Die Spitzenkandidaten Martin Böhm aus Coburg und Katrin Ebner-Steiner feiern bei der Wahlparty der AfD nach der Wahl zum 19. Bayerischen Landtag die erste Prognose.
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Martin Böhm, Direktkandidat aus dem Stimmkreis Coburg war neben Katrin Ebner-Steiner Spitzenkandidat der AfD bei der Landtagswahl in Bayern.

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Landtagswahl: Oberfranken sucht nach Antworten auf starke AfD

Wie umgehen mit dem guten Ergebnis der AfD? Kandidaten aller Couleur zeigen sich besorgt und suchen nach Erklärungen für den Erfolg der Rechtspopulisten. Die wollen Taten folgen lassen, während die Freien Wähler auf ein viertes Ministerium schielen.

Über dieses Thema berichtet: Regionalnachrichten Franken am .

"Es war ein sehr rauer Wahlkampf," sagt Tim Pargent, Landtagsabgeordneter der Grünen im Gespräch mit BR24. Pargent war Direktkandidat im Stimmkreis Bayreuth und musste bei der Landtagswahl leichte Verluste hinnehmen. Laut vorläufigem Ergebnis kam er auf 12,6 Prozent der Stimmen, im Jahr 2018 waren es noch 14,3 Prozent. Durchschnittlich holten die Grünen in Oberfranken sogar nur rund neun Prozent der Stimmen. Damit sind sie prozentual gesehen die größten Verlierer der Landtagswahl. Die AfD hingegen konnte in Oberfranken um mehr als sechs Prozent zulegen und schnitt hier stärker ab, als im ohnehin schon starken Bayerndurchschnitt.

"Der Wind ist uns aus unterschiedlichen Richtungen entgegengeblasen und dafür konnten wir uns noch relativ stabil halten", so Pargent, der im Gespräch mit BR24 von einem "durchwachsenen Gesamtbild" spricht. Zwar haben die Grünen das zweitbeste Ergebnis ihrer Geschichte einfahren können, aber das Abschneiden der AfD gebe Grund, sich parteiübergreifend Sorgen zu machen.

Grüne: Verfehlungen von Rechtsaußen klar benennen

Die Grünen jedenfalls, das stellt Pargent klar, werden mit der Alternative für Deutschland nicht zusammenarbeiten. "Mit der AfD haben wir ein ganz klares Verhältnis. Die AfD ist für uns keine demokratische Partei, wir werden mit ihr keinerlei Kooperation oder Ähnliches eingehen, das steht gar nicht zur Debatte, sondern wir werden ganz genau hinschauen was für eine Arbeit sie macht", sagt Pargent. Als Oppositionspartei wolle man klar benennen, "wenn es von Rechtsaußen Verfehlungen gibt".

So sieht das auch Martin Mittag, der in Coburg für die CSU das Direktmandat verteidigt hat. Gegenüber BR24 sagte Mittag, das Ergebnis der AfD von voraussichtlich 14,6 Prozent in Bayern dürfe weder ein Zukunftsmodell für den Freistaat noch für ganz Deutschland sein. "Ich glaube, dass wir themenmäßig wieder klarer aufgestellt sein müssen, um auch die Menschen, die sich vielleicht jetzt von der Überschrift haben blenden lassen, dass wir die wieder zurückholen können auch in die bürgerliche Mitte."

Stimmenkönig Waldenfels: Komplexe Dinge in einfacher Sprache

Kristan von Waldenfels, der mit fast 50 Prozent das Direktmandat im Stimmkreis Hof geholt hat und damit nicht nur Stimmenkönig in Oberfranken, sondern auch der jüngste direkt gewählte Abgeordnete in der Geschichte des Bayerischen Landtags ist, sagte im Gespräch mit BR24: "Das Entscheidende ist natürlich nicht nur in der Frage der Wahl des Mediums, mit dem man kommunziert, sondern auch, mit welcher Sprache, welchem Stil, welchem Gestus geht man an die Menschen ran und das will ich immer direkt und persönlich tun und gerade auch komplexe Dinge dann in einer einfachen Sprache darlegen."

Und zum Thema Migration erklärte der 23-Jährige: "Da weiß ich auch als Bürgermeister, was es heißt, wenn man Menschen nicht nur verwahren will, wie das die Bundesregierung mit Container-Anlagen tut, sondern wenn wir die Menschen wirklich integrieren wollen, dass unsere Kapazitäten auch begrenzt sind."

Melanie Huml (CSU): Druck in Berlin machen

Auch die in Bamberg im Amt bestätigte und als Direktkandidatin gewählte Melanie Huml (CSU) zeigte sich nach der Wahl zufrieden. "Die Wählerinnen und Wähler haben uns als CSU auch in diesen herausfordernden Zeiten wieder sehr deutlich das Vertrauen ausgesprochen", so Huml. Die größten Sorgen der Menschen bezögen sich allerdings auf bundespolitische Entscheidungen, wie beispielsweise die Migrationspolitik. "Hier muss die Ampel-Regierung in Berlin liefern und auch dafür werden wir uns von Bayern aus einsetzen", sagte die Europaministerin Huml.

