SPD-Landesvorsitzende Florian von Brunn spricht von einer "vertanen Chance". Und Nürnbergs SPD-Chef Nasser Ahmed sieht gar "eine Katastrophe für den Wirtschaftsstandort Metropolregion Nürnberg". Das ICE-Werk wäre wichtig gewesen für die Verkehrswende und hätte 450 zukunftssichere Arbeitsplätze gebracht.

Generelle Ablehnung von Großprojekten?

Dass die Deutsche Bahn ihr ICE-Instandhaltungswerk nun doch nicht in Nürnberg baut, sei ein "herber Schlag" für die Region, meint auch Markus Lötzsch, Geschäftsführer der Industrie- und Handelskammer (IHK) Nürnberg für Mittelfranken. Mit dem ICE-Werk wären sicher mehr Verkehrsverbindungen gerade außerhalb der Hauptverkehrszeiten möglich gewesen, so Lötzsch. Er sieht im erfolgreichen Widerstand gegen das ICE-Werk gar ein generelles Problem. Gerade im Kontext der Verkehrs- und Energiewende sei klar, dass damit verbundene Projekte "irgendwo stattfinden" müssen, meint der IHK-Geschäftsführer.

Am Ende müssten trotz aller Abwägungen Entscheidungen getroffen werden. "Da müssen wir tatsächlich aufpassen, dass wir nicht in eine Situation kommen, wo wir uns nicht mehr trauen, Entscheidungen zu treffen". Das sei kein Problem der Region, sondern eines, "das uns in Deutschland begleitet". Ähnlich sieht es Nürnbergs SPD-Chef Nasser Ahmed: "Überall immer dagegen zu sein ist einfach kein Konzept", meint er. "Wenn sich das fortsetzt, mache ich mir Sorgen um die Zukunftssicherheit, um den Wohlstand in Bayern."

Kritik an Ministerpräsident Söder

Dass die Deutsche Bahn ihre Bemühungen um ein ICE-Werk in Nürnberg einstellt, bringt auch Ministerpräsident Markus Söder (CSU) in die Schusslinie. Die Staatsregierung habe das Vorhaben nicht ausreichend unterstützt, so Bayerns SPD-Vize-Generalsekretär Nasser Ahmed. Eine der ursprünglich neun Standort-Optionen, die in Nürnberg-Fischbach, habe Söder mehr oder weniger selbst aus dem Rennen genommen. "Weil es sein Stimmkreis ist", so Ahmed. Er spricht von "politischer Einmischung".

Auch Bayerns SPD-Landesvorsitzender Florian von Brunn gibt Söder zumindest eine Mitschuld daran, dass das ICE-Werk nun nicht nach Bayern kommt. Der Ministerpräsident habe sich erst für das Projekt ausgesprochen, dann aber gegen einen Standort in Nürnberg. "Es gab nie echte politische Unterstützung von ihm für dieses wichtige Werk", so von Brunn. Das schade der wirtschaftlichen Zukunft Bayerns.

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