Ein Mann geht 2018 in ein Wahllokal in Bayern - zur damaligen Landtagswahl.
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Ein Mann geht 2018 in ein Wahllokal in Bayern - zur damaligen Landtagswahl.

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Ja, der Wahlvorstand darf Störer aus dem Wahllokal schicken

Auch bei der Landtagswahl in Bayern im Oktober dürfen Bürger die Wahl und die Auszählung beobachten. Wer aber stört, darf vom Wahlvorstand des Raumes verwiesen werden – anders als bisweilen behauptet. Ein #Faktenfuchs.

Dieser Text erschien das erste Mal am 11. September 2023. Zeitliche Bezüge können daher veraltet sein. Angesichts der bevorstehenden Landtagswahl in Bayern haben wir uns dennoch entschieden, ihn nochmal zur Verfügung zu stellen.

Darum geht’s:

  • Jede und jeder darf die anstehende Landtagswahl in Bayern beobachten. Das dient der Sicherheit der Wahl. Wahlbeobachter funktionieren wie Zeugen.
  • Zugleich müssen die Stimmabgabe und die Auszählung störungsfrei ablaufen können.
  • Der Wahlvorstand darf deshalb – anders als in Falschinformationen behauptet – Störer des Raumes verweisen.

Wer möchte, darf die Stimmabgabe und die Auszählung der Stimmen bei der Landtagswahl in Bayern im Oktober beobachten. Das ist ein Grundsatz der Sicherheit der Wahlen: ihre Öffentlichkeit.

Jede und jeder darf diese Möglichkeit nutzen, um sich dessen zu vergewissern, dass alles nach Recht und Gesetz verläuft. Oder schlicht, um zu lernen, wie Wahlen ablaufen und Ergebnisse festgestellt werden. Wahlbeobachter müssen nicht selbst stimmberechtigt sein, müssen also nicht wählen dürfen – sie müssen auch noch nicht volljährig sein.

Aber sie müssen sich an die Vorgaben halten und dürfen die Wahl und auch die Feststellung des Ergebnisses nicht stören. Dennoch kommt das vor – wenn auch selten.

Grund dafür können zum Beispiel Gerüchte über angeblichen Wahlbetrug sein, die derart Misstrauen säen, dass Wahlbeobachter Grenzen überschreiten. "Wir hatten sehr wenig gehört von solchen Fällen, üblicherweise reicht die Autorität des Wahlvorstands und so ein gewisser Grundrespekt vor einer ordnungsgemäßen Wahl durchaus", sagt der bayerische Landeswahlleiter Thomas Gößl dem #Faktenfuchs.

Der Wahlvorstand besteht bei Landtagswahlen aus Wahlvorsteher, Schriftführer und deren Stellvertretern und aus Beisitzern, die auch für das Auszählen zuständig sind. Umgangssprachlich sind all das Wahlhelfer.

Was dürfen Wahlhelfer, wenn sie gestört werden?

Es gibt Regeln für den Fall, dass der Wahlvorstand die Abläufe behindert oder gestört sieht.

"Der Wahlvorstand hat das Ordnungs- und Hausrecht im Wahlraum", schreibt ein Sprecher der bayerischen Landeswahlleitung am Landesamt für Statistik dem #Faktenfuchs in einer Mail-Antwort. Der Vorstand könne also bei Störungen im Bedarfsfall Beobachter des Raumes verweisen. "Dem ist Folge zu leisten. Wenn das nicht erfolgt, kann zur physischen Umsetzung bei Erfordernis die Polizei hinzugezogen werden", schreibt der Sprecher. Störer können, wenn sie der Anweisung des Wahlvorstands nicht Folge leisten, mithilfe der Polizei aus dem Wahlraum gebracht werden.

In der Wahlanweisung für die anstehende Landtagswahl in Bayern steht: "Bei nicht zu lösenden Meinungsverschiedenheiten sollten Wahlbeobachter an die Gemeinde verwiesen werden; im Fall der nachhaltigen Störung der Ruhe und Ordnung im Wahlraum (vgl. Art. 11 LWG, § 55 LWO) und ggf. notwendigen Verweisungen aus dem Wahlraum ist bei Bedarf polizeiliche Unterstützung anzufordern." Personen, die den Anordnungen des Wahlvorstandes keine Folge leisten, können sich demnach eines Hausfriedensbruchs sowie einer Wahlbehinderung strafbar machen.