Der damit unter anderem auch angesprochene Jörg Nürnberger, der für die SPD im Wahlkreis Hof im Deutschen Bundestag sitzt, erklärte gegenüber BR24: "Wir müssen schauen, dass wir die Koalition in Berlin besser beieinander halten, dass es da weniger Ausreißer gibt, dass wir geschlossener auftreten und dass wir den Menschen erklären, warum unsere Lösungsansätze in welche Richtung gehen. Und ich glaube am Ende wird immer das Sachargument, hoffe ich jedenfalls, die Menschen besser überzeugen, als derjenige, der laut schreit oder sich in den sozialen Medien besonders aggressiv und kämpferisch darstellt."

FDP: "Plumpes Ampel-Bashing von Markus Söder"

Laut und aggressiv, das ist es auch, was den Forchheimer FDP-Politiker Sebastian Körber gestört hat, aber nicht nur bei der AfD. Mit bayernweit nur etwa drei Prozent der Stimmen wird die FDP im nächsten Landtag nicht mehr dabei sein. Der Landtagsabgeordnete Körber selbst holte als Direktkandidat im Stimmkreis Forchheim gar nur 2,9 Prozent.

Zum Thema Sprache und Wahlkampfthemen sagte er zu BR24: "Zum einen hat die Flugblatt-Affäre von Hubert Aiwanger vieles emotionalisiert und auf der anderen Seite hat Markus Söder mit seinem plumpen Ampel-Bashing dazu beigetragen, was man an den Hochrechnungen sieht, dass natürlich alle gestärkt worden sind, die sich populistisch und rechts-populistisch äußern." Schließlich hätten sich nicht mehr viele Wähler für die besten Lösungen für Bildung, Wirtschaft oder Wohnen interessiert, was die eigentlichen Landesthemen gewesen wären.

Mario Schulze (AfD): "Dieses ,Weiter so' hat mir nicht gefallen"

Die von allen Seiten kritisierten Kandidaten der oberfränkischen AfD halten dagegen. Mario Schulze, der als Direktkandidat im Stimmkreis Bayreuth voraussichtlich auf 15,1 Prozent der Erststimmen kam, sagt: "Ich glaube, vor allem dieses ‚Weiter so‘ hat mir nicht gefallen. Ich habe gesehen, dass sich in den vergangenen Legislaturperioden nicht wirklich etwas geändert hat, dass viele Politiker angetreten sind mit Versprechen, die sie den Menschen gemacht haben und dann nie gehalten haben. Und genau diesen Trend möchte ich beenden." Die AfD sei demnach angetreten, um "das Festgefahrene wieder zu lockern" und Politik zu machen für die Fragen, die den Wählern wirklich wichtig seien.

Der Spitzenkandidat der bayerischen AfD, Martin Böhm, der auch Direktkandidat für den Stimmkreis Coburg ist, sagte in einer ersten Reaktion: "Ohne unsere Basis sind wir nichts, aber mit unserer Basis sind wir alles. Und wir holen diesem Land unsere bewährte Demokratie zurück."

Die Kandidaten der AfD sind in allen oberfränkischen Stimmkreisen entweder zweit- oder drittstärkste Kraft. Böhm selbst holte als Direktkandidat voraussichtlich 17,8 Prozent der Erststimmen. Oberfrankenweit ist das etwa der Durchschnitt aller acht AfD-Direktkandidaten, weshalb die Alternative für Deutschland hier mit fast drei Prozentpunkten über dem vorläufigen Endergebnis in ganz Bayern liegt.

Freie Wähler spekulieren auf viertes Ministerium

Und die Freien Wähler? Die lugen bereits mit einem Auge auf ein viertes Ministerium. Umweltminister Thorsten Glauber, der mit voraussichtlich 27,6 Prozent das zweitbeste Ergebnis aller Direktkandidaten im Stimmkreis Forchheim erzielt hat, zeigt sich überzeugt, dass die Koalition mit der CSU fortgeführt werden wird. Als Regierungsfraktion müsse man aber auf die hohen Zustimmungswerte der AfD reagieren.

Manuel Hirschfelder hingegen, der in Bamberg für die Freien Wähler in das Rennen um das Direktmandat gegangen ist und mit voraussichtlich 9,1 Prozent der Stimmen unterdurchschnittlich abgeschnitten hat, erklärte gegenüber BR24 bereits: "Rein vom Dreisatz her müssten die Freien Wähler dann statt drei Ministerposten vier Ministerposten bekommen. Optimal wäre das Landwirtschaftsministerium, das wird Ministerpräsident Söder aber nicht hergeben wollen und da wird's spannend wie die Verhandlungen dann ausgehen, welcher Ministerposten es für die Freien Wähler dann sein wird."

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