Besonders gefährdet durch infizierte Wildvögel: Geflügel in Freilandhaltung.
Bildrechte: picture alliance / blickwinkel/McPHOTO/O. Schreiter | McPHOTO/O. Schreiter

Besonders gefährdet durch infizierte Wildvögel: Geflügel in Freilandhaltung.

Per Mail sharen
Artikel mit Audio-InhaltenAudiobeitrag

Geflügelpest: Folgen für Freilandhalter und Tiere

Seit Oktober ist es in Bayern mehrfach zu Ausbrüchen der Geflügelpest gekommen. Besonders gefährdet sind Tiere, die im Freien gehalten werden – durch Wildvögel, die das Virus verbreiten. Im Fall einer Stall-Pflicht ist einiges zu beachten.

Über dieses Thema berichtet: Notizbuch am .

Gut ein Dutzend Hühner laufen an einem ruhigen Wintertag durch den leicht verschneiten Garten von Bernhard Obermaier in Ranerding, einem Gemeindeteil von Oberbergkirchen im Landkreis Mühldorf. Gemeinsam mit seinem Vater Ludwig hält er Zwerg-Wyandotten und Hühner der Rasse New Hampshire. Der Auslauf erstreckt sich über ein halbes Tagwerk, rund 1.700 Quadratmeter – unter Obstbäumen, Fichten und Laubgehölzen. Eine gute Deckung gegen den Habicht, der gerne auf einem großen Ast ganz in der Nähe sitzt und nach einer Gelegenheit sucht, sich eines der Hühner zu holen – was ihm aber nur selten gelingt.

Infektionsgefahr immer im Blick behalten

Für ihre Hühner haben die Obermaiers drei Ställe, neben weiteren Ställen für ihre Tauben. Unter einem befindet sich - trocken und wettergeschützt - ein Sandbad zur Gefiederpflege. Die Geflügelpest ist für Bernhard Obermaier natürlich ein Thema. Die Nachrichten über Ausbrüche wie zuletzt in den Landkreisen Schwandorf und Rosenheim oder im nahen Oberösterreich verfolgen er und sein Vater aufmerksam. Die Infektionsgefahr ist ihnen ständig bewusst, sagt Bernhard Obermaier. Er versuche so gut es geht, seine Tiere zu schützen: "Die Futter- und Wasserstellen sind im Stall drinnen, damit kein Kot von oben kommt, und wir haben natürlich selbst eine Schutzkleidung vor Ort, im Stall drinnen, und da ziehe ich mich dann um, damit hier nichts passieren kann." Zudem sind die Tiere gut abgeschirmt von der Außenwelt durch einen Zaun. Der Zutritt zu den Hühner sei zudem auf das Notwendigste beschränkt.

Bildrechte: BR / Michael Kraa
Artikel mit Bild-InhaltenBildbeitrag

Hühner von Bernhard und Ludwig Obermaier in Ranerding: 1.700 Quadratmeter Garten, drei Ställe und drei "Wintergärten"

"Wintergärten" statt Auslauf im Garten

Wenn eine behördliche Aufstallungspflicht kommen sollte, sagt Bernhard Obermaier, werde er sich selbstverständlich an die Vorgaben des Veterinäramts halten und die Tiere unverzüglich in die Ställe sperren. Dabei haben seine Hühner allerdings immer noch großes Glück. Denn neben den drei Ställen gibt es für sie selbst bei einer Stallpflicht noch Auslauf, und zwar über drei Kaltscharrräume, auch "Wintergärten" genannt, die bereits vorbereitet sind und dann eben schnell aufgebaut werden müssen. Hier sind die Tiere nach oben durch ein Dach geschützt, zu den Seiten durch Draht, sodass ein Kontakt zu möglicherweise infizierten Wildvögeln vermieden wird.

Private Halter sollten immer auch mit Stallpflicht rechnen

Klar ist: So schön wie bei den Obermaiers haben es privat gehaltene Hühner nicht immer. Empfohlen wird eine Stallgröße von mindestens 2 bis 4 Quadratmetern und eine Besatzdichte von höchstens vier Tieren pro Quadratmeter – natürlich abhängig von der Rasse und der Größe der Hühner. So steht es in den Informationen des Landesamtes für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit. Empfohlen wird neben dem Auslauf im Freien mit Büschen oder Bäumen auch ein überdachter Winterraum oder Wintergarten, wie es ihn bei den Obermaiers gibt. Die Empfehlung lautet hier: 2 Quadratmeter für zwei bis sechs Hühner. Das ist nicht viel. Und es ist nur eine Empfehlung. Wer so etwas aber nicht hat, für dessen Hühner ist eine längere Zeit im Stall sicher kein Vergnügen.

Geschützter Freilauf ist für Hühner wichtig

Das sollte jeder beachten, der sich Hühner im eigenen Garten halten möchte, findet Jürgen Schmid, Leiter des Veterinäramtes am Landratsamt Traunstein. "Im Grunde genommen muss auch der Halter in beengten Verhältnissen, wenn er denn zu der Überzeugung kommt, er muss unbedingt Tiere halten, dafür sorgen, dass entsprechend tierschutzgerechte Haltungsbedingungen eingehalten werden", sagt Schmid und appelliert an die privaten Halter: "In dem Fall ist es auch möglich, wenn er denn nur ein paar Quadratmeter hat, die entsprechend auszurüsten, einen geschützten Freilauf zu machen, damit er die tierschutzgerecht halten kann."

