Ein Mann mit Schutzanzug hält ein Huhn in der Hand.
Bildrechte: picture alliance/KEYSTONE | GIAN EHRENZELLER

Bei Geflügel führt die Vogelgrippe meist zum Tod. Ist ein Huhn infiziert, muss der gesamte Bestand getötet werden.

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Genveränderte Hühner gegen Vogelgrippe weitgehend resistent

Tritt in einem Geflügel-Bestand Vogelgrippe auf, müssen alle Tiere getötet werden. Könnten Hühner künftig davor bewahrt werden? Eine neue Studie zeigt: Genveränderte Hühner wären gegen Vogelgrippe weitgehend resistent. Doch es gibt große Hürden.

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Britische Wissenschaftler tauschten mittels Genom-Editierung – also der gezielten Veränderung von Erbinformationen mit der sogenannten Genschere – zwei Aminosäuren des Wirtproteins ANP32A aus. Dieses Protein ist notwendig für die Vermehrung des Vogelgrippe-Virus in Hühnern. Dabei stellten die Forscher fest, dass sich bei geringer Viruslast neun von zehn genveränderte Hühner nicht infizierten, bei steigender Viruslast die Resistenz jedoch abnahm.

Das sei ein sehr interessanter Ansatz, der es verdiene, weiter verfolgt zu werden, findet Professor Timm Harder, Laborleiter am Friedrich-Loeffler-Institut. Er hat sich mit der Studie beschäftigt.

Geflügelpest-Infektion ist für Hühner Todesurteil

Derzeit ist für Hühner eine Geflügelpest-Infektion ein Todesurteil. Erkrankt ein Tier an Vogelgrippe, auch Geflügelpest genannt, muss der ganze Bestand getötet werden. Das Ziel sei dabei, eine weitere Ausbreitung zu vermeiden und den Tieren Leid zu ersparen, erklärt Dr. Franz Kronthaler vom Bayerischen Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL): "Dabei muss man aber auch bedenken, dass für das Geflügel die Geflügelpest eine sehr schwerwiegende Erkrankung ist. Das heißt, eine rasche Tötung der Tiere nimmt das Leid, das durch die Krankheit entstehen würde. Die Erkrankung führt in den allermeisten Fällen zum Tode."

Zu so einem Fall kam es zum Beispiel im Mai im Landkreis Regensburg. Dort mussten nach einem Vogelgrippeausbruch 60.000 Hühner gekeult werden.

Präventionsmaßnahmen: Betriebshygiene und Kontaktvermeidung

Damit es gar nicht erst so weit kommt, achten Hühnerhalter auf eine gute Betriebshygiene. Sie tragen im Stall zum Beispiel nur bestimmte Arbeitskleidung und Schuhe, sodass keine Viren von außen durch Kleidung eingetragen werden. Übertragen wird das Virus nämlich zumeist über Kot von Wildvögeln, Staub oder Tröpfcheninfektion.

Außerdem versuchen Landwirtinnen und Landwirte durch bauliche Abgrenzungen den Kontakt zwischen Geflügel und Wildvögeln zu vermeiden. Viele Hühner bleiben ohnehin ihr Leben lang im Stall und haben keinen Auslauf. Bio- oder Freiland-Hühner hingegen können nach draußen. Doch wird ein mit Vogelgrippe infizierter Wildvogel entdeckt, verhängt das Landratsamt des jeweiligen betroffenen Landkreises eine Stallpflicht für Geflügel über einen bestimmten Zeitraum.

Das heißt: Hühner – auch jene von Hobbyhaltern – die sonst draußen scharren dürfen, sind im "Lockdown". Dann ist es noch wichtiger, dass der Halter im Stall Beschäftigungsmöglichkeiten zur Verfügung stellt, damit sich die Tiere nicht aus Langeweile gegenseitig anpicken, erklärt Dr. Franz Kronthaler vom LGL. Seiner Ansicht nach sollten sich Hühnerhalter schon vorher Gedanken über eine mögliche Stallplicht machen und den Stall dementsprechend gestalten.

In den Landkreisen Landshut und Dingolfing-Landau war etwa im Frühjahr so eine rund vierwöchige Stallpflicht verhängt worden, nachdem Ende April rund 700 tote Schwarzkopfmöwen rund um den Wörthersee bei Wörth an der Isar im Landkreis Landshut aufgefunden worden waren. Bei einer Untersuchung war festgestellt worden, dass die Tiere an der Geflügelpest gestorben waren.

Vollständige Resistenz hätte wohl tödliche Folgen

Stallpflicht, Erkrankung, Leid, Keulung – all das könnte Hühnern erspart bleiben, wären sie resistent gegen Geflügelpest. Doch bei der neuen britischen Studie gibt es einen Haken: Eine vollständige Resistenz der Hühner könnte theoretisch erreicht werden, wenn nicht nur ein, sondern alle drei Gene der Genfamilie ANP32 verändert werden würden. Das wäre für ein Huhn aber vermutlich tödlich. Das zeigten Experimente in Zellkulturen.

Prof. Timm Harder vom Friedrich-Loeffler-Institut sieht noch weitere Hürden: Virus-Mutationen könnten den Resistenzmechanismus umgehen. Und: Ob das Fleisch solcher genveränderter Hühner von Verbraucherinnen und Verbrauchern akzeptiert und gekauft werde, stehe für ihn in den Sternen.

Vollständig Vogelgrippe-resistente, genveränderte Hühner wird es in naher Zukunft also wohl doch noch nicht geben. Hühnerhalter hofften vielmehr auf eine Impfung gegen Geflügelpest, die den Tieren über die Tränke verabreicht werden könne, erklärt Dr. Franz Kronthaler vom LGL. In der EU ist bisher zwar noch kein Impfstoff gegen die Geflügelpest zugelassen, jedoch forschen viele Firmen daran.

Vogelgrippe auch für Menschen gefährlich - in Deutschland keine Fälle bekannt

Die Vogelgrippeviren können übrigens auch auf den Menschen übergehen. Nach Angaben des Robert Koch-Instituts ist in Deutschland aber bisher keine Übertragung von Vogelgrippeviren von Geflügel auf Menschen bekannt.

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