Landräte-Tagung in Moosbach im Kreis Neustadt an der Waldnaab
Bildrechte: Landkreis Amberg-Sulzbach

Die Landräte der Oberpfalz haben in Moosbach (Lkr. Neustadt an der Waldnaab) vor einem unbegrenzten Zuzug von Migranten gewarnt.

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Landräte zu Migration: "Wir können und wollen nicht mehr"

Die Landräte in der Oberpfalz haben auf die dramatische Lage der Kommunen beim Zuzug von Geflüchteten hingewiesen. "Wir können und wollen nicht mehr", hieß es bei einem Treffen. Es brauche mehr Zeit und Geld für die Integration von Geflüchteten.

Über dieses Thema berichtet: Regionalnachrichten aus der Oberpfalz am .

Die Landräte in der Oberpfalz haben auf die dramatische Lage der Kommunen beim Zuzug von Geflüchteten hingewiesen. "Wir können und wollen nicht mehr" – so formulierten es die Kommunalpolitiker bei ihrem Treffen in Moosbach im Landkreis Neustadt an der Waldnaab.

Landräte: Mittelmaß aus den Augen verloren

Manche Landkreise im Bezirk könnten keine Migranten mehr aufnehmen, sagte der Sprecher der Oberpfälzer Landräte, Richard Reisinger (CSU), bei einem Treffen der Landräte in Moosbach. Der finanzielle und personelle Mehraufwand für die Kommunen steige permanent, so der Landrat von Amberg-Sulzbach. "Wir werden gezwungen, gegen die Bevölkerung oder die Bürgermeister eine Politik zu implementieren, die ein gesundes Mittelmaß aus den Augen verliert." Es brauche Zeit und mehr Geld für die Integration, so Reisinger.

Grafik: Wie viele Schutzsuchende leben aktuell in Bayern?

Bayernweit regt sich der Widerstand gegen die Migrationspolitik. Im oberbayerischen Rott am Inn im Landkreis Rosenheim etwa wehren sich die Einwohner gegen eine große Erstaufnahmeeinrichtung für 500 Flüchtlinge und Asylbewerber, die der Landkreis dort plant. Besonders verärgert waren Bürger und Bürgermeister der 4.000-Einwohner-Gemeinde darüber, dass sie nicht in die Pläne des Landratsamts miteingebunden gewesen seien.

Bayerische Landrätinnen und Landräte appellieren an Bund

Angesichts der stark steigenden Flüchtlingszahlen haben die 71 bayerischen Landrätinnen und Landräte erst vor wenigen Wochen einen dringenden Appell an die Bundesregierung gerichtet. Die Unterbringungs- und Versorgungskapazitäten seien vielerorts erschöpft, so der bayerische Landkreistag. In allen Bereichen, von der Gesundheitsversorgung bis zur Kinderbetreuung, sei die Situation extrem angespannt.

"Die bayerischen Landkreise fordern konsequente Einwanderungsstrategien für Europa, Deutschland und Bayern, die auf einer strikten Trennung zwischen Asyl, Flucht und regulärer Migration aufbauen", sagte der Präsident des Bayerischen Landkreistags, Thomas Karmasin.

Der Bayerische Landkreistag fordert: Es dürften nur Flüchtlinge mit Bleibeperspektive "in der Fläche ankommen". Geflüchtete sollten Sach- statt Geldleistungen bekommen. Zudem solle es eine gemeinnützige Arbeitspflicht für Geflüchtete und lückenlose Grenzkontrollen geben.

Brandbrief an Bundesinnenministerin Faeser

Auch in Niederbayern ist die Situation dramatisch: Sebastian Gruber (CSU), der Landrat von Freyung-Grafenau, ist in seinem Landkreis direkt an der Grenze zu Tschechien überfordert: Zu viele Flüchtlinge kämen jeden Tag an. Damit hat er sich im September in einem Brandbrief an Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) gewandt.

Wie das Landratsamt Freyung-Grafenau vor Kurzem mitteilte, schilderte Gruber in dem Schreiben die Flüchtlingssituation im Grenzgebiet Bayern-Tschechien sowie die Konsequenzen der Migration. Die Lage sei demnach vor Ort – gerade in Freyung-Grafenau – "dramatisch", so der Landrat.