Bildrechte: BR / Michael Kraa
Artikel mit Bild-InhaltenBildbeitrag

Kaltscharrraum oder "Wintergarten" auf dem Bio-Hof Klauser in Tacherting

Bewegung, Beschäftigung und Sicherheit notwendig

Wie wichtig ein Kaltscharrraum beziehungsweise überdachter und geschützter Minimalauslauf für die Tiere ist, weiß auch Stefan Klauser aus Tacherting im Landkreis Traunstein. Auf seinem Biohof hält er 5.800 Hühner in drei Herden, zwei der Rasse Sandy und eine der Rasse Lohmann braun, nach Altersgruppen getrennt in drei Ställen. Von dort aus können die Tiere täglich auf die Weide. Aber eben nicht nur, sagt Stefan Klauser: "Jeder Stall hat einen Wintergarten, der großzügig gestaltet ist, in dem Futter beziehungsweise frische Körner eingestreut werden, frisches Stroh. Dann kriegen sie Silage einmal am Tag, kriegen Futterkartoffeln – also ständige Betreuung und Beschäftigung. Und die sind auch bei Aufstallungspflicht vogelsicher." Das heißt, dass die Tiere nicht in Kontakt mit möglicherweise infizierten Wildvögeln kommen können, weil ein festes Dach sowie die durch Draht und Netze gesicherten Seiten des Auslaufs das verhindern.

Ein Sechstel Quadratmeter Stall pro Henne notwendig

Auf der Wiese hat jede von Stefan Klausers Hennen vier Quadratmeter für sich. Fällt der Auslauf ins Freie weg, müssen sich im Bereich Stall und Wintergarten sechs Hennen einen Quadratmeter teilen. Das macht dann ein Sechstel Quadratmeter pro Tier. Deutlich weniger, so der Geflügelhalter: "Aber ich finde, es ist ausreichend. Die Tiere fühlen sich wohl, es ist genügend Platz."

Tiere im Freiland sind "wesentlich mehr gefährdet"

Solange die Tiere jedoch ins Freie dürfen, sind sie der Gefahr durch die Geflügelpest in besonderem Maße ausgesetzt, sagt Amtsveterinär Jürgen Schmid. Zum Beispiel durch den Kot infizierter Wildvögel oder den Kadaver eines erkrankten Vogels, der auf die Weiden gelangt: "Von daher sind natürlich Freiland-Bestände wesentlich mehr gefährdet als Bestände, die im Stall gehalten werden". Genau das macht Bio-Hühnerhalter Stefan Klauser aus Tacherting Sorgen. Als Inhaber eines Bio-Betriebs müssen Klausers Tiere ständig Zugang zum Freigelände haben, soweit die Witterungsbedingungen und der Bodenzustand dies gestatten.

Bildrechte: BR / Michael Kraa
Artikel mit Bild-InhaltenBildbeitrag

Hennen im Stall auf dem Bio-Hof Klauser in Tacherting: Weniger Platz, dafür mehr Sicherheit für die Tiere

Bio-Hühnerhalter: "Mit Aufstallungspflicht wäre mir fast wohler"

Dabei sei die Alz mit ihren Wasservögeln nur etwa zwei Kilometer entfernt von seinem Hof – und seinen 5.800 Hühnern, sagt Stefan Klauser: "Ich finde schon, es ist schwierig. Weil doch Zugvögel da sind. Und gerade so Witterungsbedingungen: gestern kalt, heute Tau. Und das fördert nicht gerade die Gesundheit der Wildvögel." Wenn ein Wildvogel auf die Weide seiner Hühner kotet, sagt Klauser, könne er schließlich nicht jedes Mal daneben stehen. Mit einer behördlichen Aufstallungspflicht, meint er, wäre ihm fast wohler. Solange die aber nicht da ist, muss er als Biolandwirt seine Hühner aber eben weiter ins Freie lassen.

Traunsteiner Veterinäramtsleiter findet "Risiko noch vertretbar"

Für den zuständigen Traunsteiner Veterinäramtsleiter Jürgen Schmid rechtfertigt die derzeitige Lage aber noch keinen Stall-Zwang: "Die Aufstallungspflicht ist natürlich eine sehr, sehr einschneidende Maßnahme, und man hat festgestellt, dass da zwar ein etwas höheres Risiko ist, aber dass dieses Risiko eben jetzt noch vertretbar ist. Also nicht damit zu rechnen ist, dass jede Auslaufhaltung innerhalb der nächsten zwei, drei Wochen hier infiziert wird."

Geflügelhalter gut sensibilisiert

Dadurch, dass die Geflügelpest mittlerweile nicht mehr nur in der kalten Jahreszeit vorkomme, sondern auch im letzten Sommer nie ganz abgeflaut sei, seien die Geflügelhalter sozusagen gut vorbereitet, informiert und sensibilisiert. Auch die Hobbyhalter. Und schließlich, meint Veterinäramtschef Schmid, wollten ja auch die ihre kleine Herde schützen und erhalten.

"Hier ist Bayern": Der BR24 Newsletter informiert Sie immer montags bis freitags zum Feierabend über das Wichtigste vom Tag auf einen Blick – kompakt und direkt in Ihrem privaten Postfach. Hier geht’s zur Anmeldung!