Andrea Behr, Direktkandidatin der Würzburger CSU für den Landtagswahlkampf
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Andrea Behr, Direktkandidatin der Würzburger CSU für den Landtagswahlkampf

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"Können doch zur Tafel gehen": Wirbel um Satz von CSU-Kandidatin

Während einer Wahlkampfveranstaltung in Würzburg hat die CSU-Politikerin Andrea Behr erklärt, Kinder von Bürgergeldempfängern "können doch zur Tafel gehen", wenn sie hungrig sind. Die Äußerung hat Empörung hervorgerufen – gegen die sich Behr wehrt.

Über dieses Thema berichtet: Regionalnachrichten aus Mainfranken am .

Die Würzburger CSU-Politikerin Andrea Behr hat mit einer Aussage bei einer Podiumsdiskussion zur Landtagswahl für Empörung gesorgt. Bei der Wahl-Arena, die von der Tageszeitung "Main-Post" in Würzburg veranstaltet wurde, ging es darum, wie viel finanzielle staatliche Unterstützung für Familien angemessen ist.

In einem Video, das vom Journalisten Leon Enrique Montero auf X (ehemals Twitter) veröffentlicht wurde, antwortete die Politikerin auf einen Zwischenruf aus dem Publikum. Ein Mann hatte provokant gefragt: "Sollen die Kinder nichts essen? Dann wird es billiger." Die CSU-Politikerin sagte daraufhin: "Die können doch zur Tafel gehen, die sind doch tafelberechtigt." Im Video ist zu hören, wie einige Menschen im Publikum mit Raunen und höhnischem Lachen auf die Worte Behrs reagieren.

Tafelverein findet Äußerung Behrs "unverschämt"

In einem Tweet auf X kritisierte Tafel Deutschland e. V. die Aussage der Würzburger CSU-Politikerin scharf: "Unverschämt. Ehrenamtliche Angebote, für vorübergehende Notsituationen gedacht, ersetzen nicht den Staat. Dass sich die Not bei so vielen Menschen verfestigt hat, ist auch Folge der Politik von @cducsubt. Statt etwas zu ändern, wird widerlich abfällig über Betroffene gesprochen."

SPD kritisiert Äußerung als "herzlos und kalt"

Kritik kam auch von der bayerischen SPD. Die Aussage der Würzburger CSU-Direktkandidatin sei "herzlos", erklärten die Sozialdemokraten in einer Pressemitteilung. SPD-Sozialexpertin Doris Rauscher sieht darin eine "unglaubliche Kälte gegenüber der Not bedürftiger Kinder und eine groteske Auffassung von Sozialstaat". Kinder seien nicht schuld daran, wenn ihre Eltern kaum finanzielle Mittel hätten, so Rauscher: "Jedes Kind hat das Recht auf faire Chancen – unabhängig vom Geldbeutel der Eltern. Es ist unsere Aufgabe als Politik, genau dafür zu sorgen."

Behr: "Äußerung verdreht und aufgebauscht"

Gegenüber BR24 wehrt sich CSU-Landtagskandidatin Behr gegen die Kritik an ihrer Aussage. Sie sei "verdreht und aufgebauscht" worden.

Ihre Äußerung sei bei der Diskussion um das Bürgergeld gefallen. Sie habe zuvor vorgerechnet, dass eine Familie ohne Einkommen mit drei Kindern aktuell über 2.200 Euro monatlich netto "und damit als Taschengeld" übrighabe, da alle anderen Alltagskosten wie etwa Miete und Heizung vom Staat übernommen würden. Ihre Äußerung, dass die Kinder ja zur Tafel gehen könnten, sei eine Betonung des Faktes gewesen, dass diese Familien ja zudem noch Anspruch darauf hätten, sich Lebensmittel von der Tafel zu holen. "Die Tafel kommt also noch obendrauf!"

CSU-Kandidatin: "Verletzende Lüge im Wahlkampf"

Die Äußerung sei ihr zwar "rausgerutscht", jetzt werde ihr aber "etwas in den Mund gelegt und aus dem Zusammenhang gerissen! Mir ging es um den Missbrauch von Sozialleistungen (...). Und jetzt tut man so, als ob ich gesagt hätte: 'Die armen, hungrigen Kinder sollen zur Tafel gehen'".

Dass der Tafelverein eine solche Äußerung kritisiere, sei verständlich. Dabei handele es sich aber eben um eine Lüge, die sie sehr verletze: "Es ist Wahlkampf." Behr steht nach eigenen Worten indes "voll und ganz hinter den Tafeln". Sie habe dreimal ehrenamtlich bei der Tafel mitgearbeitet und setze sich auch dafür ein, dass die Tafeln mit Lebensmittel bestückt würden.

Dass ihre Äußerungen mit einem Raunen des Publikums goutiert worden sind, hätte sie nicht mitbekommen, meint die CSU-Landtagskandidatin.

Bundesagentur für Arbeit rechnet Behrs Beispiel nach

Auf Anfrage von BR24 hat die Bundesagentur für Arbeit in Würzburg die Beispielrechnung von Andrea Behr nachvollzogen. Demnach liegt der Regelsatz für das Bürgergeld für Partner einer Bedarfsgemeinschaft bei je 451 Euro. Für Kinder liegt der Regelsatz – je nach Alter – zwischen 318 Euro und 420 Euro. Dazu kommt noch ein monatlicher Sofortzuschlag für 20 Euro pro Kind. Das Kindergeld wird in voller Höhe als Einkommen gewertet und mit dem Bürgergeld verrechnet.

Für Behrs Beispielrechnung (Familie mit drei Kindern "unter 10, 11 und 14 Jahre alt") wäre das ein Bedarfsregelsatz – samt Sofortzuschlag – von 2.078 Euro. Davon wird das Kindergeld als Einkommen (dreimal 250 Euro) abgezogen. Die Familie in Behrs Rechnung würde also 1.328 Euro Bürgergeld erhalten. Dazu kommen bei drei Kindern noch 750 Euro Kindergeld. Der Regelsatz beinhaltet vor allem Aufwendungen für Ernährung, Kleidung, Körperpflege, Hausrat und Strom, wie auch Kosten für die Teilhabe am sozialen und kulturellen Leben.

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