Eine traurige Jugendliche im blauen Hoodie.
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Weil Therapieplätze Mangelware sind, bietet eine Nürnberger Psychotherapeutin offene Treffen für Jugendliche an (Symbolbild).

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Mangelware Therapieplatz: Therapeutin bietet offene Treffen an

Studien belegen es: Psychische Krankheiten nehmen zu, besonders bei jungen Menschen. Doch Therapieplätze fehlen. Die Folge sind Wartezeiten von einem Jahr und mehr. Eine Nürnberger Psychotherapeutin bietet deshalb offene Treffen als Überbrückung an.

Über dieses Thema berichtet: Frankenschau aktuell am .

"Coat" heißt das neue Angebot für den Großraum Nürnberg, das die Psychotherapeutin Anna Held Rocha für Kinder und Jugendliche entwickelt hat, die psychische Probleme haben. Wörtlich übersetzt aus dem Englischen heißt das "Mantel". Es steht aber auch für "Cozy Offer Any Time", also ein "gemütliches Angebot zu jeder Zeit". In regelmäßigen Abständen will Held Rocha Treffen für junge Menschen anbieten, geleitet von ihr und anderen Psychotherapeuten. Kein Ersatz für eine Therapie, aber eine Möglichkeit, über psychische Probleme reden zu können.

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"Ich bekomme jede Woche zehn Anrufe und mehr und immer muss ich sagen, ich bin ausgebucht", erklärt die Psychotherapeutin. Und da sie wenigstens eine Alternative anbieten wollte, hat sie mehr als ein Jahr an ihrem "Coat"-Projekt gefeilt.

An der Bar: Lockere Gespräche über ernste Themen

Den Auftakt machte nun ein Treff in der Fifty-Fifty-Bar in Lauf an der Pegnitz. Bewusst hat sie ein lässiges Ambiente gewählt, mit Zeit für lockere Gespräche bei einem Getränk – aber auch kleinere Gruppen, bei denen psychische Probleme angesprochen werden können. Jeder kann kommen. Diesmal sind ausgebildete Therapeuten, Pädagogen und Erzieherinnen im Club dabei. Auf einem Zettel können die Teilnehmenden ankreuzen, was sie am meisten bedrückt. Das wird dann in kleinen Gruppen besprochen. Leistungsdruck, Selbstwert und Identität sind dieses Mal die Themen.

Regelmäßige Treffs geplant

Eine der Teilnehmerinnen erklärt, sie findet es wichtig, einen Ort zu haben, an dem man sich wenden kann, wenn man Probleme hat. Dort könne sie auch andere Jugendliche kennenlernen, die vielleicht dasselbe Problem wie sie haben. Jens Kinder, Kinder- und Jugendtherapeut in Ausbildung, findet es sehr gut, "abseits der ausgetretenen Wege so eine Zwischen-Anlaufstelle zu schaffen für Kinder und Jugendliche, bevor sie einen Therapieplatz bekommen oder brauchen". Nur ein paar mehr Besucher hätte er sich gewünscht – bis zu 50 Plätze hatte Anna Held Rocha vorgesehen. Nicht einmal die Hälfte davon wurden genutzt. Doch das kann sich ja bei den nächsten Terminen ändern.

Konzept von Jugendlichen getestet

Das Konzept hat Psychotherapeutin Anna Held Rocha unter anderem mit Schülerinnen und Schülern der Montessori-Schule in Lauf entwickelt und erprobt. Ihr ist es wichtig, dass junge Menschen damit auch etwas anfangen können. Künftig sind diese Treffs regelmäßig geplant, etwa einmal pro Monat. Beim nächsten Mal anstatt in einer Bar, in einem Café in Nürnberg.

Zum Ausklang Live-Musik

Der Therapie-Abend in Lauf endet mit Live-Musik – das Konzept der Psychotherapeutin sieht vor, dass nicht nur geredet, sondern auch gelebt und gefeiert werden soll. Denn auch das soll mit "Coat" erreicht werden: Dass junge Menschen mit psychischen Problemen sich nicht zu Hause verstecken, wie sie es so oft tun, sondern rausgehen und sich dem alltäglichen Leben stellen.

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