Trotz der gesetzlichen Vorgaben und der Tatsache, dass die Auszählungen öffentlich zugänglich sind, kursieren dazu Falschbehauptungen – verbreitet auch von der im Landtag vertretenen AfD: In einem Aufruf der Partei zur Wahlbeobachtung steht: "Selbst wenn der Wahlvorstand Sie als Hindernis für den Auszählvorgang betrachten sollte, kann er Sie nicht ohne Weiteres des Raumes verweisen, da die Wahlhelfer selbst nicht das Recht besitzen, Sie wegzuschicken – dies darf nur die Polizei!" Das ist falsch.

"Das ist Sache des Wahlvorstands, für die Ordnung im Wahllokal zu sorgen, und wenn Leute völlig uneinsichtig sind, dann steht die Polizei zur Verfügung, das durchzusetzen", sagt Landeswahlleiter Gößl.

Was gilt als Störung der Wahlhelfer?

In der bereits genannten Wahlanweisung findet sich auch eine Liste dazu, was vom Grundsatz der Öffentlichkeit nicht gedeckt ist. Also Verhalten, das das Gremium des Wahlvorstands dazu veranlassen kann, jemanden um Zurückhaltung zu bitten – oder gar des Raumes zu verweisen.

Nicht zulässig sind:

  • Störung und Beeinflussung der Auszählung: Die Mitglieder des Wahlvorstands müssen sich frei um den Auszählungstisch bewegen können, heißt es in der Anweisung. Es müsse zu jeder Zeit sichergestellt sein, dass keine Wahlunterlagen vom Tisch entfernt oder hinzugefügt werden können. "Fühlen sich die Mitglieder des Wahlvorstands durch eine zu starke 'Annäherung' der Wahlbeobachter behindert oder gestört, dürfen diese, je nach Gegebenheit und soweit keine besonderen Umstände vorliegen, einen Sicherheitsabstand zu den Mitgliedern des Wahlvorstands während ihrer Tätigkeit an den Auszählungstischen von in der Regel ein bis zwei Metern anordnen." Trotzdem müsse dabei sichergestellt sein, dass die Auszählung weiter beobachtet werden kann.
  • Störung der Mitglieder des Wahlvorstands durch "übermäßige Kommentierungen, Fragen etc. durch Wahlbeobachter". Diese dürften sich nicht einmischen in die Tätigkeit und Entscheidungen des Wahlvorstands.
  • Einsicht in das Wählerverzeichnis und in die sonstigen Wahlunterlagen.
  • Abfrage von personenbezogenen Daten oder Auskünfte, wer gewählt oder nicht gewählt hat.
  • Gefährdung des Wahlgeheimnisses, etwa durch Anfassen von Wahlunterlagen oder Stimmzetteln.
  • Forderung einer Nachzählung.
  • Private Film- und Fotoaufnahmen: Diese sollten vom Wahlvorstand grundsätzlich unterbunden werden. In der Wahlanweisung steht: "Jedenfalls aber sind gezielte Aufnahmen von Wählern oder Mitgliedern von Wahlvorständen, Stimmzetteln, Wahlunterlagen (Niederschrift, Schnellmeldung, Wählerverzeichnis etc.) im Hinblick auf die Persönlichkeitsrechte von Wählern und Mitgliedern von Wahlvorständen, das Wahlgeheimnis und den Datenschutz (personenbezogene Daten) unzulässig."

Fazit

Der Wahlvorstand – also die Wahlhelfer, dazu zählen Vorsteher, Schriftführer und Beisitzer – darf Störer aus dem Wahllokal verweisen, da das Gremium das Hausrecht hat. Verweigert sich jemand, der Anweisung Folge zu leisten, kann der Wahlvorstand die Polizei rufen und die Störer aus dem Wahllokal bringen lassen.

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