blick auf das Ankerzentrum Bamberg von außen.
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Im Ankerzentrum Bamberg sind statt den vorgesehenen 1.500 Menschen derzeit über 2.700 untergebracht.

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Ankerzentrum Bamberg: Höchste Belegung seit Eröffnung

Das Ankerzentrum Bamberg meldet die höchste Belegungszahl seit Eröffnung der Einrichtung vor sieben Jahren. Gemeinden und Städte bauen Containersiedlungen, doch auch da ist mittlerweile das Limit der Aufnahmefähigkeit von Flüchtlingen erreicht.

Über dieses Thema berichtet: Frankenschau aktuell am .

Im Ankerzentrum Bamberg sind statt den vorgesehenen 1.500 Menschen derzeit mehr als 2.700 Personen untergebracht. In der vergangenen Woche wurde der Höchstwert von 2.800 erreicht. Immer mehr Menschen müssen in den einzelnen Wohnungen untergebracht werden. Mittlerweile liegt der Durchschnitt bei 16 Flüchtlingen auf 90 Quadratmetern. Das sind nicht einmal sechs Quadratmeter pro Person.

Weil die Erstaufnahmeeinrichtung so überfüllt ist, müssen jetzt die Landkreise mehr Flüchtlinge aufnehmen. Doch auch dort beklagt man, dass fast alle Möglichkeiten ausgeschöpft seien. Die Verantwortlichen fordern die Regierung auf, endlich zu handeln.

Ankerzentrum Bamberg voll belegt

Die Wartebänke in der Registrierstelle des Ankerzentrums Bamberg sind auch am Nachmittag noch voll belegt. Einer nach dem anderen wird aufgerufen, fotografiert und es werden Fingerabdrücke genommen. Dann gibt es vorläufige Dokumente, Berechtigungsscheine, Infomaterial für den weiteren Ablauf in den nächsten Tagen. Lange Warteschlangen auch in der Kleiderkammer des BRK. Die Kleiderständer vor allem für Männer sind fast leer, denn überwiegend sie bitten derzeit um Asyl.

Nach einem Verteilungsschlüssel werden in Bamberg vor allem Syrer, Georgier und Russen aufgenommen, aber auch Menschen aus dem Iran, Irak und Afghanistan kommen hier täglich an. Die volle Belegung führt zu Konflikten zwischen den Nationalitäten und Ethnien. Seit Beginn des Jahres wurde die Polizei in Bamberg zu 544 Einsätzen im Ankerzentrum gerufen. Insgesamt gab es im vergangenen Jahr 740 Einsätze in der Aufnahmeeinrichtung. Umgerechnet bedeutet das durchschnittlich zwei Einsätze pro Tag.

15 Prozent aller Asylbewerber in Deutschland kommen nach Bayern

Im Ankerzentrum selbst sind Gewaltschutz- und Securityteams im Einsatz. "Wir versuchen bei Straftätern Asylverfahren zu priorisieren, das heißt Rückführungen zu beschleunigen. Aber insgesamt muss einfach die Botschaft gelten: Wir sind am Limit", erklärt Stefan Krug, Leiter des Bereichs "Sicherheit, Kommunales und Soziales" bei der Regierung von Oberfranken.

Die Einrichtung in Bamberg ist seit dem 1. August 2018 als eine der acht bundesweiten Anker-Einrichtungen die erste Anlaufstelle für Asylbewerber in Oberfranken. Errichtet wurde das Ankerzentrum im September 2015. Im Juli 2016 wurde es mit der regulären Erstaufnahmeeinrichtung, welche von Bayreuth nach Bamberg verlegt wurde, zur Aufnahmeeinrichtung Oberfranken (AEO) verschmolzen.

In Deutschland ankommende Asylbewerber werden auf alle 16 Bundesländer nach dem sogenannten Königsteiner Schlüssel verteilt. Danach nimmt Bayern rund 15 Prozent aller in Deutschland ankommenden Asylbewerber auf. Innerhalb des Freistaates regelt die Asyldurchführungsverordnung (DVAsyl) die Verteilung. Für Oberfranken beträgt die Quote 8,3 Prozent.

Landkreise müssen mehr Flüchtlinge aufnehmen

Zwei bis vier Wochen bleiben die Geflüchteten im Ankerzentrum Bamberg, dann werden sie auf Städte und Gemeinden verteilt. Im letzten Monat wurde das Containerdorf in Buttenheim im Landkreis Bamberg mit Flüchtlingen aus dem Ankerzentrum voll belegt. Und auch in Rattelsdorf sind die ersten Geflüchteten in der mittlerweile fünften Anlage eingezogen. Insgesamt bieten die Containerdörfer im Landkreis Platz für 270 Geflüchtete. Je Wohneinheit stehen 14 Quadratmeter für zwei Personen zur Verfügung. Ausgestattet ist jeder Container mit einem Bett, einem Schrank, zwei Stühlen und einem kleinen Kühlschrank. Eine Klimaanlage gibt es nicht. Heizungen sind vorhanden. Dazu kommen Sanitärcontainer mit Duschen und WCs.