Kreis Landshut: Bis zu 40 Asylsuchende pro Woche

Der Zustrom von Flüchtlingen aus der Ukraine oder dem Nahen Osten ist auch im Landkreis Landshut weiter ungebrochen – deren Unterbringung stellt auch diesen Landkreis zunehmend vor Herausforderungen, wie das Landratsamt mitteilt. Es werden demnach dringend weitere Immobilien gesucht, die als dezentrale Asylunterkünfte genutzt werden können. Aus diesem Grund bittet das Landratsamt, alleinstehende Häuser, ungenutzte Hofstellen oder freie Gasthäuser mit noch guter Bausubstanz im Landkreis Landshut zu melden.

Derzeit werden dem Landkreis Landshut pro Woche 20 bis 40 Asylsuchende zur Unterbringung zugewiesen. Der Landshuter Landrat Peter Dreier (Freie Wähler) schließt nicht aus, erneut Flüchtlinge mit dem Bus in die Hauptstadt zu bringen. Bereits 2016 hat er mit dieser Aktion für viel Aufsehen gesorgt. In Stadt und Landkreis Landshut werden nach Auskunft der jeweiligen Pressestellen aber derzeit keine Schulsport-Turnhallen zur Unterbringung von Geflüchteten genutzt. In der Stadt Landshut gibt es auch keine Planungen dazu, im Landkreis dient eine ehemalige Sporthalle in Ergolding als Unterkunft.

Turnhallen als "Winter-Notfallreserven"

In drei Gemeinden im Landkreis Regensburg dagegen können Turnhallen in Notunterkünfte für Geflüchtete umgewandelt werden. Vorgesehen sind Sporthallen in Bernhardswald, Alteglofsheim und Wenzenbach. Diese "Winter-Notfallreserven" sind für die kurzzeitige Erstversorgung von Geflüchteten gedacht, erklärt Regensburgs Landrätin Tanja Schweiger (Freie Wähler). In den drei Hallen könnten insgesamt knapp 350 Geflüchtete einquartiert werden. Schweiger betont aber auch, dass diese Turnhallen derzeit normal für Sport genutzt werden. Nur bei einem Notfall würden sie innerhalb von 72 Stunden zu Unterkünften umfunktioniert werden. Die drei Gemeinden wurden dafür gewählt, weil sie im Moment landkreisweit die wenigsten Asylbewerber haben, so Schweiger weiter. Für die Einwohner von Bernhardswald gibt es am Montag (30.10.) eine Infoveranstaltung.

Tausende Flüchtlinge in Oberfranken

Noch ein Blick nach Oberfranken: Das Ankerzentrum Bamberg meldete jüngst die höchste Belegungszahl seit Eröffnung der Einrichtung vor sieben Jahren. Gemeinden und Städte bauen Containersiedlungen, doch auch da ist mittlerweile das Limit der Aufnahmefähigkeit von Flüchtlingen erreicht. In Oberfranken sind bis Mitte September bereits 27.158 geflüchtete Menschen untergekommen, davon 12.731 aus der Ukraine, der Rest aus anderen Herkunftsländern.

Bayreuth Stadt und Land haben bis jetzt 3.734 Flüchtlinge aus der Ukraine und anderen Ländern aufgenommen. In Forchheim sind es 2.500, in Coburg Stadt und Land 2.911, in der Stadt und dem Landkreis Hof sind es beispielsweise 4.411 Menschen (Stand: 06.10.23).

Insgesamt beteiligen sich im Landkreis Bamberg derzeit 25 von vorgesehenen 36 Kommunen an der Aufnahme von Geflüchteten. Zurückgestellt wurden im Moment noch die Gemeinden, die keine Anbindung an die Nahversorgung gewährleisten können.

💡 Asylanträge im ersten Halbjahr in Deutschland

Von Januar bis Juni 2023 wurden in Deutschland insgesamt 162.271 Asylanträge gestellt; 150.166 davon waren Erstanträge und 12.105 Folgeanträge. Die Zahl der Erstanträge erhöhte sich im Vergleich zum Vorjahreszeitraum (1. Halbjahr 2022) um 77,5 Prozent; von Januar bis Juni 2022 waren 84.583 Anträge gestellt worden.

Die meisten Asylbewerber stammten wie bereits 2022 aus Syrien, Afghanistan sowie der Türkei. Ukrainische Geflüchtete werden nicht bei den Asylantragszahlen erfasst, da sie aufgrund einer Ausnahmeregelung keine Asylanträge stellen müssen.

In den ersten sechs Monaten 2023 entfielen 15,6 Prozent der Erstanträge auf Bayern (23.417 Asylerstanträge). Die meisten Asylerstanträge verzeichnete Nordrhein-Westfalen mit 20,8 Prozent (31.271 Erstanträge).

Quelle: bamf.de

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