Doch auch die fünf Containeranlagen sind zu wenig an Unterbringungsmöglichkeiten, denn ab Oktober müssen noch mehr Menschen aufgenommen werden. Weil das Ankerzentrum so voll ist, müssen statt 500 nun 900 Flüchtlinge monatlich in Oberfranken auf Städte und Gemeinden verteilt werden. Für den Landkreis Bamberg bedeutet das, statt bisher monatlich 90 Personen kommen jetzt 150 Personen, für die Wohnungen, Sprachkurse, Kita- oder Schulplätze bereitstehen sollten. Der Landkreis Bayreuth muss ab Oktober 120 statt bisher 70 Flüchtlinge aufnehmen. "Ich weiß jetzt nicht, wie wir das schaffen werden, aber so war es schon in den letzten Jahren. Bisher ist es immer noch gelungen, aber jetzt ist schon langsam die Grenze erreicht. Ich weiß jetzt nicht, wie es weitergehen soll", erklärt der Bamberger Landrat Johann Kalb (CSU).

Er fordert, dass jetzt der Bund seine Liegenschaften zur Verfügung stellen soll, um Flüchtlinge dort aufzunehmen, und es müssten endlich Möglichkeiten geschaffen werden, damit die Menschen eine Arbeitsstelle bekämen. "Es bringt schon für das politische Klima viel, wenn Leute, die da sind, auch ihre Leistung bringen. Die Bevölkerung erwartet das auch, und zwar auch mit Recht. Ich glaube, das würde für das ganze Klima, für das gesellschaftliche Klima erheblich entlastend sein."

Bereichsleiter: "Erhoffen uns mehr Maßnahmen aus Berlin"

Der zuständige Bereichsleiter für das Ankerzentrum in Bamberg, Stefan Krug, erwartet durch die beschlossene EU-Asyl-Krisenverordnung keine Veränderungen für die Einrichtungen in Bayern. Langfristig sei das ein richtiges Zeichen, doch bis Zentren für Flüchtlinge aus relativ sicheren Ländern an den EU-Grenzen aufgebaut seien, vergehe sehr viel Zeit. "Das hilft uns kurzfristig nicht, aber genau das brauchen wir jetzt." Einrichtungen wie das Ankerzentrum erhofften sich mehr Maßnahmen aus Berlin, sagt Krug zu BR24. "Wichtige, schnelle Entscheidungen sind von Seiten der Bundesregierung nicht passiert. Da erwarten wir uns mehr."

Enttäuschend sei aber vor allem, dass die Bundesregierung bei der extrem hohen Flüchtlingszahl die Gelder für die Migrationsberatung um 30 Prozent im nächsten Jahr kürzen wolle, so Krug. "Das ist für uns nicht nachvollziehbar. Wir brauchen schnelle Maßnahmen. Wir brauchen gute Maßnahmen und deshalb müssten beispielsweise die Mittel für die Migrationsberatung eher erhöht werden."

In Oberfranken sind bis Mitte September bereits 27.158 geflüchtete Menschen untergekommen, davon 12.731 aus der Ukraine, der Rest aus anderen Herkunftsländern. Bayreuth Stadt und Land haben bis jetzt 3.734 Flüchtlinge aus der Ukraine und anderen Ländern aufgenommen. In Forchheim sind es 2.500, in Coburg Stadt und Land 2.911, in der Stadt und dem Landkreis Hof sind es beispielsweise 4.411 Menschen. Insgesamt beteiligen sich im Landkreis Bamberg derzeit 25 von vorgesehenen 36 Kommunen an der Aufnahme von Geflüchteten. Zurückgestellt wurden im Moment noch die Gemeinden, die keine Anbindung an die Nahversorgung gewährleisten können.

Keine Entspannung der Lage in Sicht

Nach wie vor kommen die meisten Geflüchteten aus Syrien. Laut Statistik des Bundesamtes für Flüchtlinge und Migration (Bamf) waren es 62.610 Syrer, die in diesem Jahr Asyl in Deutschland beantragt haben (Stand: 31.08.23). Die zweitstärkste Gruppe sind Afghanen (37.474), gefolgt von Menschen aus der Türkei (29.661) und dem Irak (8.365).

Im Video: Ankerzentren in Bayern

Für viele Kommunen ist es inzwischen schwierig, weitere Flüchtlinge aus Kriegs- und Krisengebieten unterzubringen.
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Für viele Kommunen ist es inzwischen schwierig, weitere Flüchtlinge aus Kriegs- und Krisengebieten unterzubringen.

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